IV. Kirchengeschichte.

Einen Beitrag zur kirchlichen Frühgeschichte Thüringens liefern die eindringlichen Untersuchungen Fr. Flaskamps ( 2019) über das Bistum Erfurt, dessen Errichtung von Bonifatius gleichzeitig mit der der Bistümer Würzburg und Buraburg im Jahre 742, in dem »die kirchliche Aufteilung des mitteldeutschen Arbeitsgebietes« erfolgte, geplant war. Im Gegensatz zu Hauck und Tangl, die in Dadan den ersten Bischof von Erfurt sehen, sucht Fl. durch scharfsinnige Interpretation der Quellen nachzuweisen, daß der am 21./22. Oktober 741 zu Sülzenbrücken bei Erfurt zum Bischof geweihte Eichstätter Priester Wilbald von Bonifatius zum Erfurter Bischof ausersehen war. Da wegen der von Rom aus auf Grund eines Berichts des Bonifatius geäußerten Bedenken die Bistumsgründung unterblieb, so hat Wilbald, später Bischof von Eichstätt, nie sein Amt in Erfurt angetreten. -- Anläßlich seiner Untersuchung über den Einfluß der kirchlichen Reformbewegung (Hirsau, Cluny) auf die Baukunst im Gebiet der mittleren Elbe stellt H. Kunze (Die kirchliche Reformbewegung des zwölften Jahrhunderts im Gebiet der mittleren Elbe und ihr Einfluß auf die Baukunst in: Jahrbuch Sachsen und Anhalt Bd. 1,


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S. 388--476) die allgemeingeschichtlich interessante Vermutung auf, »daß die regulierten Chorherren ihre Heimat, die sich mit Hilfe der schriftlichen Quellen nicht feststellen läßt, in Burgund oder den angrenzenden Gebieten haben«. -- In seinem Büchlein über das Kloster Unser Lieben Frauen in Magdeburg, das im großen und ganzen nur eine Verarbeitung und Zusammenfassung der bisher erschienenen reichen Literatur darstellt, schildert K. Weidel ( 2101) die Entwicklung dieser für die Kirchengeschichte des deutschen Ostens bedeutenden geistlichen Stiftung, die vor allem innerhalb der sächsischen Zirkarie des Prämonstratenserordens eine große Rolle gespielt hat. Das Hauptgewicht der Darstellung ruht auf der Zeit nach der Umwandlung des Klosters in das noch heute bestehende Pädagogium. Ein Überblick über die Baugeschichte ist von H. Kunze beigesteuert.

Von der Reformation in Nordhausen versucht G. Schmidt ( 2401) in seiner Dissertation auf Grund der Archivalien des Nordhäuser Stadtarchivs ein Bild zu zeichnen. Ausgehend von den allerdings sehr breit behandelten vorreformatorischen Verhältnissen berichtet Verfasser über die Einführung der neuen Lehre, die schon 1522 in Lorenz Süße ihren ersten Verkünder fand, und über den Bauernkrieg, von dessen verheerender Wirkung Nordhausen jedoch durch den Sieg der Fürsten bei Frankenhausen verschont blieb. Beachtenswert sind die interessanten Ausführungen über den eigentlichen Reformator Nordhausens, den bereits 1524 aus Stolberg an die Blasiikirche berufenen Johannes Spangenberg (seit 1546 Generalsuperintendent der Grafschaft Mansfeld), und über den Stadtschreiber und späteren Bürgermeister Michael Meyenburg, den Freund Luthers und eifrigen Förderer der Reformation. -- O. Clemen ( 2400) veröffentlicht 5 Briefe (1527--30) des aus Henneberg stammenden Georgius Crinner, der wahrscheinlich Kantor an der neuen evangelischen Johannesschule in Magdeburg war, an den Zwickauer Ratsschreiber Roth. -- Wertvolle Nachrichten zur Lebensgeschichte Kaspar Aquilas, des ersten Saalfelder Superintendenten, wie überhaupt zur allgemeinen Reformationsgeschichte bringt W. Dersch ( 2402) für den Zeitraum von 1548--52 bei. Eingehend wird der Aufenthalt des 1548 aus Saalfeld vertriebenen Aquila in Untermaßfeld und Schmalkalden, wo er als Stiftspfarrer tätig war, geschildert. Groß war sein Einfluß auf seinen Landesherrn, den Grafen Georg Ernst von Henneberg, der ihn in seinem Streit mit dem Hennebergischen Superintendenten Bartholomeus Wolfhart in Schutz nahm. 1552 ging Aquila wieder nach Saalfeld zurück, und an seine Stelle trat Christoph Fischer, der, 1555 zum Superintendenten der ganzen Herrschaft bestellt, im selben Jahre die erste Kirchenvisitation veranstaltete. Als Anhang sind einige Briefe (1549--59) Aquilas, Justus Jonas' und der Grafen von Henneberg beigegeben. -- Ein kulturgeschichtliches Bild aus der Reformationszeit zeichnet E. Wollesen ( 2403), der aus dem Naumburg- Zeitzer Gebrechenbuch Nachrichten über die Zustände dieses Stifts in der Mitte des 16. Jahrhunderts und über das Leben der dortigen Stiftsgeistlichen zusammenstellt. -- Weitere Mitteilungen über die kirchlichen Zustände in den einzelnen Gemeinden finden sich in reichem Maße in den Kirchenbüchern. Es ist daher zu begrüßen, daß E. Machholz ( 461) diese nicht nur genealogischen Zwecken dienende Quelle einem weiteren Kreise durch sein Verzeichnis der Kirchenbücher der evangelischen Kirchen in der Provinz Sachsen aufgeschlossen hat.


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