III. Von 1701--1740.

Den großen Rückschlag gegen die Ausdehnungspolitik des Sonnenkönigs brachte der Spanische Erbfolgekrieg. Seine Anfänge in Nordwestdeutschland werden in einer Arbeit von M. Braubach dargelegt ( 1001). Gestützt auf bisher unbekannte Akten der Archive zu München und Düsseldorf untersucht er die Politik des Kurfürsten Josef Clemens von Köln, der, einst gegen Ludwig XIV. auf den Kurstuhl erhoben, bei der Eröffnung der Krise um die spanische Erbschaft doch sich aufs engste mit Frankreich verband. Er weist nach, daß als eigentlicher Urheber des französisch-kölnischen Bündnisses vom 13. Februar 1701 Josef Clemens' älterer Bruder Max Emanuel von Bayern anzusehen ist, von dem sich der schwache Kölner überhaupt völlig lenken ließ. In dem heftigen Streit mit den Ständen des Landes, die bei den Nachbarn und beim Kaiser Unterstützung fanden, ging die Hoffnung des Kurfürsten, trotz jenes Bündnisses sich neutral halten zu können, in Scherben, im November 1701 entschloß er sich nach mancherlei Schwankungen zur Herbeirufung französischer Truppen. Damit war der Konflikt zwischen ihm und der sich gegen Ludwig bildenden Koalition unvermeidlich; im Frühjahr 1702 begannen die Kämpfe um das Erzstift, die zunächst zur Belagerung und Eroberung der durch die Franzosen tapfer verteidigten kölnischen Festung Kaiserswerth führten. Noch kam es zu einem Zwischenspiel merkwürdigster Art: Max Emanuel, der noch nicht in den Krieg eingetreten war und aussichtsreiche Verhandlungen mit dem Kaiser angeknüpft hatte, bestimmte den Bruder, Vorschläge der Franzosen, die ihn völlig in deren Abhängigkeit bringen mußten, abzulehnen und sich auf einen etwaigen Frontwechsel einzustellen. Doch die bayrisch-kaiserlichen Unterhandlungen zerschlugen sich, vor der Übermacht der Verbündeten sah sich Josef Clemens im Oktober 1702 gezwungen, sein Land zu verlassen. Während


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die Gegner im nächsten Jahre auch seine Residenz Bonn eroberten, mußte er, von den Franzosen wenig freundlich behandelt, das bittere Brot der Verbannung essen.

Die politische und militärische Beteiligung eines anderen deutschen Fürsten am Spanischen Erbfolgekrieg behandelt R. Böttger in einer bisher nur in Maschinenschrift vorliegenden Dissertation ( 1004). Wir gewinnen aus ihr im allgemeinen ein klares Bild über das Verhalten Augusts des Starken von Sachsen-Polen zu den Kämpfen im Westen bis zum Jahre 1706. In den Nordischen Krieg verwickelt und durch den jungen Schwedenkönig in Polen und schließlich auch in seinem Stammlande Sachsen schwer bedrängt, ließ August dennoch einen beträchtlichen Teil seiner Regimenter zunächst 1703/1704 als Subsidientruppen im Sold des Kaisers, dann 1705/1706 als Reichskontingent gegen Ludwig XIV. marschieren. Die Darstellung Böttgers beruht hauptsächlich auf den Akten des Hauptstaatsarchivs und des Kriegsarchivs in Dresden, die insbesondere auch für die Erkenntnis der Zustände in der sächsischen Armee recht ertragreich sind. Leider ist die Literatur keineswegs genügend ausgeschöpft; so hätten für den politischen Teil, vor allem für die Schilderung der Allianzverhandlungen von 1701/1702, die französischen Publikationen und Arbeiten (z. B. Legrelle: La diplomatie française et la succession d'Espagne, Bd. IV) herangezogen werden müssen, während die Darlegung der kriegerischen Ereignisse durch die Verarbeitung des vom österreichischen Kriegsarchiv herausgegebenen bekannten Werks über die Feldzüge des Prinzen Eugen wohl wesentlich vertieft worden wäre.

Intimere Züge aus dem Leben des kunstfrohen Wettiners vermittelt uns P. Haake in einem für weitere Kreise bestimmten Aufsatz ( 1007). Er verfolgt die Beziehungen Augusts des Starken zu dem so gänzlich anders gearteten Friedrich Wilhem I. von Preußen und entwirft auf Grund der Korrespondenzen Friedrich Wilhelms ein farbenfreudiges Bild der Zusammenkünfte der beiden Könige in Dresden und Berlin. Wie der Vater, so hat auch der junge Kronprinz Friedrich von Preußen sich nach anfänglicher Begeisterung rasch von dem genußsüchtigen Kurfürsten-König abgewandt; beide Hohenzollern huldigten eben einer ganz anderen Auffassung vom Fürstenberuf als August. Zu den persönlichen kamen außerdem politische Gegensätze, die auf die Dauer nicht zu überbrücken waren.

Gerade dieser preußisch-sächsische Gegensatz tritt uns deutlich in der Dissertation H. Sommerfelds über die Tätigkeit des preußischen Diplomaten Axel von Mardefeld am russischen Hofe während der Regierung Friedrich Wilhelms I. ( 1006) entgegen. Eine der wichtigsten Aufgaben Mardefelds, der zunächst von 1723 bis 1728 als Adlatus seines Oheims Gustav und seitdem als alleiniger Gesandter Preußen in Petersburg vertrat, war es, den Fortbestand der Personalunion zwischen Sachsen und Polen zu verhindern. Ein Erfolg war ihm allerdings weder in dieser noch in der kurländischen Frage beschieden. Sommerfelds Darstellung, von der bisher nur ein ganz knapper Auszug gedruckt ist, zeigt uns, wie schwächlich Friedrich Wilhelms I. Politik auch gegenüber Rußland war. Was Mardefeld selbst betrifft, so war er sicherlich nicht ungeschickt, wenngleich er inmitten der Intrigen am Hofe der Zarin Anna nicht immer den richtigen Weg fand und den Versprechungen der russischen Staatsmänner oft allzu sehr Glauben schenkte.


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