2. Mittel- und süddeutsche Territorien.

Die umfangreiche Dissertation von Jüngst ( 1678) bringt den Versuch einer Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Nassau-Oranischen Gebiete seit ihrer einheitlichen Zusammenfassung im Jahre 1743. Die geschilderten Verhältnisse sind in vieler Beziehung für den Verwaltungshistoriker interessant, und vielleicht hat der Verfasser mit der Behauptung recht, daß es sich hier um »eines der bestregierten Territorien« des überalterten deutschen Reiches handele. Leider besteht die Arbeit zum größten Teil aus endlosen, fast unbearbeiteten Aktenauszügen und hat einen so dilettantischen Charakter, daß sie nur als Stoffzusammenstellung zu brauchen ist. -- Die Dissertation von Rech ( 1069) über die französische Verwaltung in


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der Rheinpfalz ist völlig unbrauchbar. Sie scheint ohne jede Kenntnis der historischen Methode geschrieben zu sein. -- Die Behandlung des Mainzer Landrechts von 1755 durch Faust ( 1677) auf Grund der Akten des Würzburger Staatsarchivs bringt einen Beitrag zur Geschichte der Rechtskodifikationen im Zeitalter des Absolutismus, doch ist zu bemerken, daß das Mainzer Gesetzbuch nicht in die Reihe der umfassenden Kodifikationen des 18. Jahrhunderts gehört, wie etwa das Preußische Landrecht, sondern zu jener früheren Gruppe von Rechten, die vom Beginn des 16. Jahrhunderts ab infolge der Rezeption entstanden sind und meist keine vollständige Kodifikation des gesamten Rechts darstellten, sondern nur einzelne Materien regelten, während im übrigen die subsidiäre Geltung des gemeinen Rechtes bestehen blieb. -- Lochers ( 1675) Schrift über das Württembergische Hofkammergut schließt sich gleichfalls an die Fürstenauseinandersetzung an, die bekanntlich in Württemberg sehr leicht verlief. Die vorgelegte Studie weist die Gründe hierfür auf. Sie liegen letztlich in der Tatsache, daß es bis 1806 in Württemberg einen Absolutismus nicht gab. Die Ständeverfassung veranlaßte die Herzöge schon früh zur Aussonderung aller fürstlichen Neuerwerbungen aus dem Bestand des »Herzogtums«. Es wurde also die Schaffung einer eigenen freien Verfügungssphäre für die Herzöge nötig, das ist der ursprünglich Kammerschreibereigut, dann Hofdomänenkammergut, endlich Hofkammergut genannte deutlich umschriebene Güterkomplex. Wie sich dieser rechtlich immer deutlicher charakterisierte und von dem ins Herzogtum inkorporierten und damit dem Einfluß des Herzogs entzogenen Kammergut (dem Staatsdomanium) abschied, ist Gegenstand der Arbeit. Die Entwicklung findet ihren Abschluß in der Verfassung von 1819: Hier wurde das Hofkammergut klar als das bezeichnet, was es schon längst geworden war: fideikommissarisches Privateigentum der königlichen Familie, während zugleich die mit dem Wesen der modernen Staatsgewalt unverträgliche Sonderstellung des Hofkammerguts im Verhältnis zum übrigen Lande endgültig aufgehoben wurde. Inhaber des Familienfideikommisses (des Hofkammerguts) war seitdem nach der Verfassung der König, aber nicht in seiner Eigenschaft als Staatsoberhaupt, sondern in seiner Eigenschaft als Haupt und Repräsentant der königlichen Familie, der dieser Güterkomplex gehört. Das schon vorher privatrechtliche Verhältnis des Hauses und seines Oberhauptes zum Hofkammergut blieb durch die Staatsumwälzung grundsätzlich unberührt. Erst durch den Familienschluß von 1922 hat die alte fideikommissarische Bindung aufgehört. Aber Hausgut der ehemals landesherrlichen Familie ist der Komplex geblieben. --Ferchl ( 1674) bringt nur Namenlisten, keine behördengeschichtlichen Ergänzungen.


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