d) Staufer.

Für weitere Kreise bestimmt ist die Darstellung von J. Bühler ( 839), der die Geschichte der staufischen Zeit in Auszügen aus den zeitgenössischen Quellen vorführt.

Zu den Vorgängen in Bisanz 1157 ist ein Beitrag von Nikolaus Hilling ( 416) zu nennen. Er untersucht die Bedeutung des Ausdrucks »paria litterarum« in drei Stellen der kanonistischen Literatur des 13. Jahrhunderts, wo es sich stets um sachlich nahe verwandte, ein und dasselbe Rechtsgeschäft betreffende Urkunden handelt. Doch möchte er dem Ausdruck keinerlei technische Bedeutung zuerkennen, da er sonst in der kanonistischen Literatur viel häufiger gebraucht werden müßte (vgl. auch Neues Archiv 47, 377).

Daß die Zusammenkunft der lombardischen Rektoren zu Piacenza am 22. Januar 1185 sich nicht gegen den Kaiser richtete, sondern in der Tat eine Bekräftigung des Konstanzer Friedens und vielleicht (der Verfasser sagt wahrscheinlich) durch den Kaiser selbst veranlaßt war, zeigt O. Masnovo ( 843).

An die Schaffung des selbständigen Herzogtums Österreich durch das sog. Privilegium minus von 1156 hat sich seit langem eine reiche Literatur angesetzt. Von den einschlägigen Arbeiten von Otto H. Stowasser fällt in das Berichtsjahr die Schrift über »das Land und den Herzog« ( 1591). Er zeigt einerseits, daß Österreich vor 1156 keinerlei eigentümliche Sonderstellung im bayrischen Herzogtum hatte, und anderseits, daß es auch nachher in der zum Herzogtum erhobenen Mark das ganze Mittelalter hindurch und darüber hinaus reichsunmittelbare Grafschaften gab. An seine Ausführungen hat sich eine eingehende kritische Auseinandersetzung angeschlossen, auf die im nächsten Berichtsjahr einzugehen sein wird. Man wird gewiß manches anders sehen können, als Ganzes aber seine Leistung als einen wesentlichen Beitrag zur Klärung der verwickelten Fragen anerkennen und dabei besonders auf § 6 des Privilegium minus über die Gerichtsgewalt im Herzogtum hinweisen, der


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nach seinen Untersuchungen in wesentlich anderem Lichte als herkömmlich erscheint.

Anschließend seien die Bemerkungen von W. Spielberg ( 444) über die Grafen von Raabs als Vorfahren der Zollern (in weiblicher Linie) genannt, der die Zwettler Schenkung der Gräfin Sophie von Raabs auf gegen oder um 1220 (Dopsch: 2. Hälfte der 20er Jahre; früher 1204) ansetzt. Burggraf Friedrich von Nürnberg, der Gemahl der Sophie, ist nach ihm frühestens 1214 (nicht schon 1200 oder 1201) gestorben und sein jüngerer Sohn Friedrich II., der Stammvater der Fürsten von Hohenzollern, aus der Reihe der Burggrafen ganz zu streichen.

Mit Hilfe der Münzkunde sucht P. J. Meier ( 840) die Territorialpolitik Heinrichs des Löwen schärfer zu erfassen. Es war nach ihm Heinrichs Grundsatz, wenige, aber bedeutende Städte zu haben; seinen Geprägen strebte er die Bedeutung einer Landes- oder einer landschaftlichen Münze zu geben. Im vollsten Sinne dürfe man von einer Landesmünze in den Slawenländern sprechen, wo sich der Herzog das Markt- und Münzrecht, besonders aber das Münzrecht in Lübeck zweifellos (?) aus eigener Machtvollkommenheit angemaßt habe. Hier findet er »das erste wirkliche Territorium mit voller Landeshoheit«; diesen Begriff der Landeshoheit versuchte Heinrich der Löwe »von dem Kolonisationsgebiet auf sein Stammesland zu übertragen«.

Den aus dem welfischen Erbe stammenden Besitz der Staufer im Oberinntal und am Lech und den Ursprung der dort von ihnen geübten hohen Gerichtsbarkeit behandelt Ernst Klebel ( 866), wobei er den Nachdruck auf die »historisch-geographischen Tatsachen« legt. Er macht wahrscheinlich, daß wir für die Güter beiderseits des Lech »zwei sehr interessante Fälle der Entstehung hoher Gerichtsbarkeit vor uns« haben, »um eine Kirchenvogtei« (Füßen im Bistum Augsburg) »und auf Rodungsgebiet«. Anders liegt es bei dem Gericht Imst; »eine welfische Grafschaft im Oberinntal« scheint ihm »nach dem Charakter des ganzen Materials doch keine haltlose Annahme«.

Nicht zugänglich war uns eine Untersuchung von E. Jordan ( 1994) über die Frage, ob Heinrich VI. das Kaisertum vom Papst habe zu Lehen nehmen wollen, die er anscheinend im Gegensatz zu Haller, wie auch ich für richtig halte, verneint (vgl. V. Pfaff, Kaiser Heinrichs VI. höchstes Angebot an die römische Kurie, Heidelberg 1927, S. 18 A. 3).

