I. Historische Landeskunde.

Zur Siedlungsgeschichte Niederbayerns liegen zwei Arbeiten vor. W. Fink ( 537a) macht das Gebiet zwischen Donau und Schwarzem Regen bis 1200 zum Gegenstand seiner Forschungen. Als älteste Siedlungen -- Sippensiedlungen -- sind die -ing-Orte anzusehen. Auf die durch Rodung gewonnenen Wohnplätze (-kofen-Orte) folgen die karolingischen Siedlungen (Ortsnamen auf -dorf endigend). Die 4. Schicht sind die vom Hochstift Regensburg aus gegründeten -zell-Orte. In die Zeit vor 1200 gehören auch noch die mit -ried zusammengesetzten Ortsnamen, die auf ritterliche Siedlungen zurückgehen. -- Aus Quellen des 12. bis 18. Jahrhunderts und unter Benutzung der einschlägigen Literatur stellt W. Schmidt ( 670) die Ortsnamen des Bezirksamtes Viechtach zusammen. Ihr frühestes Vorkommen und die ältesten Namensformen werden angeführt und gedeutet. -- Die äußerst sorgfältige Arbeit von R. Dertsch ( 537) über die Besiedlung des östlichen bayerischen Mittelschwaben kommt zu dem Ergebnis, daß die noch markgenossenschaftlich organisierten Alamannen um 500 n. Chr. von dem Gebiet Besitz ergriffen. Die ältesten Siedlungen sind die -ingen-Orte, dann folgen die -heim-, älteren -hofen- und die -hausen-Orte. Seit 536 läßt sich fränkischer Einfluß nachweisen. Im 9. Jahrhundert war das Gebiet in seinen Grundzügen besiedelt. Nach einer zweiten Rodeperiode im 11. bis 13. Jahrhundert setzt


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eine rückläufige Bewegung ein, wobei von etwa 300 Ortsnamen hundert wieder verschwinden. Dagegen hat der Dreißigjährige Krieg keinen einzigen Ort dauernd verwüstet. -- Die Annahme, daß das Gebiet von Nürnberg stark von slawischen Elementen durchsetzt sei, widerlegt mit guten Gründen E. Reicke ( 702) in seinem auf der Erlanger Philologenversammlung gehaltenen Vortrag. Slawische Ortsnamen fehlen ganz. Auch die gewöhnlich für slawisch gehaltenen Flußnamen wie Pegnitz, Rednitz sind nicht slawisch, sondern lassen sich ähnlich erklären wie Kostnitz (Nebenform zu Konstanz). Die früher als slawisch angesehene Bauart einzelner Bauernhäuser (sog. Wendenhäuser) stellt eine Übergangsform des fränkischen Hauses dar. Sprache und Siedlungsgeschichte der Nürnberger Gegend weisen vielmehr auf Bayern hin, und zwar erfolgte die erste Einwanderung in das Gebiet bereits in der Agilolfinger Zeit vom Nordgau aus. Das fränkische Element tritt erst unter Konrad II. und Heinrich III., in deren Regierungszeit die Anlage eines Königshofes fällt, stärker in die Erscheinung. Verfasser spricht vom oberpfälzischen Charakter der nürnbergischen Metropole. -- In die zwischen Krusch-Strecker einerseits und Schwind andererseits schwebende Kontroverse über die Schreibung des alten Stammesnamen der Bayern greift Rudolf Much ( 802) ein. Er lehnt, wie schon in einem früheren Aufsatz, aus sprachlichen Gründen die Form Bajuvarii ab und spricht sich für die Schreibung Baiwarii aus. Er will daneben nur noch die Form Baiovarii gelten lassen.


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