II. Historische Geographie.

In vier Vorträgen hat der Begründer des Instituts für geschichtliche Landeskunde der Rheinprovinz H. Aubin ( 520) sich über eine Reihe Grundfragen ausgesprochen, um die Grundlagen, Wege, Ziele und den Wert der Arbeiten dieses Instituts zu kennzeichnen. Im ersten gibt er einen umfassenden Überblick über das bisher auf dem kartographischen Gebiet hier Geleistete. Mit Recht kann er darauf hinweisen, wie durch das Verdienst der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde und durch die hingebende Arbeit von Wilhelm Fabricius der historische Atlas der Rheinprovinz beispielgebend für andere Landschaften geworden ist. Aber es ist auch gerade Aubins Verdienst, innerhalb der Gesellschaft unermüdlich darauf hingewirkt zu haben, die Aufgaben des Atlas der Kulturgeographie zuzuwenden, und hier liegen als Ergebnis schon die Karten der römischen Straßen und des Reichsguts vor. Wie sich hier die Arbeiten noch weiter zu entfalten haben, wird in der Aubin eignen, klaren und bestimmten Weise auseinandergesetzt. Ganz allgemein zeigt der zweite Vortrag die Aufgaben und Wege der geschichtlichen Landeskunde, um der neuen Richtung zu dienen, welche die Geschichtswissenschaft zur Kulturgeschichte in weitestem Sinne, wesentlich nach Lamprechts Vorgang, gewonnen hat. Daß hier gerade auch die Arbeiten der Dialektgeographie stark betont werden, ist verständlich. Mit dem dritten Vortrag »Die geschichtliche Stellung der Eifel« bietet Aubin ein Beispiel für die Gesamtbetrachtung einer Landschaft, um dann im vierten »Heimat und Volksbildung« sich allgemein über die Bildungswerte der Heimatgeschichte zu äußern. Alle diese von Aubin berührten Fragen erscheinen gerade heute, da ein frischer Zug von Heimatsinn durch das rheinische Volk geht, außerordentlich bedeutungsvoll und darum auch die Arbeiten jenes Instituts aussichtsreich. Es wird vor allem immer darauf ankommen, Aubins Forderung zu erfüllen, das Lokalgeschichtliche so zu behandeln, »daß es aus der lokalen und individuellen Behandlung zur typischen erhoben wird«.

Was hier zum Teil noch als Zukunftsmusik erschien, das findet in K. Schumachers Meisterwerk ( 546) Erfüllung: eine Verbindung der geschichtlichen mit der archäologischen und Ortsnamenforschung. Wir entnehmen aus seiner Darstellung u. a., daß die Straßen der Merowinger- und Karolingerzeit noch kaum untersucht sind, mit denen die Befestigungen aufs engste zusammenhängen. Ebenso bleiben manche Siedlungsprobleme noch ungelöst. Gerade auf dem Gebiet der Dorfanlagen usw. scheinen zwischen den beiden Rheinufern große Unterschiede zu herrschen. Die Ausführungen über die Gründung der Klöster und die Lage der Dorfkirchen im Verhältnis zum Herrenhof und den Bauerhöfen erscheinen noch revisionsbedürftig.


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