In knapper Übersicht schildert A. Cartellieri ( 858) Persönlichkeit und Taten des englischen Königs Richard Löwenherz, der in seinem ganz französisch-normannischen Wesen bezeichnend für das Rittertum des 12. Jahrhunderts ist und als freilich kaum ebenbürtiger, aber durch die Umstände schließlich begünstigter Fortsetzer der Politik seines Vaters Heinrich II. im Gegenspiel gegen die staufische Weltmacht für die deutsche Geschichte verhängnisvolle Bedeutung gehabt hat.

Zu dem Lösegeld, das der englische König dem Kaiser zu zahlen hatte, mußten 1194 auch die Juden beitragen. Die Exchequer-Rolle, die deren Zahlungen verzeichnet, hat J. Abrahams herausgegeben (Miscellanies of the Jewish hist. soc. I, London 1925, S. LIX--LXXIV. Vgl. F. Liebermann, Hist. Zt. 133, 148).


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Nach G. E. Müller ( 867) ist das Burzenland des deutschen Ordens an Umfang kleiner als das sonst unter dieser Bezeichnung verstandene Gebiet. Die territorialen Übergriffe des Ordens zielten auf die Zugänge zum Bodsauer Paß und den Paß selbst. Aber die eigentliche Ursache zu seiner Vertreibung aus seinem ungarischen Besitz 1225 ist nach Müller in erster Linie in den vom Hochmeister beanspruchten Hoheitsrechten, erst in zweiter Linie in den Gebietsstreitigkeiten oder dem Wankelmut des Königs Andreas II. oder einem Widerspruch seines Sohnes Bela IV. zu suchen. Eine Verletzung des königlichen Münzrechts und örtliche Übergriffe betrachtet Müller mehr als formalen Vorwand denn als die eigentliche Ursache. Ob die Übertragung des Ordensgebietes an den Papst 1224 wirklich geradezu eine mit der Oberhoheit des Königs im Gegensatz stehende weltliche Oberhoheit des Papstes bzw. eine zwischen dem Hochmeister und dem Papst geteilte Oberhoheit unter Ausscheidung des Burzenlandes aus dem ungarischen Staatsverbande bezweckte, dürfte wohl noch weiter erörtert werden.

Für Friedrich II. gibt Karl Hampe ( 863) in einer fesselnden Übersicht über die wechselnde Beurteilung des Kaisers im Laufe der Zeiten fein abgewogene Bemerkungen zur unmittelbaren Würdigung dieser gewaltigen Persönlichkeit, die »die Welt in ihren Tiefen und Weiten allseitig zu erfassen und das eigene Ich titanenhaft gegen allen Widerstand zu behaupten« versuchte, »die mit den Zielen der abendländischen Kaiserpolitik 'des Morgenlandes ungeheuren Traum' vereinigte« und, auf der Scheide zweier Epochen stehend, weder mehr dem Mittelalter noch der werdenden Renaissance angehört, sondern beide in sich vereinigt. Neben dem Werke des Mainardino von Imola hat es nach Hampe vielleicht auch andere ähnliche Aufzeichnungen von Zeitgenossen gegeben, über die genauere Mitteilungen verheißen werden.

Der hervorragenden Persönlichkeit des Reichsverwesers Engelbert von Köln aus dem bergischen Grafenhause hat aus Anlaß seines 700. Todestages Hans Foerster ( 2028a) eine Darstellung gewidmet, in der neben seiner Tätigkeit für das Reich vor allem sein Wirken als Territorialherr und Erzbischof behandelt und einleitend kurz das Emporkommen der Grafen von Berg und ihr Verhältnis zu Köln vor Engelbert geschildert wird. Vgl. hierzu auch I. Greven ( 2038).

Mit Recht sieht G. Egelhaaf ( 878) in dem Bericht Walters von Ocra (bei Matth. Par.) über den für Konrad IV. unglücklichen Kampf bei Frankfurt a. M. gegen Heinrich Raspe am 5. August 1246 den Verrat der Grafen von Wirtemberg und Grüningen nur in dem Verlassen der staufischen Schlachtreihe, nicht in einer aktiven Teilnahme am Kampf auf seiten des Gegners. Den Fluß deutet er auf die Nidda, nicht auf den Main.

Von den auch für die Reichsgeschichte sehr wichtigen thüringischen Regesten hat Otto Dobenecker ( 187) jetzt auch den dritten Band (1228--1266) durch eine Reihe von Nachträgen und Berichtigungen zum Abschluß gebracht und seinen reichen Inhalt (rund 3800 Regesten) durch ein ausführliches Namenverzeichnis der Benutzung erschlossen. Die Nachträge und Zusätze zum ersten und zweiten Bande mußten leider aus Rücksicht auf den Umfang für den vierten Band zurückgestellt werden.

