IV. Einführung der Reformation. Innerprotestantische Gegensätze.

Die politische Geschichte der Reformationszeit, in deren Gesamtzusammenhang die Frage der Einführung der Reformation innerhalb der einzelnen Territorien hineingestellt werden muß, fällt außerhalb dieses Berichtes. Aus den territorialgeschichtlichen Studien ist Rauschers Bericht über die von ihm für den Druck bearbeiteten ältesten erhaltenen Württembergischen


S.410

Visitationsakten vom Jahre 1536/37 ( 2337) hervorzuheben, weil er in die vorreformatorischen Zustände guten Einblick gewährt, ebenso aus dem gleichen Grunde Zobels Görlitzer bzw. Oberlausitzer Urkundenauswahl nebst Untersuchungen ( 2409; abgeschlossen a. a. O. 102, 1926, S. 189--314), die auf die Initiative des Stadtrats bei Durchführung der Reform ein helles Licht werfen, vor allem aber v. Schuberts Aufsatz über die Nürnberger Reformation in Zusammenhang mit der bewußten Entwicklung Nürnbergs zum Territorialstaat und Kulturzentrum ( 2319) -- nur ein Vorspiel eines geplanten größeren Werks über Lazarus Spengler, bei dem v. Sch. über wichtiges, anderswo noch nicht verwertetes Material (Wormser Reichstagsbericht 1521; Gutachten für den Zusammenschluß der evangelischen Städte 1524 u. a.) verfügt. Stellt man daneben Brauns gleichfalls Neuland aufschließende Arbeit über die seit etwa 1560 einsetzenden gegenreformatorischen politischen und kirchlichen Kämpfe um Nürnberg ( 2196), dazu Schornbaums Ergänzungen in Theol. Lit.ztg. 1926, S. 65 f., so sieht man in einem fast anderthalb Jahrhunderte umfassenden Bilde einer reichsstädtischen Reformationsgeschichte, wie sich die allgemeine Reichsentwicklung einerseits in ihr auswirkt, anderseits aber auch von einem bedeutsamen Einzelterritorium her mitbestimmt wird. Bei Nürnberg wird zugleich deutlich, wie auch die innerprotestantischen Gegensätze politischer oder konfessioneller Art (N. war Gegner der lutherischkonfessionellen Konkordienformel) die Abwehr der katholischen Gegenreformation schwächen, und wie die als »Calvinismus« deutbare Melanchthonianische Lehrentwicklung benutzt werden konnte, um einer so verdächtigten evangelischen Kirche im Hinweis auf den den »Calvinismus« ausschließenden Religionsfrieden die rechtliche Existenzgrundlage zu entziehen. Die 1555 geschaffene Rechtslage hat ja auch in Frankfurt a. M. folgerichtig das Geschick der dortigen wallonischen und flämischen Fremdengemeinde, das K. Bauer ( 2358--59) in seinen archivalisch gut unterbauten Untersuchungen schildert, entschieden und die Entwicklung des Luthertums auf die Konkordienformel hin gefördert, freilich ohne in der theologischen Lehrentwicklung wie in der landesherrlichen Politik andere Richtungen auszuschließen. Wie Nürnberg (s. Braun a. a. O.) im Gegensatz zur Konkordienformel und zum Konkordienbuch sein philippistisches Corpus doctrinae 1573 bis 1806 festgehalten hat, so hat u. a., worauf Feddersens Arbeit ( 2387) erneut und im Zusammenhang mit der allgemeinen Geschichte der protestantischen Symbolbildung hingewiesen hat, auch Schleswig-Holstein sich von dem »Luthertum« ferngehalten; der Kampf um die Konkordie zeigt dort in deren Verbrennung in Kopenhagen durch König Friedrich 1580 einen dramatischen Höhepunkt.


Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938)