IV. Recht und Verfassung.

Zur Rechts- und Verfassungsgeschichte des Hochstifts Bamberg sind drei Arbeiten zu verzeichnen. Die Dissertation von Adam Reichert ( 539) geht der Frage nach, wie aus den ursprünglich unzusammenhängenden, über weite Teile Süddeutschlands (Franken, Bayern, Steiermark, Kärnten) zerstreuten Besitzungen der Bamberger Kirche allmählich ein geschlossenes Territorium entstand. Die Grundlage bildete der Grundbesitz in Franken, den die Bischöfe dank reicher Schenkungen sowie durch Kauf und Tausch abzurunden verstanden. Dazu kamen die in den Grafschaften (Saalegau,


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Grabfeldgau, Volkfeld und Radentzgau) und über die Eigenkirchen ausgeübten Hoheitsrechte. -- Die Stadt Bamberg ist aus ursprünglich vollständig getrennten Bezirken, dem castrum und dem forum, entstanden. Die frühere Siedlung, das castrum, geht auf Heinrich II. zurück. Hier lag der Dom und die bischöfliche Residenz. Dieser Stadtteil, dessen Bewohner fast keine politischen Rechte besaßen, führte später auch den Namen immunitas. Das forum Bamberg (auch civitas genannt) wird erstmals 1062 erwähnt. Hier siedelte sich eine handeltreibende Bevölkerung an, die ihre Freiheiten zu wahren wußte, auch nachdem das Gebiet im 12. Jahrhundert in den Besitz des Bischofs übergegangen war. W. Neukam ( 1592), der diese Verhältnisse klarlegt, weist nach, daß in Bamberg ein Zusammenhang zwischen dem in der Stadt geltenden Recht (ius civile) und dem ius forense (dem Recht, Handel zu treiben) sich nicht nachweisen läßt, und daß daher die von Sohm vertretene Ansicht, daß das Stadtrecht aus dem Marktrecht entstanden sei, für Bamberg nicht zutrifft. -- Mit einer eigenartigen verfassungsrechtlichen Institution, die im Hochstift Bamberg bis zum Ausgang des alten Reichs bestand, befaßt sich die Arbeit von F. Grünbeck ( 1593). Dort hatten die vier weltlichen Kurfürsten die obersten Stiftsämter inne. Verfasser gibt einen Überblick über die historische und rechtsgeschichtliche Literatur, die sich in früheren Jahrhunderten viel mit dieser merkwürdigen Einrichtung befaßte, und kommt dann auf Grund eines reichen Urkundenmaterials zu dem Ergebnis, daß sich die Frage nach der Entstehung der obersten Bamberger Erbämter nicht lösen läßt, daß aber jedenfalls eine Einsetzung durch Kaiser Heinrich II. nicht in Frage kommt. Die Ämter haben sich wahrscheinlich nach und nach herausgebildet. Dem obersten Truchseßamt, das zu Beginn des 13. Jahrhunderts entstand, folgte im 14. Jahrhundert das Marschall- und Kämmereramt, im 15. Jahrhundert das oberste Schenkenamt. Die Frage nach den zu den einzelnen Ämtern gehörigen Lehenstücken kann auf Grund des vorliegenden Quellenmaterials nicht restlos gelöst werden.

In der vielverhandelten Frage nach der Entstehung des Patriziats in den deutschen Reichsstädten stehen sich bekanntlich zwei Theorien schroff gegenüber. Sombart behauptet, daß die Patrizier ursprünglich Grundbesitzer (Ministeriale) waren, die, durch Steigerung der Grundrente reich geworden, später ihr Geld im Handel anlegten. Der Handel habe im Mittelalter nur handwerksmäßigen Charakter gehabt und habe nur geringen Gewinn abgeworfen. Demgegenüber stellt Below die These auf, daß das Patriziat aus den handeltreibenden Kreisen hervorgegangen sei. Julie Meyer ( 1594), die die Vorgänge in Nürnberg untersucht, stellt fest, daß für diese Stadt die von Strieder und Häpke vertretene vermittelnde Theorie gilt. Bei der Bildung des Nürnberger Patriziats waren Ministeriale in geringer Zahl beteiligt, die aber ihr Vermögen nicht der Akkumulation der Grundrente verdanken. Die Mehrzahl der Patrizierfamilien ging aus den Reichen der Stadt hervor, die ihren Reichtum durch den in Nürnberg sehr beträchtlichen Handel erworben haben. --

Die Dissertation von Osw. Rech ( 1069), die sich mit der französischen Verwaltung in der Rheinpfalz 1792--1814 beschäftigt, schildert in einem einleitenden Kapitel die Mißstände des Feudal- und Beamtenstaates Karl Philipps und Karl Theodors. Die Auswanderung in der Pfalz war am Ende des 18. Jahrhunderts die höchste von ganz Deutschland. Die französische Verwaltung von 1792--1800 war Aussaugungspolitik schlimmster Art und hat zusammen mit den


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Schrecknissen des Krieges zu einer Verwilderung von Land und Volk geführt. Erst durch die napoleonische Gesetzgebung und Verwaltung wurde die Rechtssicherheit und Rechtseinheit hergestellt. Die Bevölkerung empfand die französische Gesetzgebung, die bekanntlich auch auf das rechtsrheinische Deutschland weitgehenden Einfluß übte, als Wohltat. Nach der Befreiung der Pfalz ging die bayerische Regierung nur langsam und schonend an eine Revision der französischen Maßnahmen.

Die Ausbildung der wehrpflichtigen jungen Bürger im Nahkampf fand in Nürnberg im Mittelalter in privaten, vom Rat überwachten Fechtkursen (sog. Schirmschulen) statt. Gelegentlich stellte die Stadt selbst zu diesem Zweck waffenkundige Männer an, wie aus einem von A. Gümbel ( 902) mitgeteilten Vertrag aus dem Jahre 1479 hervorgeht, den der Rat mit drei St. Gallenern abschloß, die während ihrer Dienstzeit Nürnberger Bürger im Waffenhandwerk ausbilden sollten. -- Als sich im Krieg gegen Albrecht Alcibiades 1552 die Rüstung Nürnbergs als ungenügend herausstellte, gab der Rat der Stadt in den folgenden Jahren bei dem bekannten kaiserlichen Geschützgießer Gregor Löffler in Innsbruck eine größere Anzahl von Geschützen in Auftrag. Den darüber entstandenen Briefwechsel und die abgeschlossenen Verträge teilt A. Gümbel ( 955) aus Nürnberger Briefbüchern und anderen Archivalien im Wortlaut mit.

Von der Geschichte des kurpfälzischen Heeres, die im Rahmen der »Geschichte des Bayerischen Heeres« erscheint, legt Bezzel ( 983) den ersten Teil vor, der die äußere Geschichte und die Organisation der einzelnen Truppengattungen behandelt. Bei der Fülle der mitgeteilten Tatsachen kann auf Einzelheiten nicht eingegangen werden. Die pfälzischen Truppen hatten in der wechselreichen Geschichte der Pfalz vielfach Gelegenheit, sich auszuzeichnen. Es zeugt von der Fürsorge der pfälzischen Herrscher für ihr Heerwesen, daß dieses im Jahre 1777 in so gutem Zustand war, daß es in »Ausbildung, Uniformierung und in seiner Verwaltung« dem kurbayerischen Heere, mit dem es damals vereinigt wurde, als Muster dienen konnte.


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