Die von Karl Hampe ( 1998) veröffentlichte Denkschrift Gregors von Montelongo von 1252 gibt neben Einzelheiten über die Anleihe bei den Buonsignori


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in Siena einen lebendigen Einblick in die wirtschaftliche Notlage des Patriarchats Aquileja, dieses ehemals für die Reichsherrschaft in Oberitalien so wichtigen Territoriums, dessen schon damals gelockertes Gefüge Gregor mit aller Energie wieder zu festigen bemüht war, ohne doch in den finanziellen Schwierigkeiten zu einer befriedigenden Lösung gelangen zu können.

Eine zusammenfassende Übersicht ist das Ziel von Willy Cohn in seinem Buch über die Hohenstaufen in Sizilien ( 864), das im wesentlichen die inneren Verhältnisse in dem unteritalienischen Königreich von Heinrich VI. bis auf Manfred und Konradin mit verständiger Verwertung der Literatur schildert, zwar auch Quellen heranzieht, leider aber »im Hinblick auf die Lesbarkeit« so gut wie ganz auf Anmerkungen verzichtet. Aber auch so ist es eine nützliche, im einzelnen natürlich verbesserungsfähige Einführung in den nicht nur für den Historiker im engeren Sinne wichtigen Gegenstand, die manches Ergebnis der neueren Forschung (wie der Haseloffs über den angeblichen Harem Friedrichs II. in Lucera) zum Gemeingut machen kann.

Wesentliche Förderung für die Grundlagen der sizilischen Verwaltungsgeschichte unter Friedrich II. versprechen die Untersuchungen Eduard Sthamers ( 423), welche die Marseiller Auszüge auf das Originalregister in Neapel zurückführen und Fälschungen in diesem aufzeigen.

Die geographischen Vorstellungen und Kenntnisse des Abendlandes in der Zeit von etwa 1100--1250 schildert in klarer Gliederung das außerordentlich stoffreiche Buch von John Kirtland Wright ( 855). Mit den Kreuzzügen hat es nur äußerlich insofern Zusammenhang, als diese im wesentlichen in die hier behandelten anderthalb Jahrhunderte fallen. Es ist nicht etwa das Ziel des Verfassers, ihre Einwirkung auf das geographische Wissen herauszuarbeiten. Dieses hat nach ihm während seines Zeitraumes keine wesentliche Veränderungen erfahren. Was er schildert, ist wesentlich das gelehrte Wissen, in Ergänzung zu Beazley, der sein Augenmerk vorwiegend auf die Reisen und Forschungen richtete. Doch weist er wiederholt, auch grundsätzlich, auf die praktische Beobachtung als wichtige Quelle neben der gelehrten Überlieferung hin und sucht deren Anteil verschiedentlich abzugrenzen. Daß in dieser Richtung mit Nutzen weitergegangen werden kann, hat W. Vogel (Hist. Zt. 136, 553 f.) ausgeführt. Natürlich kann ein solches Buch nur zum Teil auf eigener Forschung beruhen. Für die einleitenden Abschnitte (über den Einfluß der Antike, der älteren christlichen Kirche und des Islams) stützt sich der Verfasser bewußt auf die maßgebende Literatur, aber auch für die folgenden Kapitel, die grundsätzlich auf die gedruckten Quellen zurückgehen (nur für das Kapitel über die Längen- und Breitenbestimmung auch handschriftliches Material verwerten), kann natürlich in diesem weiten Rahmen nur eine mehr oder weniger genaue Schilderung nach dem zeitigen Stande der Forschung erwartet werden. Das gilt besonders von der Übersicht über die Quellen S. 88--129, ist aber auch in dem eigentlichen Hauptteil über Inhalt und Art des geographischen Wissens (S. 133--352: Kosmogonie, Kosmologie und Kosmographie; Meteorologie und Klimatologie; Wasser und Gewässer; Land und Landschaft, auch Landschaftsgefühl; Längen- und Breitenbestimmung; Kartographie; Länderkunde) nur streckenweise anders. Aber der große Nutzen dieser sehr gelehrten, mit reichen Nachweisen versehenen Zusammenfassung so vieler und vielfach schwer erreichbarer Dinge aus auch sachlich nicht einfachen Grenzgebieten ist gerade für den Historiker


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augenscheinlich. Wenn zu der Literatur und den Ausgaben der Quellen sich öfter Nachträge und Verbesserungen ergeben, so ist das demgegenüber nicht so erheblich, und auch die von jedem auf seinem Gebiet leicht zu häufenden Bemerkungen zu den sachlichen Ausführungen machen für die Leistung als Ganzes nicht so viel aus. Bei »Alemannia« (S. 325) vermissen wir einen Hinweis auf das bekannte Buch von Vigener. Was über »Gallia« (nach Otto von Freising) gesagt wird (S. 331), ist reichlich dürftig, und als seltsamen Anachronismus verzeichnen wir die Einordnung des Elsaß unter Frankreich (für das 12. Jahrhundert!). [A. Hofmeister.]


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