III. Niedergang und Wiederaufbau des Staates. 1786--1840.

Als den ersten Kulturkampf in Preußen bezeichnet P. Schwartz ( 2570) die Gesamtheit jener Maßnahmen, die als ein Feldzug gegen die Aufklärung in Kirche, Schule und Universität die Regierungszeit Friedrich Wilhelms II. erfüllen.


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Das Werk beruht auf umfassender und anschaulicher Verwertung eines reichen Aktenmaterials, wobei man nur bedauern mag, daß -- wohl aus Mangel an Raum -- auf die Nachweisung der einzelnen Fundorte verzichtet worden ist. Gewandte Gruppierung des Stoffes und eine behaglich-lebendige, oft humorvolle Art der Darstellung sind weitere Vorzüge des Buches. Nach einer knappen begrifflichen Erläuterung des Wesens der Aufklärung schildert Schwarz die bestehenden Zustände um 1786 und die Persönlichkeiten des kommenden Kampfes, den der Protagonist Wöllner durchaus nach Art eines Kreuzzuges zu führen gewillt ist. Religions- und Zensuredikt schaffen ihm die Machtposition, von der aus ein erfolgreiches Vorgehen gegen die Aufklärer und Neologen erfolgen sollte; eine Immediat-Examinationskommission und ihr nachgeordnete Provinzialkommissionen werden berufen, um die Ausführung des Religionsedikts zu überwachen und das Eindringen ungeeigneter Kandidaten in den Pfarrer- und Lehrerstand zu verhüten; Visitationen der Kirchen, Schulen und Universitäten sollen die Geister im Zaum halten. Erwägt man, was letzten Endes erreicht wurde, so zeigt sich, daß das orthodoxe Gewaltregiment, so bedrücklich es auf dem Lande lastete, doch nur bescheidene Erfolge erzielte. Das ist nicht allein der Überzeugungstreue der von ihm betroffenen Geistlichen und Lehrer, sondern weit mehr noch dem fast geschlossenen Widerstand des höheren Beamtentums zu danken, das, erfüllt vom Staatsgedanken des großen Königs, sich dem rückwärts gerichteten Kurs entgegenstemmt. -- Daß weite Kreise des preußischen Beamtentums die Forderungen der Zeit erkannten und bei tatkräftigem Willen der obersten Spitze ihnen hätten gerecht werden können, geht aus M. Rumlers ( 1861) Untersuchung über die Bestrebungen zur Befreiung der Privatbauern (1797--1806) hervor. Von der bedauerlicherweise nur in Bruchstücken publizierten Arbeit bringt ein letzter Teil Wichtiges über die Verhältnisse in Ostpreußen, wo die Bedingungen für die Agrarreform so günstig lagen, daß ihre Gegner sich vorsichtig im Hintergrunde hielten. Sie hätte schon damals zustande kommen müssen, wenn von der Zentrale in Berlin dauernd die rechte Stoßkraft ausgegangen wäre. Daß der König und das Kabinett schließlich das Spiel aufgaben, hat seinen Grund vor allem darin, daß die Aufgaben der auswärtigen Politik seit 1803 die vorhandenen schwachen Energien völlig absorbierten. -- Als einen letzten Fall der Kabinettsjustiz schildert F. zur Bonsen ( 1661) das Eingreifen Friedrich Wilhelms III. in einen Erbschaftsprozeß, der im Jahre 1805 die Regierung zu Münster beschäftigte und durch eine Kabinettsorder zugunsten der Familie v. d. Recke-Volmarstein entschieden wurde, wie man in Münster vermutete, unter dem Einfluß zweier Mitglieder der Familie, die wichtige Staats- und Hofstellungen bekleideten. Die mutigen Gegenvorstellungen der Regierung waren fruchtlos. Zur Bonsen folgt den Aufzeichnungen des Assessors v. Sybel, der Referent in der Sache war, hat aber die Akten des Kabinetts und des Justizdepartements nicht herangezogen, was erwünscht gewesen wäre. --

Nicht im gleichen Maße wie der Gestalt Friedrichs des Großen hat sich das historische Interesse der Gegenwart dem Zeitalter der Befreiungskriege zugewandt. Im Bewußtsein einer Auffassung, die jene Epoche aus den Niederungen eines zweiten Zusammenbruchs betrachtet, und in der Erschließung neuen Quellenstoffs sucht C. Bornhak ( 1059) die Berechtigung seines knappen Überblicks über die innere und äußere Politik Preußens in den Jahren 1806


