VI. Bauernkrieg.

Begreiflicherweise hat das Jahr 1925 besonders zahlreiche Beiträge zur Geschichte des Bauernkrieges geliefert. Stolze ( 934) faßt seine Ansichten vom Charakter des Bauernkrieges kurz zusammen. Er betont die geringe Einheitlichkeit der Bewegung, sucht dann aber zu erklären, wie es trotzdem zu einem »Bauernkrieg« kommen konnte. Er findet die Erklärung in der einhelligen Gesinnung der Bauern und in der Lage in Deutschland, der augenblicklichen Ohnmacht der Herren. In einem zweiten Abschnitt erörtert er die Lage des Bauernstandes, die er für ziemlich günstig hält, und den Einfluß der Reformation auf die Bewegung. Es ist bekannt, daß er diesen für sehr stark hält, ohne deswegen aber doch der Reformation die Schuld am Bauernkriege zuzuschieben. Ganz kurz handelt er schließlich noch über die Folgen des Krieges. Es wurde im ganzen wenig geändert.

Die ausführlichste Gesamtdarstellung des Bauernkrieges, die das Berichtsjahr gebracht hat, ist die von Hantsch ( 936). Sein Zweck ist, eine allgemein verständliche, auf den gedruckten Quellen und den neuesten Forschungsergebnissen beruhende Schilderung zu geben. Das ist ihm recht gut gelungen. Er geht aus von einer Darstellung der Lage des Reiches und seiner einzelnen Stände am Anfang des 16. Jahrhunderts. Hier macht sich in dem Abschnitt über den Klerus der katholische Standpunkt des Verfassers bemerkbar, sonst kaum, hat er es doch auch vermieden, über Luthers Haltung im Bauernkriege


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zu handeln, nur der Schrift »von der Freiheit eines Christenmenschen« ein Kapitel gewidmet. Aus dem Abschnitt über die Vorgeschichte sei hervorgehoben, daß der Verfasser außer auf die allgemein bekannten Bewegungen auch auf die Aufstände in der windischen Mark eingeht. In der Darstellung des eigentlichen Bauernkrieges werden die Vorgänge in Franken wohl etwas bevorzugt, doch kommen auch Schwaben, Thüringen, die Rheinlande und die Alpenländer nicht zu kurz. Das Urteil des Verfassers ist meist recht kühl abwägend, z. B. bezüglich der Lage des Bauernstandes vor dem Aufstand oder bezüglich des Einflusses der religiösen Agitation. Die wirtschaftlichsozialen und die religiösen Momente scheinen mir in ihrem Stärkeverhältnis richtig abgewogen zu sein. Deutlich tritt die große Mannigfaltigkeit der Bewegung hervor. Müntzers Einfluß in Thüringen wird wohl überschätzt, auch ist bezüglich der Thüringer Vorgänge die Literaturkenntnis mangelhaft, während die Literatur sonst recht vollständig verzeichnet ist. Der Grad ihrer Benutzung läßt sich allerdings schwer feststellen, da der Verfasser es vermeidet, seine Darstellung im einzelnen zu belegen. Das Buch ist gut geschrieben und hübsch ausgestattet, auch mit manchen weniger bekannten Bildern.

Der Wiederabdruck der Schrift von Engels ( 937) hat wohl nur ein literarhistorisches Interesse, indem man eben Engels' Ansichten über den Bauernkrieg kennen lernen kann und aus der Einleitung erfährt, daß seine heutigen Anhänger sich von der Einseitigkeit seiner Auffassung noch nicht freigemacht haben. Die Zutaten des Herausgebers sind unwesentlich. Erwünscht ist, daß Mehrings Einleitung zur Ausgabe von 1908 beigegeben ist, die immerhin auf einige Punkte, in denen Engels überholt ist, hinweist.

