VII. Tridentiner Konzil.

Müllers ( 952) Absicht ist, auf Grund der neu erschlossenen Quellen die früher von Druffel behandelte Zeit neu darzustellen; die inzwischen erschienenen Bände des »Concilium Tridentinum« der Görresgesellschaft bieten ja die Möglichkeit, vieles zu klären. Der Verfasser ist im ganzen voll Bewunderung der kaiserlichen Politik, die auch meist erfolgreich, nur gelegentlich nicht großzügig genug war. Hervorgehoben sei, daß nach der Meinung des Verfassers für den Kaiser auch 1544/45 noch verschiedene Wege möglich waren, daß man auch für jene Jahre noch nicht von unwiderruflichen Plänen zur Vernichtung der Protestanten sprechen konnte. Hübsch sind die Charakteristiken der wichtigsten Personen am Konzil und die Schilderung der Haltung der Vertreter der einzelnen Nationen. Mit der offiziellen Eröffnung des Konzils bricht der Verfasser ab. In Exkursen behandelt er das Tadelsbreve Pauls III. an Karl V. vom Jahre 1544, stellt seine Entstehungszeit genau fest und gibt eine Geschichte seiner Übersendung an den Kaiser, ferner die geheimen Abmachungen zum Friedensvertrag von Crépy und den Anteil der einzelnen Legaten an der Legatenkorrespondenz des Jahres 1545, wobei besonders die hervorragende Bedeutung Cervinos hervortritt. Der zweite Exkurs ist inzwischen durch die Veröffentlichung Hasenclevers (Die Geheimartikel zum Frieden von Crépy vom 19. September 1544, ZKG. XLV, 418 ff.) überholt worden. Dieser bringt die Artikel nach einer Abschrift im Britischen Museum zum Abdruck. Hasenclever ( 950) hat im Berichtsjahr


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auch eine ausführliche, einige Hauptpunkte, z. B. die Wichtigkeit Italiens für Karl V., hervorhebende Besprechung des Buches von Cardauns »Von Nizza bis Crépy« geliefert und einige Ergänzungen dazu gegeben; er befürwortet z. B. eine günstigere Beurteilung Franz' I. und der Madame d'Estampes.

Die Schrift von Schmidt ( 2174) hat einen mehr theologischen Charakter als die Müllers. Es sind zwei Fragen, die er durch die erste Periode des Konzils verfolgt: die Nachwirkung der spätmittelalterlichen Reformideen und die Auffassung des Verhältnisses von Schrift und Tradition. Bei der ersten handelt es sich wieder um zwei Unterfragen: die konziliare und die episkopale. Die Hauptaufgabe des Verfassers dabei ist, zu untersuchen, ob und in welcher Stärke beide Ideen auf dem Konzil vorhanden gewesen sind und wie weit sie die Politik der Kurie bestimmt haben. Das Ergebnis ist, daß die konziliaren und episkopalen Bestrebungen doch einen gewissen Einfluß ausgeübt haben, indem man z. B. kein Dogma über die Kirche aufstellte, um einen Streit über die Stellung des Papsttums zu vermeiden, daß die Bischöfe aber von ihren eigentlichen Wünschen so gut wie nichts erreichten. Mit großer Geschicklichkeit verstanden die Legaten es, alle Gefahren derart abzubiegen. Im zweiten Teil der Schrift greift der Verfasser bis in die Zeit der alten Kirche zurück, verfolgt dann die Auffassung über das Verhältnis von Schrift und Tradition durch das Mittelalter hindurch und legt schließlich die Entstehung der Konzilsbeschlüsse darüber, die den mittelalterlichen Anschauungen entsprachen, dar. In beiden Teilen tritt hervor, daß von einer wirklich ernstlichen Reformabsicht auf kurialer Seite nicht die Rede war. In manchen Einzelheiten bekämpft der Verfasser Ansichten von Pastor und Ehses.


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