III. Geld- und Börsenwesen.

Über die Geldinflation durch Prägen geringhaltiger Münzen unterrichten zwei Arbeiten. Die eine von Großmann ( 1904) über ein spätes Beispiel von Heckenmünzerei, in die dann eine kaiserliche Kommission hineinfährt, worauf dem Münzherrn, dem Grafen von Sayn-Wittgenstein, 1689 das Münzregal entzogen wird. Die andere, der Finanzierung des Siebenjährigen Krieges gewidmete, von v. Loehr ( 1859), befaßt sich am ausführlichsten mit dem Verfahren Friedrichs des Großen, als dem letzten größeren Versuch, durch das rohe Mittel der Münzverfälschung die Mittel für den Daseinskampf zu beschaffen. Preußen hat von seinen etwa 125 Millionen Thl. betragenden Kriegskosten ¼ bis 1/3, etwa 40 Mill., durch Ausgabe schlechter Münzen (Ephraimiten) gedeckt. Friedrich hat dabei die preußischen Gepräge, solange es ging, geschont und möglichst viel fremde Stempel verwendet, besonders sächsische, auch Bernburger und andere kleinstaatliche. Auch den Umlauf suchte er möglichst den eigenen Landen fernzuhalten und ihn in das Ausland, besonders nach Polen, hinzuleiten, was natürlich nur eine Zeitlang glückte. Die Preise folgten zunächst langsam, seit 1761 rapide der Münzentwertung. Der Schaden wurde zum großen Teil auf das Ausland, besonders Sachsen, übergewälzt, aber das eigene Land hat doch schwer gelitten. Mit außerordentlicher Energie wurde nach dem Kriege die Beseitigung des Schadens und des schlechten Geldes vorgenommen, bis 1771 war dies durchgeführt, wobei auch die von den Ständen aufgenommenen 4 Mill., die einzigen Anleihen, die der König gemacht hat, in geringem Geld zurückgezahlt wurden. Im Gegensatz zu dem kreditfeindlichen König hat Österreich seinen Kredit übermäßig angespannt und ist dadurch aus den Finanzschwierigkeiten nicht mehr herausgekommen. Der Bankrott trat allerdings erst in der Napoleonischen Zeit ein; im 18. Jahrhundert ist Österreich seinen Verpflichtungen treulich nachgekommen, während das Verfahren Friedrichs bei der Geldreduktion doch eine Art Staatsbankerott bedeutete. Bei den Westmächten mit ihren fortgeschritteneren Krediteinrichtungen stehen Frankreich mit seiner unordentlichen Finanzwirtschaft und seiner mächtigen Schuldenlast und England, das die Kriegskosten möglichst durch Einnahmen deckte, mäßige Schulden, günstigen Wirtschafts- und Geldstand hatte, einander gegenüber.

Die berufsmäßige Spekulation ist entstanden im Anfang des 17. Jahrhunderts an der Amsterdamer, der einzigen damals vollentwickelten Börse. Zuerst wurde mit Aktien der Ostindischen und der Westindischen Kompagnie gehandelt, seit 1672/73 auch mit Staatsschuldscheinen, dann auch englischen, französischen und österreichischen Anleihen, nach 1713 wurde diese Börse internationaler Fondsmarkt. Die erste wilde Spekulationsperiode erlebte sie mit dem absonderlichen Tulpenschwindel 1634--37. Die Entstehung des Fondsverkehrs in London nach 1688 hängt gleichfalls mit der Gründung von Aktiengesellschaften zusammen und führte schon nach einigen Jahren zu der als


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»Südseeschwindel« bekannten Aktien-Überspekulation. In Paris dagegen kam der Handel mit Staatspapieren als erster auf ( 1702), und diese Börse ist auch im weiteren 18. Jahrhundert vorwiegend Tummelplatz für die teilweise abenteuerlichen Finanzoperationen der Krone gewesen, von Law bis Calonne. Die Technik des Effektenhandels hat sich an diesen westeuropäischen Börsen ausgebildet. In Deutschland gab es nur in Hamburg um 1720 und in Wien seit 1771 einen regelrechten Effektenhandel mit noch gering entwickelter Technik. Die Arbeit Samuels ( 1857) stützt sich für ihre Erhebungen, die natürlich auch die bekannten Spekulationskrisen betreffen, nur auf Literatur, allerdings teilweise ziemlich entlegene. Recht glücklich ist die Bewertung jener volkswirtschaftlichen Erscheinung (S. 180 ff.): daß die Spekulation in Holland und England sehr zum Aufblühen der Handels- und Industrie-Gesellschaften beigetragen habe, indem sie ihnen bedeutende Kapitalien verschaffte, und daß sie allein die Aufnahme beträchtlicher Staatsanleihen ermöglichte, was Holland 1672 gerettet und England im 18. Jahrhundert zu riesigen Leistungen befähigt hat. In Frankreich dagegen ergaben sich solche wohltätigen Folgen nicht, wohl aber mehrere schwere Krisen. In Deutschland gewann die Spekulation damals überhaupt noch keine Bedeutung.


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