V. Wirtschaftsgeschichte.

Einen knappen Überblick über die wirtschaftlichen und politischen Wechselverbindungen Schlesiens und der Oberlausitz, über den Kampf um die Straßengerechtigkeiten, gibt M. Scholz- Babisch ( 1853), die die zur Kenntnis des Warenhandels zwischen Schlesien und der Oberlausitz sehr aufschlußreichen Arbeiten von Horst Jecht im Neuen Lausitzer Magazin, Bd. 99 u. 100, bespricht. -- Die weitverzweigten Handelsbeziehungen Schlesiens und die umfassenden Vorarbeiten für das von ihm in Angriff genommene großzügige Werk »Breslaus und Schlesiens Handel bis ins


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19. Jahrhundert« skizziert H. Wendt ( 1759) in dem Bericht über die zu diesem Zweck unternommenen handelsgeschichtlichen Archivreisen. --Hans Artur Kuznitzky ( 1761) behandelt in seiner staatswissenschaftlichen Dissertation die wichtige Stellung, die die Zünfte im deutschen Schlesien und besonders in Breslau im Mittelalter und der beginnenden Neuzeit gehabt haben. Nach einer Schilderung des Breslauer Zunftwesens und seiner Probleme begründet er in dem knappen Kapitel, das seiner Arbeit das Thema gegeben hat, warum der Wirtschaftsmensch der 2. Wirtschaftsstufe im Gegensatz zum Wirtschaftsmenschen des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts ein gefesselter war. -- Die von F. Wiggert ( 1760) ursprünglich geplante Darstellung der Entwicklungsgeschichte der Neumarkter Kürschnerzunft wuchs sich dem Verfasser infolge des außerordentlich reichhaltigen archivalischen Materials des Breslauer Stadtarchivs zu einer Geschichte des alten schlesischen Kürschnerhandwerks aus, die nach den allgemeinen Kapiteln über die Zunftverfassung, das Lehrlings- und Gesellenwesen, die Gewerbegerichtsbarkeit in den Kürschnerzünften, Zunftzwang und Zunftkonkurrenz, die Kürschnerzünfte als fromme Bruderschaften, in einem besonderen Teil die Breslauer Kürschnerzünfte als ausgeprägte Edelkürschnerei und die Neumarkter als Grobkürschnerei behandelt. -- Zur Frage des grundherrlichen Charakters der Leinenindustrie Schlesiens äußert sich V. Loewe ( 1947) über den »Weberzins«, eine regelmäßige Abgabe, die von den Gutsherren für die Befugnis zum Betriebe des Gewerbes auch nach Erlaß des Gewerbesteuerediktes vom 2. November 1810 noch erhoben und als dominiale Gewerbeabgabe endgültig erst durch den § 3 des Gesetzes vom 2. März 1850 beseitigt wurde. -- Die Tatsache, daß das Hirschberger Tal in der Blütezeit des schlesischen Leinengewerbes (im 17. und 18. Jahrhundert) eine überragende Stellung unter allen schlesischen Webergegenden einnahm, veranlaßte E. Michael ( 1951), speziell dieses Gebiet herauszugreifen und das Schicksal der Hausweberei daran zu verfolgen. Gegenüber den 5000 Webstühlen des Hirschberger Tales im 18. Jahrhundert, das damals den größten und kostbarsten Teil der blühenden schlesischen Leinenindustrie stellte, waren 1925 nur noch 33 alte Weber und Weberinnen dort vorhanden; ein letzter Überrest gegenüber dem unaufhaltsamen Fortschreiten der maschinellen Leinenindustrie mit ihren Vervollkommnungen und Verbilligungen. -- Die große Bedeutung gerade der Breslauer Messe, die W. Bosch ( 1949) auf entwicklungsgeschichtlicher Grundlage für Schlesien und den ganzen Osten des Reiches nachweist, erhellt besonders in unseren Tagen seit dem Auftauchen der neuen Staaten des östlichen Europas, die dem Handelsgeiste ungeahnte Wirtschaftsgebiete, namentlich nach Polen, der Tschechoslowakei und Rußland, erschließen.


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