II. Einzelne Arbeiten (chronol.).

Unter den Einzeluntersuchungen steht chronologisch an erster Stelle die Untersuchung von L. Doeberl über Montgelas ( 2514). Ihr Vorzug ist, daß sie neues Material zur Erkenntnis der leitenden Gedanken Montgelas' in einem Reformprogramm von 1799 entdeckt hat, ihre Schwäche, daß sie ihren Blick nur auf Bayern richtet und Montgelas als Vertreter des grundsätzlichen Absolutismus feiert, ohne seine Anschauungen und seine Tätigkeit zu andern Staaten, etwa Preußen, in Beziehung zu setzen; nicht einmal vom Verhältnis zum Napoleonischen Staat wird gesprochen. Behandelt werden die Staatsauffassung und das Staatssystem Montgelas', die von dem Souveränitätsgedanken beherrscht sind, und ihre Auswirkung in der Reform der gutsherrlichen Gerichtsbarkeit, der Reform der Gemeindeverfassung, die Verstaatlichung der Stiftungsverwaltung, der Ausbau des kirchlichen Territorialismus, dessen Ursprünge bei den Agilolfingern gesucht werden, und die Mediatisierung der fränkischen Ritterschaft.

Keils Dissertation über den Artikel 13 der Bundesakte ( 1645) läßt den Historiker unbefriedigt, da sie die historische Literatur zu wenig kennt und den Zusammenhang zwischen dem altständischen Leben des 18. Jahrhunderts und der modernen Verfassungsentwicklung übersieht; eine Förderung der noch keineswegs genügend erforschten Geschichte des Verfassungsgedankens in Deutschland nach 1815 kann ich in dieser Arbeit nicht erblicken.

Ulmann ( 1147) deckt Zusammenhänge zwischen der hessischen und württembergischen Verfassungsentwicklung auf, indem er auf Grund der Korrespondenz Du Thils dessen Kampf gegen den die Bundestagsbeschlüsse von 1832 nach württembergischem Muster anfechtenden hessischen Landtag schildert.


S.352

Das Wachsen der revolutionären Bewegung vor 1848, das Fleury ( 1143) einstweilen nur an den Schriften und Schicksalen Heinzens zeigt, will Eckardt ( 1158) mit der Entwicklung der Turnvereine in Zusammenhang bringen. Es ist auffällig, daß die Zahl und Stärke der Vereine seit 1845 rasch zunimmt, daß viele der Mitglieder (in Dresden sieben Achtel von insgesamt 1600) überhaupt nicht turnen, daß Hauptsitz der Turnvereine die Gegenden der stärksten revolutionären Erschütterung sind, Sachsen, Schwaben, der Oberrhein. Trotzdem ist die Bedeutung der Turner in der Bewegung von 1848 nicht groß gewesen; denn die großen politischen Fragen, die zur Scheidung der Geister führten, trennten auch die Turnvereine, und die Hanauer Turntage 1848 ließen, statt ein geschlossenes Auftreten der Turner zu ermöglichen, die Spaltung offen zutage treten. Damit war die politische Rolle der Turnerei bis in die sechziger Jahre ausgespielt.

Aus Wörmers Übersicht über die Ministerverantwortlichkeit in Deutschland ( 1655) kann der Historiker nichts lernen. Die Literatur- und Quellenkenntnis ist unzulänglich, dafür werden Dinge behandelt wie der Fall Holstein, der mit dem Verhältnis von Reichstag und Reichsregierung gar nichts zu tun hat; wesentliche Vorgänge, wie das erste Mißtrauensvotum des Reichstags nach der Zabernaffäre, werden übergangen.


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