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bis 1813. Am wertvollsten erscheint das einleitende Kapitel über die Zustände im alten Staat, das auf dem Lebenswerk des Verfassers als auf festem und tragfähigem Grunde beruht. Dagegen wird seine Behandlung der Reformzeit, die Max Lehmann und Meinecke grundsätzlich und absichtlich ignoriert, kaum ohne Widerspruch hingenommen werden können, auch die Abschnitte über die äußere Politik und über die geistigen Strömungen sind nicht frei von Irrtümern und Eigenwilligkeiten, von denen nur die Charakteristik Gneisenaus als des »Beraters eines noch Größeren« und die philiströse Kommentierung des Selbstmords Heinrich v. Kleists erwähnt werden mag. Einen Gewinn für die Wissenschaft vermögen wir jedenfalls in dem Buch nicht zu erblicken. --

Die Reihe der Spezialveröffentlichungen eröffnen wir mit der Anzeige einer Auswahl von Briefen und Aufzeichnungen der Königin Luise, die K. Griewank ( 1050) herausgegeben und mit einer trefflichen Einleitung versehen hat. So wenig seit P. Bailleus Meisterwerk das Bedürfnis nach einer neuen biographischen Würdigung vorliegt, so sehr ist es zu begrüßen, daß endlich die Briefe der Preußenkönigin in wissenschaftlich brauchbarer Ausgabe vorliegen, die das an oft entlegener Stelle Gedruckte bequem vereinigt und etwa 100 Stücke zum ersten Male zugänglich macht. Die Königin Luise ist sicher keine Meisterin des Briefstils gewesen, aber was sie zu sagen hat, das wirkt, am meisten in den deutschen, ungekünstelten, ja oft etwas unbeholfenen Briefen, als der unmittelbare Ausdruck ihrer reinen und warmen Menschlichkeit. Griewank sagt mit Recht, sie sei zwar keine klassische, wohl aber eine anziehende Briefschreiberin gewesen. -- Die Prinzessin Marianne v. Homburg, Gemahlin des Prinzen Wilhelm v. Preußen und Schwägerin der Königin Luise, wird uns durch eine Reihe schöner Briefe nahegebracht, die H. Ulmann ( 1058) dem sog. Fischbacher Archiv der Prinzessin (jetzt im Hausarchiv zu Darmstadt) entnommen hat. Schreiben der Prinzessin an ihre Verwandten sind vereinigt mit solchen, die ihr selbst von Brinkmann, E. M. Arndt und anderen zugegangen sind, daneben stehen einzelne an den Prinzen Wilhelm gerichtete Briefe. Die Prinzessin erscheint als eine nicht unbedeutende Persönlichkeit, die bei aller Ergebenheit gegen den preußischen Staat sich doch vor allem als Deutsche und Rheinländerin fühlte und schon im März 1813 als eine der ersten die Forderung erhob: »Die Rheingrenze ist nicht genug!« Besonders hingewiesen sei auf einen Brief Heinrich v. Kleists an den Prinzen Wilhelm vom 20. Mai 1811, der seinen Konflikt mit Hardenberg und Raumer in Sachen des Abendblattes betrifft und außerdem zu erweisen scheint, daß Kleist eine Pension von 300 Talern tatsächlich aus der Privatschatulle der Königin bezog. -- H. Wahls ( 1052) Ausgabe von Briefen und Aufzeichnungen des Prinzen Louis Ferdinand ist lediglich ein -- vor allem durch Fortlassen des Registers -- verschlechterter Abdruck der älteren, 1917 erschienenen Publikation, an die man sich also auch weiterhin wird halten müssen. -- Der Zusammenbruch Preußens steht im Mittelpunkt einer biographischen Würdigung Massenbachs durch L. G. v. d. Knesebeck ( 1089), die auf reicher Aktenbenutzung fußt. Der Reichsfreiherr, den der Ruhm der Waffen Friedrichs des Großen nach Preußen gezogen hatte, wo er als Quartiermeisterleutnant rasche Karriere machte, hat sich durch seine Entwürfe für die Organisation des Generalstabes (1803) ein bleibendes Verdienst in der Geschichte der preußischen Armee gesichert, hat aber die entscheidenden Gesichtspunkte der Napoleonischen Kriegführung


