III. Biographisches.

Als Anhang zu den eigentlich verfassungsgeschichtlichen Arbeiten mögen noch einige Aufsätze folgen, die politische Gesamtanschauungen behandeln, aber in das Kapitel der Staatsanschauungen nicht recht passen, weil sie sich nicht auf Theoretiker, sondern auf praktische Staatsmänner beziehen. Camphausens Stellung zum preußischen Staat wird anregend und geistreich, wenn auch nicht durchweg überzeugend, von Beyerhaus ( 1870) besprochen. Auf Grund des bekannten Materials zeigt er, wie Camphausen, der 1832 sich noch sehr ablehnend gegen Preußen verhalten hatte, durch die wirtschaftliche Entwicklung seit dem Zollverein zum Preußen geworden ist. Der Entschluß vom März 1848, das Ministerpräsidium zu übernehmen, wird in seiner grundsätzlichen Bedeutung als erste Übernahme politischer Verantwortung durch einen Wirtschaftsführer gewürdigt, das Verhalten Camphausens als Minister gegen die Angriffe von rechts und links verteidigt. Wenig einleuchtend war mir der Vergleich mit Mirabeau. Mit 1849 bricht die Untersuchung ab.

Von den Arbeiten über Bismarck ist die von Engel ( 1646) verfehlt. Sie ist nicht historisch, fragt weder nach der Herkunft der Gedanken Bismarcks noch nach ihrer Entwicklung, sondern ist politisch und will Bismarck auf das heutige föderalistisch-mitteleuropäische Programm festlegen. Zum Beweis dafür, daß Bismarck »die großdeutsche Lösung der deutschen Frage, den bundesstaatlichen Aufbau von Mitteleuropa« der späteren kleindeutschen Lösung vorgezogen haben würde, muß vor allem die Olmützrede herhalten; die Literatur über sie ist dem Verfasser nicht bekannt. Gegenargumente, die selbst aus der vom Verfasser allein behandelten Zeit vor 1851 nicht fehlen, werden hinweg interpretiert, namentlich die Rede vom 9. September 1849 über das spezifische Preußentum, weil sie am wenigsten mit der These des Verfassers vom deutschen, ja großdeutschen Charakter selbst des Volksvertreters Bismarck von 1850 vereinbar ist. Aber wer unbefangen Bismarcks Brief an seine Gattin vom 7. September 1849 über seine »stramm preußische Rede« liest, wird


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schwerlich darin eine Entschuldigung des einseitigen Preußentums finden. Ähnlich schwach ist auch sonst die Beweisführung.

Rosenberg ( 1231) betrachtet die Maximen von Bismarcks innerer Politik im wesentlichen durch das Medium der Gedanken und Erinnerungen und schildert Bismarck als Realisten, Preußen, Royalisten, Aristokraten und Protestanten. Daß gelegentlich auch Briefstellen aus den vierziger und fünfziger Jahren herangezogen werden, bereichert die Darstellung nicht, denn ihre Verbindung mit den späteren Urteilen der Gedanken und Erinnerungen geschieht allzu kritiklos.

Ein ausgezeichnetes Bild von Bismarcks Staatsanschauung gibt dagegen Rothfels in der Einleitung von Nr. 1647. Er vermeidet den Fehler einer allzu doktrinären Schilderung der Staatsanschauung Bismarcks als eines starren, sich allezeit gleichbleibenden Systems, wie den andern eines völligen Verzichtes auf jede Systematik, die ihm namentlich für die Außenpolitik nach 1871 geradezu unentbehrlich erscheint. Die Hauptfrage für ihn ist neben der nach den persönlichen Grundlagen der Bismarckschen Anschauungen die nach dem Verhältnis der Einzelpersönlichkeit zu der, wie Bismarck in einem der von Rothfels neu mitgeteilten Dokumente sich ausdrückt, permanent-identischen Persönlichkeit des Staates und zu den konstanten Mächten, die das Völkerleben beherrschen. Die Dokumente, in sachliche Kapitel eingeteilt, was freilich zur Zerreißung einzelner Stücke geführt hat, bringen im 5. und 6. Kapitel (Staat und die Parteien, Staat und die Gesellschaft) auch einige bisher unbekannte Akten.


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