II. Gesamtdarstellungen.

W. Dersch ( 294) hat vier Vorlesungen, die er im Rahmen des 13. Kursus der wissenschaftlichen Vorlesungen für Lehrer und Lehrerinnen zu Marburg im Jahre 1922 gehalten hat, zu einem Buche: »Oberhessische Heimatgeschichte« zusammengefaßt. Im Titel ist die räumliche Umgrenzung des behandelten Gebiets bezeichnet. Derschs Absicht war, ausgehend vom Heimatgedanken, dem Heimatforscher ein Führer zu sein, ihn mit den Quellen, den Hilfsmitteln und dem weiten Stoffgebiet der Heimatgeschichte selbst vertraut zu machen. Das ist ihm auch dank seinem innigen Verwachsensein mit dem Stoff, seiner wissenschaftlichen Gründlichkeit und gesunden Kritik bestens gelungen. Darüber hinaus bietet er in den drei Teilen des Buches (Einführung und Quellenkunde, Politische und Territorialgeschichte und Kulturgeschichte) ein Hilfsmittel, zu dem jeder Forscher der hessischen Geschichte mit großem Nutzen greifen wird, hat doch Dersch auch großen Wert auf die Mitteilung von Literaturangaben gelegt. Besondere Bedeutung ist dem Abschnitt über die Entwicklung der hessischen Geschichtsforschung und Geschichtschreibung vom 15. bis zum 20. Jahrhundert beizumessen, der über


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H. B. Wencks Abhandlung von den hessischen Quellen im 1. Band der Hessischen Landesgeschichte hinaus zum erstenmal eine Gesamtdarstellung der hessischen Historiographie bietet. Über die politische und Territorialgeschichte gibt Dersch bei aller absichtlichen Knappheit einen alles Wesentliche erschöpfenden Überblick. Besondere Liebe aber hat der Verfasser auf die Erarbeitung des Abschnittes über die Kulturgeschichte verwandt, unter der er das gesamte geschichtliche Leben, wie es sich außerhalb der politischen Geschichte abspielt, begreift. Hier galt es auch, die meiste eigene Arbeit zu leisten. --Derselbe Verfasser gibt in einem Vortrag einen umfassenden Überblick über die geschichtliche Vergangenheit des oberhessischen Städtchens Kirchhain ( 297). Den künftigen Bearbeiter der Stadtgeschichte hat er sich durch die Beifügung eines sorgfältig gearbeiteten, nichts übersehenden Verzeichnisses der Archivalien und der Literatur zu größtem Dank verpflichtet.

K. A. Eckhardt ( 300) hat den Schwerpunkt seiner durch das Stadtjubiläum Witzenhausens veranlaßten Festschrift in die Behandlung der älteren Stadtgeschichte gelegt. Er wendet sich hier mit seinen Untersuchungen über die Zugehörigkeit der Landschaft zum thüringischen Gau Eichsfeld und kirchlichen Sprengel Heiligenstadt an die wissenschaftliche Welt. Die Wahl des Ortes für die 1225 erfolgte Stadtgründung führt er mit Recht auf seine Lage an der Werrafurt und den sich hier kreuzenden Straßenzügen zurück. Da sich seine Darstellung leider nur auf die politische Geschichte des nie zu besonderer Bedeutung gelangten Städtchens beschränkt, ist sie für die späteren Jahrhunderte von einer gewissen Dürftigkeit. In glücklicher Weise findet sie ihre Ergänzung in der Festrede Edward Schröders ( 301), die ein Bild der Stadtgeschichte von einer Vollständigkeit, Abrundung und Unmittelbarkeit vorführt, wie es nur ein Gelehrter geben kann, der wie Schröder in Treue mit seiner Heimat verbunden ist. Der Jubelfeier der Stadt Fritzlar verdankt die 1841 erschienene Geschichte Fritzlars des kurhessischen Archivars N. Falckenheiner ( 298) einen unveränderten Neudruck. An seiner Stelle hätte man aber trotz des unbestrittenen Wertes des aus den Quellen erarbeiteten Werkes lieber eine Neubearbeitung gesehen. H. Brunner ( 299) verfolgt die Baugeschichte einer der schönsten Schöpfungen des Rokoko, des von Landgraf Wilhelm VIII. 1753 geschaffenen Lustschlosses Wilhelmstal, das in der Grotte eine Anlage besaß, die nach dem Urteil v. Drachs unter den fürstlichen Prunk- und Lustbauten des 18. Jahrhunderts in Deutschland einzig erschien. Auch das große Weltgeschehen ist an dem Schlosse nicht vorübergegangen (Schlacht bei Wilhelmstal 1762, Aufenthalt Jerômes).

Der von F. Dreher ( 295) verfaßte Führer durch die ehemalige Reichsstadt Friedberg i. H. vereint mit guter Ausstattung und flüssiger Darstellung einen wissenschaftlich wohlbegründeten Inhalt, aus dem der kurze Abriß der Geschichte Friedbergs, die Beschreibung der alten Reichsburg, der Liebfrauenkirche (Stadtkirche) und des Judenbades erwähnt sei. Prof. Dr. Blecher hat eine Beschreibung des Wetterauer Museums beigesteuert.


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