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nicht begriffen und 1806 wahrhaft verhängnisvoll als Quartiermeister der Hohenloheschen Armee gewirkt, deren Katastrophe bei Prenzlau ihm vor allem zugeschrieben werden muß. Ein Erpressungsversuch, den er 1817 gegenüber der preußischen Regierung unternahm -- er drohte mit Veröffentlichung seiner Memoiren, war aber bereit, sie zu verkaufen --, hatte seine Verhaftung und Aburteilung zur Folge. Sieht man von diesem Manöver ab, das einen Einblick in die innere Brüchigkeit und Haltlosigkeit des Mannes gewährt, so wird man Knesebecks Gesamturteil zustimmen dürfen: sein Wirken war verhängnisvoll, sein Wollen rein, er scheiterte an seiner Veranlagung. -- Aus der Literatur zur Geschichte der Reformzeit verdient die Stein-Biographie Ricarda Huchs ( 1056) mit besonderem Nachdruck erwähnt zu werden. Jene Auffassung des Reichsfreiherrn, die sich in den letzten Jahren angebahnt hat und die die feudalen Züge seines Wesens in den Vordergrund rückt, ist freilich bei Ricarda Huch ins Maßlose gesteigert worden und läßt Steins Ministertätigkeit, die überdies äußerst knapp behandelt wird, fast unverständlich erscheinen. So wird der Historiker das Buch nur mit schweren Bedenken hinnehmen, ohne sich aber dadurch die Freude an der kraftvollen und eindringlichen Schilderung eines großen Menschentums verkümmern zu lassen. Auf die schöne und fördernde Besprechung Dietrich Gerhards (H. Z. Bd. 133, S. 163 ff.) sei hier vorgreifend hingewiesen. -- Was Kl. Thiede ( 1863) zu den Anschauungen Steins über Gewerbefreiheit und Bauernbefreiung beibringt, führt kaum weiter. Bei einer letzten Endes so wenig konsequenten Persönlichkeit, wie Stein es war, ist es jedenfalls bedenklich, Äußerungen aus später und spätester Zeit heranzuziehen und mit ihnen den positiven Anteil Steins an der Reform in Einklang bringen zu wollen. So kommt Thiede denn etwa zu dem Ergebnis: wenn Stein der Aufhebung der Zünfte zugestimmt habe, so sei das nur aus dem Zwang der augenblicklichen politischen Lage zu erklären, eine Beseitigung der Berufsschranken sei ihm eben damals notwendig erschienen, um den zahlreichen entlassenen Offizieren und Soldaten die Möglichkeit des Unterkommens zu verschaffen! -- In die Gedankenwelt Altensteins führt eine gründliche Dissertation von G. Roß ( 1057), die seinen Anteil an der Entstehung der Rigaer Denkschrift klarstellen will. Der Verfasser beschreitet den richtigen Weg, indem er Altensteins Beamtenlaufbahn und die Entwicklung seiner Staatsanschauung bis zum Zusammenbruch Preußens verfolgt. So kann er dann von gesicherter Grundlage Altensteins größtenteils ungedruckte Denkschrift »Über die Leitung des preußischen Staates« daraufhin analysieren, was sich an fremdem Ideengut in ihr niedergeschlagen, was Altenstein von Eigenem hergegeben hat. Als solches läßt sich schließlich doch nur die Einbettung der Reformbestrebungen in die Gedanken der Fichteschen Philosophie und die Auswirkung der starken bürokratischen Tendenzen Altensteins feststellen. Die eindringende Charakteristik Altensteins in Max Lenz' Geschichte der Universität Berlin scheint durch die Roßsche Arbeit vollauf bestätigt. -- Ein Vortrag von H. Aubin ( 1060) bemüht sich in feinsinniger Weise um den ethischen Kern der Persönlichkeit Scharnhorsts. Als dominierende Eigenschaft ergibt sich ihm die Selbstbeherrschung, die den Reorganisator des preußischen Heeres in dieser undankbaren und an äußerem Erfolg kargen Rolle sich bescheiden läßt, ihn, der für das Kommando eines Tages alle sieben Orden und sein Leben hingegeben hätte.

