IV. Rechts- und Verwaltungsgeschichte.

Einen wertvollen Beitrag zur Kenntnis der mittelalterlichen städtischen Verwaltung und Rechtspflege in Schlesien liefert uns Fr. Schubert ( 1635) durch seine Untersuchungen über das älteste Glatzer Stadtbuch (1316--1412), wenngleich das die Gründungsgeschichte der Stadt Glatz behandelnde Kapitel durch neuere Forschungen Berichtigungen erfahren hat. --Georg Hoffmann ( 1636) stellt es sich in seiner Dissertation zur Aufgabe, das Verfahren, das in den bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vor dem Glogauer Schöffengericht galt, darzustellen. Die Beschränkung der Untersuchung auf das 16. und den Anfang des 17. Jahrhunderts erklärt sich aus dem nur für diese Zeit in größerem Umfange vorhandenen Vorliegen zuverlässiger handschriftlicher Quellen. Seiner Darstellung über das Gericht, die Parteien, das ordentliche Verfahren, die außerordentlichen Verfahrensarten, das Beweisverfahren, das Zwangsverfahren und die Rechtsmittel fügt er eine Anzahl von Auszügen aus den Schöffenbüchern bei. -- Das grundlegende Werk von F. Rachfahl: Die Organisation der Gesamtstaatsverfassung Schlesiens vor dem Dreißigjährigen Kriege (Leipzig 1894) hat durch Hans Hübners Frankfurter Dissertation, von der ein Auszug in der


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Ztschr. d. Vereins für Geschichte Schlesiens Bd. 59 ( 1687) erschien, für die Regierungszeit der Kaiser Ferdinand II. und Ferdinand III. eine Fortsetzung erfahren. Auf den Verhandlungen der Fürsten und Stände und gründlichen Aktenstudien fußend, ist die Darstellung zugleich eine Ergänzung zu K. G. Kries, Entwicklung der Steuerverfassung in Schlesien (Breslau 1842). -- Hinsichtlich des preußischen Grundsteuerkatasters weist F. Escherich ( 1946) gegenüber der Auffassung von R. Koser (Geschichte Friedr. d. Gr., 4.--5. Aufl., Bd. II, S. 124) darauf hin, daß Idee und Organisationsplan des Ganzen auf das österreichische Vorbild zurückgehen, und bestätigt andererseits die von J. Ziekursch (Hundert Jahre schles. Agrargeschichte, 2. Aufl. 1927, S. 396 ff.) vertretene Ansicht, daß sich schon aus der gesamten Art der Anlage des Katasters seine Unzuverlässigkeit für den Historiker ergibt. Das preußische Kataster, das die Angaben der österreichischen Befundstabellen zumeist einfach wiederholt, berücksichtigt nicht die innerhalb von 20 Jahren eingetretenen Veränderungen. Weder der Gutswert und die dem Gutsherrn zustehenden gewinnbringenden Rechte, noch die Anzahl der Rustikalstellen und die Kopfzahl der verschiedenen Gruppen des Landvolkes können in ihrem vollen Umfange dem Kataster entnommen werden. Man erhält aus dem Kataster allenfalls Vergleichswerte, wenn man noch andere Angaben zu Hilfe nimmt, und der Agrarhistoriker wird das Kataster besonders da, wo es sich um statistische Angaben handelt, mit Vorsicht als Quelle benutzen müssen. Gleichwohl stellt sich das Ganze, im Zusammenhang mit den österreichischen Vorarbeiten betrachtet, als bedeutungsvolle Leistung dar, zumal der gut geschulte preußische Beamtenapparat die ermittelten Angaben unnachsichtlich -- was die österreichische Herrschaft nicht gewagt hatte -- zur Grundlage der Besteuerung machte. -- Anläßlich der Hundertjahrfeier der Eröffnung des 1. schlesischen Provinziallandtages (i. J. 1825) gibt W. Klawitter ( 1662) eine Übersicht über die politische Entwicklung der schlesischen Provinziallandtage und zugleich ein Bild der politischen Entwicklung Preußens bis zum Jahre 1848 in einem schlesischen Ausschnitt. Seit dem Zusammentritt der Volksvertretung in Berlin ist die politische Aufgabe der Provinziallandtage erfüllt, die sich nunmehr ihrem eigentlichen Tätigkeitsfeld, der Selbstverwaltung, zuwenden.

Zur Geschichte der Fideikommisse erschien als besonders gehaltvolle Studienquelle für den Historiker wie für den Juristen die von J. Kaufmann ( 486a) bearbeitete Schaffgotschische Fideikommißgeschichte, die die Entwicklung des fideikommissarischen Gedankens klar erkennen läßt und in dem beigefügten, sehr umfangreichen und reichhaltigen Diplomatarium viel bisher ungedrucktes Material zur schlesischen Geschichte und auch zur Wallensteinfrage bringt. Der vorliegende Prachtband ist ein Teil der großzügig geplanten Hausgeschichte der Reichs-Semperfreien und Grafen Schaffgotsch.


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