I. Allgemeines.

Der Bericht über die Literatur des Jahres 1925 kann kurz sein, denn auf unserem Gebiet ist nichts Wesentliches erschienen. Das Buch von Ostwald ( 1170) fällt sowohl durch die stark betonte und stets zutage tretende politische Absicht der »Stärkung und Belebung der nationalen Idee in unserem Volk« wie durch das Streben nach »leicht- und allgemeinverständlicher Form«, das zum Verzicht auf selbständige wissenschaftliche Fragestellung und Forschung geführt hat, aus dem Rahmen wissenschaftlicher Berichterstattung heraus, wenn auch anerkannt werden darf, daß es sachlich und zuverlässig gearbeitet ist. Michael ( 1649) sucht die Entwicklung des Nationalstaatsgedankens von 1849 bis 1871 zu veranschaulichen durch Auszüge


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aus den Schriften von Radowitz, Häußer, Giesebrecht, Droysen, Sybel, Ficker, Ranke, Treitschke und Lagarde, muß diese bei dem Charakter der Sammlung freilich so knapp halten -- in der Regel beschränkt er sich auf die Vorworte --, daß sie nur zur allerersten Orientierung geeignet sind; auch die Einleitung ist populär. Die Aufsätze von Mommsen ( 1650), Triepel ( 1651) und Hartung ( 1656) gehen zwar mit mehr oder minder starker Ausführlichkeit auf die Vergangenheit ein, haben ihren Zielpunkt aber so sehr in der Gegenwart, in den durch die Weimarer Verfassung aufgeworfenen Problemen, daß eine Besprechung im einzelnen entbehrlich erscheint. Dagegen möchte ich auf Jastrow ( 1653) nachdrücklich hinweisen. Er will zwar nur die Mängel in der heute üblichen Publikationsweise der Gesetze behandeln und tut das mit kritischem Scharfblick, dem man Erfolg bei den verantwortlichen Stellen wünschen möchte, aber er geht dabei auch auf die historische Entwicklung der modernen Gesetzblätter ein. Gesetzsammlungen mit dem Streben nach Öffentlichkeit, Vollständigkeit und Authentizität sind nach Jastrow Erzeugnisse der französischen Revolution und von dort her nach Deutschland (1799 Bayern, 1803 Baden) gekommen. Sie sind nicht allein vom Standpunkt der gesetzgeberischen Technik zu beurteilen, sondern zugleich Ausdruck einer bestimmten Staatsentwicklung. Während der absolute Staat kein Interesse daran hat, die Kenntnis des Rechts, nach dem er regiert, zu verbreiten, legt der moderne Verfassungsstaat Wert darauf, daß seine Staatsbürger das Recht und seine Veränderungen kennenlernen, schon damit diese über den Umfang ihrer Rechte und Pflichten unterrichtet seien.


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