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Einen interessanten Ausschnitt der Berliner Romantik lernen wir durch den von H. Meisner ( 2539) zum ersten Male nach den Originalen herausgegebenen Briefwechsel zwischen Rahel Levin und Alexander v. d. Marwitz kennen. Alexander, 10 Jahre jünger als sein Bruder Fr. A. Ludwig, erscheint als eine geistig früh vollendete, schwärmerische Persönlichkeit, unfähig, sein Leben nach festem Kurs zu steuern, »weich, offen, sehend, aber nicht stark, nicht alles beziehend auf eine herrschende Idee, sondern dem Augenblick hingegeben und von den mannigfaltigsten Stimmungen regiert«. Er fiel am 11. Februar 1814 bei Montmirail. -- In Marwitz war keine Spur jener Agilität, die Rahels Gatten Varnhagen kennzeichnet, eine Marwitz im tiefsten fremde Natur, die ihm »ungeachtet aller äußeren Bildung innerlich höchst gemein« erscheinen mußte. Mit ihm beschäftigt sich eine eingehende Studie C. Mischs ( 1132), die nicht beabsichtigt, ein geschlossenes Lebensbild zu geben, sondern Varnhagen, der bisher vorwiegend von literarhistorischer Seite Beachtung gefunden hat, als Politiker und Publizisten würdigen will. In einem ersten Teil seiner Arbeit schildert Misch die äußeren Schicksale Varnhagens, die ihn nach mancherlei Hin- und Hertasten aus österreichischen Kriegsdiensten in Tettenborns Hauptquartier führen, wo er als Intendant und Pressechef eine eifrige und nicht unlukrative Tätigkeit entfaltet, bis er schließlich, in preußische Staatsdienste übergehend, 1816 als Gesandter in Karlsruhe Verwendung findet. Einmischung in die innerbadischen Verhältnisse, und zwar zugunsten der Opposition, hat seine Abberufung zur Folge, worüber Misch ausführlich handelt. Er ist damit zum Ausscheiden aus offizieller Tätigkeit verurteilt und wird vom Ministerium, das seine Feder zu schätzen weiß, nur zur Abfassung von Denkschriften und Zeitungsartikeln herangezogen. Ein zweiter Teil der Untersuchung wendet sich Varnhagens publizistischer Tätigkeit zu und bringt eine Analyse seiner politischen Anschauungen. Von dieser aus erschließt sich der Weg, der zu einer sicheren Bewertung der Varnhagenschen Tagebuchaufzeichnungen als einer historischen Quelle führen kann. Ihren Maßstab muß bilden, was Misch als die bestimmenden Züge seines Wesens ermittelt: persönliche Eitelkeit und Unsachlichkeit, gesteigert durch die Verstimmtheit eines zu politischer Untätigkeit verdammten Mannes. -- David Ferdinand Koreff, dem die französische Arbeit Marietta Martins ( 1133) gilt, stand in enger Verbindung zu den Kreisen der Berliner Romantik. Über die wenig erfreuliche Rolle, die er in der Magnetismusbewegung und als Adlatus Hardenbergs gespielt hat, kann die Verfasserin nicht viel Neues beibringen, auch ist ihr Urteil weniger gut fundiert und entschieden als das Ermans ( 2537) in seiner Untersuchung über den tierischen Magnetismus in Preußen, die man mit mehr Erfolg zu Rate ziehen wird. Aufschlußreich sind dagegen die Kapitel über Koreffs spätere Tätigkeit in Paris, wo er die für die französische Romantik so bedeutungsvolle Popularisierung E. T. A. Hoffmanns entscheidend gefördert hat. Daß Koreff damals als Spion in preußischen Diensten stand, wie die von der Verfasserin ausgebeuteten Akten des französischen Ministeriums behaupten, läßt sich nicht erweisen und ist wenig wahrscheinlich, die Akten des Auswärtigen Amtes und der Pariser Botschaft deuten jedenfalls nicht darauf hin. Für den Verfall seiner Praxis und seines Ruhmes, den Koreff schließlich erleben mußte, wird mit Recht die ungezügelte Geldgier seiner letzten Jahre verantwortlich gemacht, die ihn in einen Aufsehen erregenden Prozeß mit der Familie Hamilton verwickelte; nicht viel besser benahm er sich


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als Arzt jener Marie Duplessis, die das Urbild der Dumasschen Kameliendame gewesen ist.

