II. Pommern.

Für das Mittelalter ist geschichtlich die bedeutendste und interessanteste Stadt wohl ohne Zweifel Sralsund, und doch fehlt immer noch eine wissenschaftliche Geschichte dieser Stadt, obwohl gerade für die ältere Zeit


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gute Quellenveröffentlichungen und Einzeluntersuchungen vorliegen. Vielleicht bringt uns die Neuordnung des Stadtarchivs, die zurzeit vorgenommen wird, der Erfüllung des lange gehegten Wunsches näher. Zunächst müssen wir uns mit volkstümlichen Darstellungen begnügen. Eine solche gibt für die alte Zeit E. Uhsemann ( 358) in durchaus ansprechender und einwandfreier Form. Nach verschiedenen Richtungen führt er durch die Stadt und schildert die alten Wehrbauten, Kirchen, Klöster und Bürgerhäuser, geht aber auch in meist lebenswahren Bildern auf Handel und Gewerbe, Bürgerleben usw. ein. Ist dies Buch wohl geeignet, das heimatliche Interesse zu heben und zu weiteren geschichtlichen Forschungen anzuregen, so bedeutet H. Hoogewegs ( 2103) großes Werk eine bedeutsame Erweiterung der wissenschaftlichen Arbeit und ist in seiner Art fast einzig. Nach dem ersten Bande, in dem 18 Klöster oder Stifter behandelt sind, enthält der zweite die Geschichte von 32, ferner der 3 Ritterorden und eine Zusammenstellung von nicht zustande gekommenen oder zweifelhaften Klöstern. Welch eine Bedeutung sie alle für die geistige und wirtschaftliche Kultur des Landes gehabt haben, tritt deutlich hervor oder läßt sich aus dem hier zusammengetragenen umfangreichen Stoffe leicht erschließen. Nach dem schön gewählten Motto haben sie cruce et aratro das Wendenland erobert und zu einem deutschen und christlichen gemacht. Dies im einzelnen nachzuweisen, ist eine Aufgabe, die durch das hier gebotene Material sehr erleichtert ist. K. Chinnows ( 973) Dissertation über die schon öfter behandelte Stellung Gustav Adolfs zu Pommern liegt nur in Maschinenschrift vor. Seine Forschungen über Pommern im Jahre 1813 hat H. Klaje ( 1103) fortgesetzt und stellt das Aufgebot, die Ausrüstung, den Dienst und den Ersatz der Landwehr dar. Das berühmte Edikt vom 17. März 1813 beurteilt er nicht so günstig wie Max Lehmann, wie er überhaupt neben allem Licht auch den Schatten in den Einrichtungen jener Zeit nicht übersieht. Einen wirtschaftsgeschichtlichen Beitrag gibt B. Menzel ( 1941), indem er das 1754 auf Veranlassung Friedrichs des Großen in Torgelow geschaffene Hüttenwerk behandelt, in dem Raseneisenstein verarbeitet wurde. Als die Ausbeute sich nicht mehr lohnte, verkaufte der Staat 1861 das Werk. Ebenfalls auf den großen König und seinen Vater geht zurück die Arbeit an der Tieferlegung des Vilmsees, die von 1727 bis 1786 die Behörden beschäftigt hat. K. Tuempel ( 1937) behandelt die langen Verhandlungen und mühseligen Arbeiten, in die auch Brenkenhoff eingriff, auf Grund der Akten. Für die Stadt Neustettin erwuchs daraus nicht geringer Vorteil. Die Geschichte eines Dorfes oder Gutes zu schreiben, so daß die Darstellung einen Wert für die Forschung hat, ist nicht so leicht, wie manche glauben. R. Bergmann ( 357) erfüllt die Wünsche nicht, denn in dem ersten Bande ist eigentlich nur von dem Namen Dönnie, von der dortigen Kapelle und von den Geschlechtern, die dort gesessen haben, die Rede. Von der Wirtschaft erfahren wir noch nichts. Ein anschauliches Bild des alten Handwerks entwirft H. Hasse ( 1850) und läßt die alten Schriftstücke häufig reden. Neue Ergebnisse werden kaum gewonnen. Einen Versuch, einen Aufschluß über die genealogische Struktur einer kleinen geschlossenen Gruppe zu gewinnen, unternimmt W. Polthier ( 463), indem er die Blutsverwandtschaft der Mitglieder des Greifswalder Rates 1672/73 feststellt. Da sie freilich weit zurückgeht, war sie bedeutungslos für den politischen Charakter des Ratskollegiums. Ein kleines Stück der sonst ganz verschwundenen mittelalterlichen

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Stadtmauer Stettins hat C. Fredrich (Balt. Stud. N. F. 27, 337--347) am Bollwerk aufgedeckt.

Zur Geistesgeschichte bringt H. Lother ( 2408) einen Beitrag, der freilich ein nicht sehr erfreuliches Bild von dem Kampfe gegen den Pietismus in Greifswald entwirft. Die Geistlichen und Professoren, die sich in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts grimmig befehdeten, waren Männer von starkem Selbstgefühl und festem Glauben, und jeder von ihnen vertrat seine Ansicht mit einer unverrückbaren Starrheit. Der Pietismus fand in Pommern keinen rechten Boden gegenüber dem altüberkommenen strengen Luthertum. Briefe, die O. Altenburg ( 2556) mitteilt und nach denen wir uns ein Bild von der Stettiner Kultur in den Jahren 1835 bis 1850 bilden können, bieten wohl für die Stadt manches recht Interessante, verdienen aber weder ihrem ganzen lnhalt noch der Bedeutung des Schreibers nach kaum einen solchen ausführlichen Abdruck. Die Gutachten von Fr. Curschmann, G. Holstein und H. Triepel ( 2597) enthalten manches Interessante für die Geschichte der Universität Greifswald.


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