VI. Kirchen- und Kirchenverfassungsgeschichte.

An grundlegenden Arbeiten über die ältere Geschichte der rheinischen Erzstifter hat es im Berichtsjahre gefehlt. Immerhin sind eine Reihe Einzelschriften und Aufsätze erschienen, die Beachtenswertes bieten. Dem Bestreben des Trierer Erzbischofs, den Primat über das belgische Gallien und damit über Reims zu erlangen, liegt, wie G. Kentenich im Trierer Heimatbuch ( 275) nachweist,


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die Trierer Gründungssage von Trebeta, dem Sohn der Semiramis, zugrunde. Im Codex Udalrici von 1125 wird die Trebeta-Inschrift zuerst überliefert. -- Dem Kölner Erzbischof Engelbert I. von Berg, dem Heiligen, widmet H. Foerster ( 2028a) eine populär geschriebene Biographie. Es ist ihm gut gelungen, das innere Wachstum dieses bedeutenden Kirchenfürsten und Politikers herauszuarbeiten. Bei der Schilderung seiner Ermordung hält er sich allzu streng an die psychologisch vielfach anfechtbare Darstellung des Caesarius von Heisterbach und wandelt dabei ganz in den Bahnen Fickers. -- Für einzelne Stifter und Klöster liegen manche Arbeiten vor, die auch für das Allgemeine nicht ohne Ertrag sind. -- G. J. Schorn ( 2085) will auf Grund archivalischer Studien ein Bild des ältesten Mainzer Kollegiatstifts, seines Werdens und Wirkens sowie seines inneren Aufbaues geben. Er bietet eine ganz übersichtliche populäre Darstellung, die freilich wenig individuelle Züge aufzeigen kann. -- A. Bach ( 2088) behandelt zunächst die Grundherrschaft des Koblenzer St. Kastorstifts in Ems, die schon um das Jahr 1000 bestanden haben wird, an der Hand eines hier veröffentlichten Weistums des 14. oder 15. Jahrhunderts, sowie die Vogtei der Grafen von Nassau. Seine weiteren Ausführungen gelten dem Umfang des alten Kirchspiels Ems, der Ausübung des Patronats durch das Kastorstift und dem Umfang der Zehntverpflichtung. Die Arbeit schließt mit einem Überblick über die Geschichte des stiftischen Besitzes in Ems. -- F. Baix ( 2089) bietet den ersten Band einer Geschichte der Reichsabtei Stablo-Malmedy, an der es bisher trotz der grundlegenden Arbeiten von J. Halkin fehlte. Er führt sie bis zum Regierungsantritt des Abts Poppo ( 1021) und berücksichtigt dabei sowohl die äußeren Schicksale wie die wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse der Abtei, nicht minder die künstlerische und literarische Tätigkeit ihrer Insassen. -- Als 3. Teil der Werdener Geschichtsquellen veröffentlicht Otto Schantz (Werden 1925) Bernhard Roskamps Katalog nach der Originalhandschrift. Er ist besonders für die Zeit nach der Reformation des Klosters Werden wertvoll. Jeder Novize wird hier gleich bei seinem Eintritt nach Namen, Herkunft, Geburt eingetragen. Dann folgen die Daten der Einkleidung, Profeßleistung, der verschiedenen Weihen und der Übertragung einzelner Ämter und Würden. So bietet er einen guten Einblick in die inneren Verhältnisse.

Für die Reformationszeit ist das Ergebnis im Berichtsjahr merkwürdig mager. Hier ist im wesentlichen die Arbeit von H. Foerster ( 2224) zu nennen. Er schildert die Wechselwirkung zwischen geistlicher und weltlicher Politik bei der Durchführung der formula reformationis Kaiser Karls V. vom 9. Juli 1548 und die Verhandlungen der Kölner Diözesansynode vom Frühjahr 1549 über die Ausführung der einzelnen Bestimmungen jener formula, gegen die allerhand Bedenken laut wurden. Ein Sammelband der Pariser Nationalbibliothek mit den Protokollen des Kölner Provinzialkonzils bot dem Verfasser die willkommene Basis für seine Arbeit. -- Für die Zeit der Gegenreformation verdienen die Arbeiten von P. Holt ( 2226) über Surius und von Th. Paas ( 2225) erwähnt zu werden. Letzterer schildert unter Grundlegung der Steinfelder Akten im Düsseldorfer Staatsarchiv die von den Prämonstratenseräbten im Anfang des 17. Jahrhunderts ausgehende Gründung des Seminarium Norbertinum in Köln und die weitere Geschichte dieser Bildungsanstalt, die eben speziell der Gegenreformation dienen sollte.


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Für die katholische Kirchengeschichte der Neuzeit kommt außer dem umfangreichen Werk von H. Schrörs ( 2184), das bezeichnende Lichter auf mancherlei Vorgänge im rheinischen Kirchenleben wirft, das mehr populär gehaltene Lebensbild des Bischofs Korum von J. Treitz ( 2223) in Betracht.

Auch für das Gebiet der evangelischen Kirchengeschichte fehlt es an größeren Arbeiten. Einzelne Untersuchungen sollen indes hier erwähnt werden. H. Grün ( 2360) zeigt, ausgehend von der Verfassung der Nassau-Oranischen Landeskirche im 16. Jahrhundert, daß die Verfassung im 18. Jahrhundert, nachdem katholische Gebietsteile mit dem Gesamtstaat verschmolzen waren, in ihrer obersten Spitze nicht nach reformierten Grundsätzen geordnet war. Die Kirchenregierung war ein Teil der Staatsregierung geworden. Trotz des jus reformandi des Landesherrn blieb in den katholischen Landesteilen der alte Bekenntnisstand gewahrt. Aber gleichzeitig wahrte sich auch der Landesherr seine Hoheitsrechte in bezug auf die Aufsicht über Klöster usw. Ebenso tolerant wie gegen die Katholischen war er auch gegen die Lutheraner. Diese Toleranz des Aufklärungszeitalters verwischt mehr und mehr den Unterschied der beiden evangelischen Konfessionen und drängt von selbst auf eine Union, die tatsächlich Nassau 1817 zuerst durchgeführt hat. -- Über die Union der beiden evangelischen Kirchen liegt uns eine Spezialuntersuchung für Düsseldorf vor von Euler (die Vereinigung der reformierten und lutherischen Gemeinden in Düsseldorf 1817--25. Festsch. z. Feier der hundertjährigen Wiederkehr. Düsseldorf 1925. 72 S.). Die hier abgedruckten Konsistorialordnungen gewähren den besten Einblick in die Arbeitsweise der reformierten und lutherischen Kirchenvertretung.


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