In das Preußen der Jahre 1814 und 1815 führt ein Aufsatz von E. de Marchand ( 1095). Für die Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen zwischen Preußen und Frankreich war der von Ludwig XVIII. nach Berlin entsandte Graf von Caraman, der als Emigrant in preußischen Militärdiensten gestanden hatte, die gegebene Persönlichkeit. Caramans Berichte lassen erkennen, wie leicht ihm die offiziellen Kreise seine Mission gemacht haben. Daß die Stimmung weiter Volkskreise nicht allzu freundlich war, angeblich aufgestachelt durch den »parti de Stein«, unter dessen Einfluß sogar Wilhelm II. den Weltkrieg entfesselt haben soll, dürfte Herr Le Marchand begreiflich finden, wenn er sich der Vorgänge beim Versailler Friedensschluß erinnert. --

H. Schuberts ( 1664) Geschichte der Koblenzer Regierung setzt in der Epoche der Reorganisation Preußens nach den Befreiungskriegen ein und führt bis zum Jahre 1918. Der Verfasser will nicht allein die Entwicklung der rheinischen Bezirksbehörde schildern, sondern noch mehr kommt es ihm darauf an, zu zeigen, welche Aufgaben der neugegründeten Regierung gestellt waren und was sie zu ihrer Lösung getan hat. Wir lernen sie »in actu« kennen, und man wird behaupten dürfen, daß Schuberts Werk einen jeden, der sich von der Wirksamkeit einer preußischen Regierung im 19. Jahrhundert eine lebendige Anschauung verschaffen will, mehr fördern wird als mancher Abriß des preußischen Verwaltungsrechts. Auf fast allen Gebieten ihrer Tätigkeit hat die Koblenzer Regierung Hervorragendes geleistet. Sie hat ihren Bezirk aus territorialen Bestandteilen der verschiedensten Art erst zusammenschmieden müssen, hat bei der Verschiedenheit der geltenden Rechte und der sozialen Zustände zunächst unter den größten Erschwerungen gearbeitet und hat doch trotz einzelner Fehlgriffe und Härten zur kulturellen Hebung ihres Bezirkes entscheidend beigetragen, Schulwesen und Forstwirtschaft, Denkmalpflege und Gemeindeverfassung eifrig gefördert. Ihre Tätigkeit zeugt von dem ernsten Willen und von der Anpassungsfähigkeit der preußischen Verwaltung. -- Klawitter ( 1662) behandelt in instruktiver Weise die Geschichte der schlesischen Provinziallandtage und liefert damit einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der gesamt-preußischen Verfassungsfrage. Auf dem ersten Landtag ( 1825) kam es noch in den Fragen der Städte- und der Landgemeinde- und Kreisordnung zu scharfem Zusammenstoß; dann trat bei der immer zunehmenden Rückläufigkeit der inneren Verhältnisse Preußens fast völlige Erstarrung ein, aus der sich nur ein von dem Frhrn. v. Lüttwitz auf Hartlieb im Jahre 1837 eingebrachter Antrag auf Berufung der Reichsstände bedeutungsvoll heraushebt. Nach dem Tode Friedrich Wilhelms III. gelingt es dann der rasch anschwellenden liberalen Bewegung, auf dem VIII. Landtage ( 1845) einige erhebliche Erfolge davonzutragen. -- Als neuer literarischer Ertrag der Auseinandersetzungsverhandlungen zwischen Staat und Königshaus ist E. Heymanns ( 1134) Untersuchung über das Testament Friedrich Wilhelms III. zu verzeichnen. Heymann befaßt sich vorwiegend mit dem privatrechtlichen Teil des Testaments und seinen Bestimmungen hinsichtlich der Schatullgüter, deren Gültigkeit gelegentlich des Prozesses um die Herrschaft Flatow-Krojanke angefochten worden war, und kommt zu dem Resultat, daß »nach der vermögensrechtlichen Seite und namentlich in Ansehung der Schatullgrundstücke« ein


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rechtskräftiges Testament vorliege. Weiter untersucht er die Frage, welche Bedeutung der späteren Anerkennung des Testaments durch Friedrich Wilhelm IV. und den entsprechenden Erklärungen seiner Brüder zukommt; diese Anerkennungen bewirken nach den Grundsätzen des Privatfürstenrechts der Zeit, daß etwaige formale Mängel des Testaments mit rückwirkender Kraft und »mit konstitutiver Wirkung der Anerkennungserklärung für Dritte« behoben werden. Der Abhandlung ist ein Urkundenanhang beigegeben, in dem das ganze Testamentswerk, ein Komplex politischer und privatrechtlicher Bestimmungen, zum ersten Male vollständig abgedruckt ist.


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