III. Historische Landeskunde.

In sehr vorsichtiger, aber doch überzeugender Weise bringt Georg Wolff ( 555) seine Beobachtungen über die örtliche Gruppierung der mit -heim zusammengesetzten Ortsnamen der Wetterau als ein Hilfsmittel zur Kenntnis, das fränkische Königsgut in seiner


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ursprünglichen Ausdehnung in der Wetterau festzustellen. Die -heim-Orte bezeichnen nach ihm die schon früh an verdiente Franken ausgegebenen und wenigstens in der älteren Periode nach ihnen benannten Teile des Königsguts, d. h. des den Franken von den die Römer ablösenden Alemannen überlassenen fiskalischen Gebiets der Römer. In der Dichte der -heim-Orte, besonders im Süden der Wetterau, in ihrem allmählichen Abnehmen nach dem Norden zu sieht Wolff einen Beweis für die intensivere fränkische Kolonisation des fruchtbaren Lößgebiets der Wetterau im Gegensatz zu der bloßen Einbeziehung der chattisch-hessischen und thüringischen Gebiete in ihr Reich. -- F. Pfaff ( 554) beschäftigt sich mit der Frage der Entstehung der hessischen Städte, sich aber auf den ihm besonders vertrauten Bezirk des hessischen Diemellandes beschränkend. Die herrschende Ansicht findet durch seine Untersuchungen ihre Bestätigung. Von den Städten der älteren bis in den Beginn des 13. Jahrhunderts reichenden Periode sind drei aus Höfen zu einer Marktsiedlung erwachsen, während nur eine (Wolfhagen) eine planmäßige Gründung als Festung aufzuweisen hat. Die Zeit des ausgehenden 13. Jahrhunderts, in der Hessen seine Herrschaft im Diemellande zu befestigen begann, sah nur planmäßige Gründungen zum Zweck der Sicherung bzw. Erweiterung der Rechte und Gebiete. Neben dem hessischen Landgrafen Heinrich I. traten noch als Gründer ein Angehöriger des Ritter- und des Dynastenstandes auf. Die jüngste Stadt Karlshafen verdankte ihre Gründung wirtschaftlichen Erwägungen des Landgrafen Karl, der hier 1699 Hugenotten und Waldenser ansiedelte.

Die Arbeiten zum geschichtlichen Atlas von Hessen und Nassau, dem von Prof. E. E. Stengel geleiteten, rüstig fortschreitenden jüngsten Unternehmen der Historischen Kommissionen für Hessen und Waldeck und für Nassau, werden eröffnet durch die Untersuchungen Klibanskys ( 553) über die in das hessische Gebiet eingesprengten mainzischen Ämter, die einzigen Ergebnisse einer ursprünglich auf die Schaffung eines geschlossenen Territoriums hinstrebenden Mainzer Politik. Klibansky hält sich streng an den Titel seiner Arbeit. Während er alle Verfassungs- und Verwaltungsfragen einem besonderen Bearbeiter überlassen hat, erörtert er lediglich die territoriale Bildung der vier Ämter Amöneburg, Neustadt, Fritzlar und Naumburg und untersucht ihre Grenzgestaltung. Die Bildung der Ämter hat ihren Ausgangspunkt von den Städten und Burgen genommen, die ihnen den Namen gegeben haben und von denen Fritzlar vermutlich im 11. Jahrhundert in Mainzer Besitz gekommen, Amöneburg als Verwaltungssitz im 12. Jahrhundert bekannt ist, Naumburg 1274 und Neustadt 1294 erworben sind. Da die Amtsgrenzen nach Kl. mit den heutigen Gemarkungsgrenzen zusammenfallen, konnte er für seine Karte, die die topographische Entwicklung vom 14. Jahrhundert ab veranschaulichen soll, die historisch-statistischen Grundkarten benutzen. Für die Grenzentwicklung kommt er zu dem Ergebnis, daß sie mit Ausnahme von Amöneburg und Neustadt, wo die Grenze erst 1756 ihre endgültige Gestalt erhielt, im 16. Jahrhundert bereits abgeschlossen ist. Klibanskys Untersuchungen sind mit Scharfsinn und Gründlichkeit durchgeführt, wenn ihm auch die im Laufe der weiteren Arbeiten verfeinerte Methode noch nicht zu Gebote stand; ihm ist eine gewisse archivalische Findigkeit zustatten gekommen, die sich ganz besonders durch die Entdeckung von Amöneburger Kellereiakten des 14. Jahrhunderts im Staatsarchiv zu Würzburg belohnt gemacht hat.


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