IV. Verfassungskämpfe und deutsche Frage. 1840--1870.

Friedrich Wilhelm IV. ist mehr als irgendein anderer Hohenzoller sein eigener Baumeister gewesen, wozu ihn fachliche Kenntnisse und künstlerische Anlage befähigten, und hat, als Kronprinz von Schinkel, als König von Stüler und Persius beraten, in seinen Berliner und Potsdamer Bauten eine glückliche Hand gehabt. Das zeigt in knapper Zusammenfassung ein Festvortrag A. Geyers ( 1135), der das Thema ausführlicher in der deutschen Bauzeitung 1922, Jg. 56, behandelt hat. --Krusch ( 1126) veröffentlicht zwei Briefe der Königin Victoria an Friedrich Wilhelm IV., die in der Ausgabe der »Letters of Queen Victoria« fehlen, darunter den wichtigen vom 5. März 1848, eine Antwort auf den Vorschlag des Königs, der französischen Revolution »das gemeinsame Wort« der großen Mächte Europas entgegenzustellen. Die Königin lehnt einen solchen Schritt ab, der auf Frankreich als »défi« wirken und ihm die Existenz einer Koalition vorspiegeln würde. -- Nicht ganz zur rechten Stunde kommt K. Pagels ( 1225) Auswahl von Briefen und Aufzeichnungen des alten Kaisers, in dem sie sich des Ertrags der großen Briefpublikationen beraubt, die vom Kaiser-Wilhelm-Institut für deutsche Geschichte ausgehen. Sie beruht auf den älteren Veröffentlichungen -- nicht einmal die Briefe an die Weimarer Fürstenfamilie sind benutzt -- und bringt an Neuem nur einige Stücke aus den Archiven in Neu-Strelitz, Stuttgart und München. Das in der Einleitung aufgebaute Gesamtbild widerspricht in wesentlichen Zügen jener Auffassung des Kaisers, die sich gerade in jüngster Zeit mehr und mehr gefestigt hat: sein Verhältnis zur Politik wird von Pagel zweifellos falsch eingeschätzt, wenn es ganz im Sinne der Passivität und der Unterordnung unter einem Stärkeren interpretiert wird. Wir wissen zu gut, wie schwer er um politische Entschlüsse gerungen und wie sehr er seine Verantwortung empfunden hat. -- E. Frhr. v. d. Goltz ( 1186) vermittelt die Kenntnis eines warm empfundenen Schreibens, das Frau Charlotte Delius, die Witwe des Koblenzer Reg.-Vizepräsidenten, um die Wende der Jahre 1861 und 1862 an den König richtete. Dieser antwortet, indem er die Ziele seiner Politik in die Worte zusammenfaßt: Ausbau der parlamentarischen Gesetzgebung, aber nie parlamentarische Regierung! -- Das Protokoll der Kronratssitzung vom 2./3. Januar 1864 hat R. Sternfeld ( 1188) veröffentlicht. Es ergibt sich, daß gerade jene in den Gedanken und Erinnerungen erwähnte Äußerung Bismarcks, die den Erwerb der Herzogtümer als Ziel der preußischen Politik hinstellt, im Protokoll fehlt, obgleich Bismarck von dem Protokollführer, dem Geh. Rat Costenoble, ausdrücklich verlangt haben will, daß sie nachgetragen werde, nachdem sie zunächst fortgelassen worden war. Wie der Widerspruch zwischen Bismarcks Erzählung und dem Aktenbefund zu erklären ist, steht dahin. --


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