IV. Die Anfangsjahre der Reformation.

Das eben behandelte Werk Kalkoffs steht in einem gewissen Zusammenhang mit einem zweiten, das er uns in demselben Jahre geschenkt hat ( 2480). Es teilt die Vorzüge und Schwächen des ersten, bringt aber mehr positiv Neues, wenn auch nicht gerade über Hutten selbst. Die Neigung zum Moralisieren und zu einer gewissen Splitterrichterei tritt auch hier stark hervor, ebenso ein gewisses Bestreben, Quellen, die zur Grundanschauung des Verfassers nicht passen, zu entwerten. Besonders in der Einleitung, die sich mit den Gegnern der in dem früheren Werke Kalkoffs über Hutten entwickelten Auffassung auseinandersetzt, und im ersten Kapitel, das die Entwicklung der »Legende« von Hutten und Sickingen verfolgt, tritt das hervor. In den folgenden Kapiteln aber erhalten wir eine Anzahl sehr gründlicher und belehrender Untersuchungen, die zum Teil allerdings nur insofern mit Hutten zu tun haben, als sie seine Umwelt betreffen, den kulturgeschichtlichen Hintergrund, den Lebenskreis, in dem Hutten sich bewegte, schildern. Erwähnt seien die Mitteilungen aus der Geschichte der Reichsabtei Fulda, die Kalkoff mit noch größerer Gründlichkeit in einem besonderen Aufsatz ( 2482) behandelt hat, die zur Entstehungsgeschichte der »epistolae obscurorum virorum«, die Schilderung der politischen Verhältnisse in Mainz, sowie der Zustände an der Mainzer Universität und in der Mainzer Geistlichkeit. Für die Geschichte Huttens ist eigentlich nur wesentlich, daß er nicht Mönch gewesen ist, daß wir einiges aus seiner Studienzeit erfahren, daß nicht er, sondern sein Vater als mainzischer Agent nach Erfurt geschickt wurde und daß wir ein Bild von dessen Charakter erhalten, während die Betrachtungen darüber, was Hutten nach Meinung des Verfassers unter bestimmten Verhältnissen hätte tun sollen, einigermaßen abwegig sind. Die letzten drei Kapitel sind mehr Sickingen als Hutten gewidmet, nur das 8. bringt noch beachtenswerte Mitteilungen über Huttens italienische Erlebnisse. Bei der Herabsetzung Sickingens schießt Kalkoff wohl auch über das Ziel hinaus, kämpft manchmal auch gegen Windmühlen, heißt es doch schon bei Bezold S. 425: »Daran ist nun freilich nicht zu denken, daß etwa die ganze Reichsritterschaft ihre Mittel dem berühmten Genossen zur Verfügung gestellt hätte« usw.

Für besser begründet als die neueren Hypothesen Kalkoffs hält Referent dessen Ansichten über das Verhältnis Friedrichs des Weisen zu Luther, wenn auch nicht in allen ihren Zuspitzungen. Es ist dankenswert, daß er uns einmal in kurz zusammenfassender Form seine Grundgedanken hierüber zusammengestellt hat ( 929). Eins seiner Hauptverdienste wird stets die gründliche Erforschung aller mit dem Prozeß Luthers zusammenhängenden Vorgänge bleiben. Zu seinem Aufsatz in der ZKG. von 1904 »Luthers römischer Prozeß« bringt er eine Menge kleiner Nachträge ( 2273), die zeigen, daß er beständig an der weiteren Erforschung dieser Jahre arbeitet. Zum Teil sind es früher übersehene Notizen, zum Teil neue Erscheinungen, die benutzt werden. Die eignen Veröffentlichungen des Verfassers spielen dabei natürlich eine große Rolle, auch werden seine Thesen etwas allzu sehr als gesichert betrachtet.


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