Eine sehr hübsche Quellensammlung zur Geschichte des Krieges hat Brandt ( 935) geliefert. Er bevorzugt dabei Süddeutschland, da ein zweiter Band Thüringen gewidmet sein soll. Die Texte werden in einer Übersetzung gegeben, die sich möglichst dem Original anpaßt. Ausdrücke, die für den heutigen Leser unverständlich sind, werden in einem Wörterbuch erklärt. Wer das Buch durchliest, wird ein gutes Bild von der ganzen Bewegung und auch ihrer Vorgeschichte bekommen, und kein einseitiges. Die Auswahl ist recht geschickt. Besonders dankenswert ist es, daß die seltene Schrift: »An die Versammlung gemeiner Bauerschaft« vollständig abgedruckt ist. In der Einleitung gibt der Herausgeber eine gedrängte Übersicht über die Hauptereignisse des Bauernkrieges, an der sich kaum etwas aussetzen läßt. Druck und Ausstattung sind des Verlages würdig.

Aus der umfangreichen Literatur mehr lokalhistorischen Charakters, die das Berichtsjahr hervorgebracht hat, kann nur einiges hervorgehoben werden. Baier ( 946) untersucht die bäuerlichen Verhältnisse in drei kleinen Territorien des Schwarzwaldes, der Herrschaft Triberg, der Landgrafschaft Nellenburg und der Abtei Salem und zeigt, daß es in diesen Gebieten an Gründen zur Unzufriedenheit jedenfalls nicht gefehlt hat, wenn es auch bald die Gerichts-, bald die Grund-, bald die Leibherrschaft war, gegen die sie sich richtete. Die Arbeit von Krebs ( 943a), die auf jahrelangen Forschungen vor allem im fürstlich Leiningenschen Archive beruht, zeichnet sich durch ein selbständiges Urteil aus, erweitert sich außerdem, vom Lokalen ausgehend, zu einer kurzen Behandlung fast des ganzen Krieges, wobei ein deutliches Bestreben, gerecht abzuwägen, hervortritt. Wertvoll ist besonders, daß der Verfasser auf dem


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kleinen Gebiete, für das ihm originale Quellen zur Verfügung standen, die wirtschaftliche Lage festzustellen sucht. Das wesentliche Ergebnis ist, daß nicht die grundherrlichen Lasten, sondern der Druck der staatlichen Anforderungen eine Verschlechterung der Lage der Bauern herbeiführte. Der Verfasser hat sein Material zum Teil in einer Tabelle beigegeben. Für den Mißerfolg der Bauern macht er in erster Linie den Mangel an Führern verantwortlich.

Die Dissertation von Baerwald ( 939, jetzt in 2. Aufl. gedruckt im Urquellverlag Erich Röth, Mühlhausen i. Thür., 1925) stellt eine Erweiterung des Zeitschriftenaufsatzes ( 940) dar. Nur im Buch findet man die Quellenübersicht, das Kapitel über die beiderseitigen Führer, die Schlußbetrachtung, die Zeittafel und die Zusammenstellung des Schrifttums über den Bauernkrieg, außerdem sind einige Bilder beigegeben; die auf dem Titel erwähnten Karten liegen dem Exemplar des Referenten nicht bei. Der Verfasser ist entschieden bemüht, auf Grund der kritisch gesichteten Quellen zu einem selbständigen Urteil über die Vorgänge vor und während der Schlacht bei Frankenhausen zu kommen. Daß man aber im einzelnen doch noch anderer Meinung sein kann, zeigt die Besprechung von Brinkmann in den Mühlhäuser Geschichtsblättern 25/26, S. 356 f. In einigen Punkten kommen wohl auch Bärwald und Zimmermann ( 941) zu verschiedenen Ergebnissen. Dieser will eine populäre Darstellung des Lebens Müntzers geben. Das Buch ist gut geschrieben und flicht recht geschickt Auszüge aus den Schriften Müntzers ein. Neue Tatsachen erfahren wir wohl nicht, das Bekannte ist aber hübsch dargeboten. Auch diese Schrift ist mit einigen Bildern geschmückt. Pietsch ( 943) bringt nach einer Übersicht über die Literatur zur Geschichte des Bauernkrieges im sächsischen Vogtlande und im Erzgebirge Auszüge aus den Rechnungen der Ämter Plauen und Voytsberg aus jener Zeit und gibt die nötigsten Erläuterungen dazu.


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