V. Rechts- und Verfassungsgeschichte.

Aus dem Gebiet der allgemeinen Rechts- und Verfassungsgeschichte des Landes sind zunächst die Untersuchungen K. O. Müllers über Entstehungszeit und Verfasserschaft der alten Ordnung des Rottweiler Hofgerichts zu nennen ( 1603), durch die er, angeregt durch eine Besprechung K. Stenzels, die von ihm und H. Glitsch besorgte Ausgabe dieser Ordnung ergänzt. Wichtig ist, daß er die Verfasserschaft mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit dem Hofgerichtsschreiber Meister Jos von Pfullendorf zuweisen kann. Die geschichtliche Entwicklung des württembergischen Lehnrechts untersucht Eitel Albrecht Schad von Mittelbiberach ( 1605b). Von besonderem geschichtlichen Interesse sind die eingehenden Darlegungen über das noch heute bestehende, in der württembergischen Rechtsliteratur durch seine Zersplitterung in 113 Anteile berühmte Kunkellehen Balzheim, das ursprünglich in den Händen der Ulmer Familien Krafft und Ehinger, heute zahlreiche andere Adelsfamilien (besonders Ulmer Ursprungs) und auch Bürgerliche unter seinen Teilbesitzern zählt. Angeregt durch die staatsrechtlichen Auseinandersetzungen der allerletzten Zeit verfolgt E. Locher ( 1675) die Entwicklung des württembergischen Hofkammerguts von den ersten Anfängen an, die er in den dem Herzogtum nicht inkorporierten, unter Eberhard III. im 17. Jahrhundert zum sogenannten »Kammerschreibergut« zusammengefaßten herzoglichen Neuerwerbungen findet. Seine Entstehung erklärt er mit Recht in erster Linie aus dem in der Württembergischen Landesverwaltung besonders zäh fortlebenden Dualismus zwischen Herzog und Landständen und aus dem Bestreben der Herzoge, für ihre und ihres Hauses private Bedürfnisse, über ein vor den Eingriffen der Landstände sicheres und von den Schulden der Landesregierung nicht belastetes Familiengut zu verfügen; daneben spielt wohl auch die Fürsorge für die Deszendenz in weiblicher Linie mit für den Fall, daß mit dem Aussterben der männlichen Linie die vertraglich festgelegte Erbnachfolge des Hauses Habsburg in Kraft getreten wäre. Den von König Friedrich in die Wege geleiteten Ausbau Württembergs zu einem festgefügten, neuzeitlich geordneten Staatswesen mit starker Zentralgewalt, der infolge des starken Fortlebens des ständischen Gedankens in Württemberg im Vergleich zu anderen deutschen Ländern seine eigenartigen Probleme aufweist, verfolgt unter Heranziehung der noch nicht verwerteten Geheimratsakten Philipp Albrecht von Württemberg ( 1674a) an der Hand des zentralen Problems der Trennung von Justiz und Verwaltung. Die überragende Bedeutung des Königs, der auch in dieser Frage die Grundlagen für die weitere Entwicklung geschaffen hat, tritt aufs neue hervor.


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