Allgemeines.

Ich beginne mit einem Hinweis auf die etwas lückenhafte Bibliographie E. Wallners ( 379), betreffend die Neuerscheinungen seit 1922. Ganz umfassend stellt H. Jensen ( 381) die Geschichte der Schrift dar. Jeder wird aus diesem großangelegten und gelehrten Werk vielerlei Anregungen schöpfen. Zu bedauern bleibt aber, daß gerade der Abschnitt, welcher von der lateinischen Schrift handelt, besonders kurz ausgefallen ist, dazu sich wesentlich noch auf Wattenbach stützt, während z. B. der Paragraph über die Runen ausführlicher gehalten ist, auch die moderne Forschung besser berücksichtigt. Eine brauchbarere Übersicht über die Entwicklung der lateinischen Schrift, wenngleich ohne selbständige Forschung, bietet G. M. Sunyol ( 410) als Anhang zu seiner Paleografia musical (vgl. über sie die sehr anerkennende Besprechung in der Revue Gregorienne XI, 231). Um unsere heutigen Verhältnisse historisch zu erklären, skizziert K. Brandi ( 382) mit raschen, klaren Strichen den Weg, welchen die abendländische Schrift von ihren Anfängen bis zur Gegenwart zurückgelegt hat, und bringt dabei wertvolle Bemerkungen zur Morphologie einzelner Buchstaben. Eine ähnliche, wenn auch zeitlich begrenztere Zusammenschau versucht A. Hessel ( 380), indem er sein Augenmerk den drei großen Gruppen, Buch-, Bedarfs- und Urkundenschrift, und ihren wechselseitigen Beziehungen zuwendet. Auf einen noch kürzeren Zeitraum beschränkt sich P. Lehmanns ( 385) Beitrag zur Einleitung in die Altertumswissenschaft. Mit Rücksicht auf den Zweck des Handbuchs wird die Entwicklung der lateinischen Schrift nämlich nur bis zur karolingischen Reform verfolgt und die Verbindungslinie nach rückwärts eben angedeutet, in der Hauptsache auch bloß die Buchschrift in Betracht gezogen. Doch davon abgesehen, hat uns L. einen willkommenen Ersatz für den gerade in diesen Partien veralteten Bretholzschen Grundriß geboten, indem er mit reichen Literatur-Zitaten und Faksimile-Anführungen die neuen Forschungsergebnisse übersichtlich und kritisch zusammenstellt. (Nicht befreunden kann ich mich mit einigen Wortbildungen wie: minuskulös, Kursivierung, Entmajuskelung.) Am Schluß dieses Abschnittes sind noch zwei unbefriedigende Arbeiten zu nennen: Aus dem Nachlaß von E. Seckel ( 407) hat man zu den mittelalterlichen Abkürzungen Notizen herausgegeben, welche nicht einmal dem


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Benutzer juristischer Handschriften wesentliche Dienste leisten können, höchstens zeigen, wie wenig der große Gelehrte sich um die modernen Errungenschaften der Paläographie bekümmert hat. M. H. Maxwell Lyte ( 388) macht einige Bemerkungen zum Gebrauch des u und des v, scheint sich aber weder über Ursprung noch Entwicklung beider Buchstaben im klaren zu sein.


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