VII. Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte.

Hallermann ( 1616) kommt, indem er die Entwicklung der Erbleihe in Westfalen auf Grund großenteils ungedruckter, bisher von der rechtsgeschichtlichen Forschung nicht verwerteter Quellen verfolgt, zu dem Ergebnis, daß die Erbleihe (Leihe zu Weichbildrecht) die rechtliche Grundlage für die Besiedlung der sämtlichen Städte Westfalens (außer Dortmund) gebildet, und daß ein Unterschied zwischen privater Erbleihe und Gründerleihe, wie ihn Rietschel konstruiert hat, nicht bestand. --Koberg ( 1679) behandelt Grundbesitzverhältnisse, Ständegliederung, Landesverwaltung und Gerichtswesen des 1444 zum kölnischen Herzogtum Westfalen gekommenen Gebiets der 1368 ausgestorbenen Edelherren von Bilstein; bemerkenswert ist die Rolle, die dort, ähnlich wie in den benachbarten Teilen der Grafschaft Mark, die »Freien« spielen, und ihre Vertretung in dem Institut der »Setzgenossen«. -- Das Buch von Seeger ( 1832) (im Druck erschienen 1926) bietet eine ungemein fleißige, reichhaltige Stoffsammlung über Märkte- und Städtewesen, Verkehrseinrichtungen und Handelsbeziehungen, Handelsgegenstände und gewerbliche Erzeugnisse, über Sitze und Träger von Handel, Gewerbe und Verkehr im mittelalterlichen Westfalen. Aus dem darauf sich aufbauenden Gesamtbild sind als Hauptzüge hervorzuheben die weittragende Bedeutung des ursprünglichen, heimischen Landgewerbes für die


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spätere Entwicklung des Gewerbes wie des Lokal- und Fernhandels, der stark hervortretende Zusammenhang der meisten städtischen Siedlungen mit früheren dörflichen, das Vorwiegen gewerblicher Elemente, namentlich der Lebensmittelgewerbe, in den Städten gegenüber dem nur in einer Anzahl von Plätzen vorherrschenden Kaufmannsstand, der außerordentliche Anteil Westfalens am Ostseehandel. --Murdfield ( 306) sucht, mit Unrecht, den Anfang der Salzgewinnung in Bentlage bis ins 11. Jahrhundert zurückzuverlegen. Die frühesten Nachrichten darüber gehören erst dem 15. Jahrhundert an. Die (jetzt stillgelegte) Saline ist 1603 gegründet, bald genug in Verfall geraten und 1741 in Form einer »Münsterschen Salinensozietät« neu erstanden. Unter preußischer Hoheit hat sie es zeitweilig zu höchster Entfaltung ihrer Leistungsfähigkeit gebracht, verfiel dann aber nach der Aufhebung des Salzmonopols dem Niedergang. -- Den Übergang von mittelalterlich gebundenen Wirtschaftsformen zur gewerblichen Freiheit in der Siegerländer Eisenindustrie stellt die Arbeit von Kühn ( 1901) dar. Jene, festgelegt in der Hütten- und Hammerordnung von 1830, haben bis zu deren Aufhebung im Jahre 1873 in dem kleinen Gebiet des alten Fürstentums Siegen den Produktionsprozeß beherrscht. Während es dabei den Hüttenwerken, namentlich seit Herstellung einer Eisenbahnverbindung mit dem Ruhrkohlengebiet, gelang, einigermaßen Schritt mit der allgemeinen Entwicklung zu halten, verfielen die Hammerwerke dem Ruin. -- Dem 19. Jahrhundert verdankt, wie Lenz ( 1737) zeigt, die blühende Dortmunder Brauindustrie ihren Aufschwung. Er geht von der Einführung des bayerischen Brauverfahrens im Jahre 1846 aus; mit dem von Lenz ebenfalls ausführlich geschilderten bedeutenden mittelalterlichen Brauwesen der Stadt besteht kein Zusammenhang.(J. Bauermann.)


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