VI. Kultur- und Bildungsgeschichte.

Mit der Geschichte des deutschen Schulwesens im 16. und 17. Jahrhundert befassen sich zwei Dissertationen. Aus der Arbeit von Soß ( 2599) geht hervor, daß in Regensburg früher als in anderen deutschen Städten die Trennung des deutschen vom lateinischen gelehrten Schulwesen durchgeführt wurde. In den Betrieb der deutschen Schulen gewährt die 1587 erlassene ausführliche Schulordnung Einblick, über


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deren historische und pädagogische Bedeutung sich der Verfasser eingehend verbreitet. Sehr willkommen ist das vom Verfasser beigebrachte biographische Material zur Geschichte der Regensburger Schulmeister. -- Im Gegensatz zu Regensburg und anderen Städten gab es in Nürnberg keine öffentlichen Schreib- und Rechenschulen. Der Unterricht in diesen Elementarfächern wurde von Privatunternehmern (Schreib- und Rechenmeistern, auch Modisten genannt) erteilt. Mit deren beruflicher Tätigkeit, ihrer sozialen und wirtschaftlichen Stellung befaßt sich die quellenmäßig reich belegte Arbeit von A. Jäger ( 1811). Diese Nürnberger Rechenmeister gehörten im allgemeinen nicht zu den wohlhabenden Kreisen, sondern hatten schwer mit dem Leben zu kämpfen, wie z. B. der vom Verfasser ausführlich behandelte Wolf Fugger zeigt, doch gehörten dem Stande auch hochangesehene Männer an; es sei nur erinnert an den berühmten Johann Neudörfer, den Begründer der deutschen Schönschreibkunst und der Nürnberger Kunstgeschichte.

Das mit Tafeln reich ausgestattete Buch Schottenlohers ( 104a) untersucht die Druckertätigkeit des Münchner Druckers Hans Schobser. Dank seiner umfassenden Kenntnis der Druckgeschichte des 16. Jahrhunderts kann der Verfasser der Werkstätte Schobsers eine Reihe von Werken zuweisen, die ohne Angabe des Druckers erschienen sind. Das Verzeichnis der aus Schobsers Presse hervorgegangenen Schriften umfaßt 95 Werke und 141 amtliche Verordnungen, Plakate usw., die Schobser im Auftrag der Regierung druckte. Im Anhang geht Verfasser einem Problem nach, das der Forschung bisher viele Rätsel aufgegeben hatte. Auf Grund eines bisher übersehenen Gerichtsprotokolls wird der wirkliche Verfasser und Drucker zweier Flugschriften festgestellt, die in der leidenschaftlich erregten Zeit vor Ausbruch des Bauernkrieges eschienen sind und als deren Drucker sich Johann Locher von München nennt. In Wirklichkeit sind die Schriften von dem Barfüßermönch Rott verfaßt und bei Jörg Gastel in Zwickau gedruckt. Rott gehörte, ebenso wie der bekannte Kettenbach, einem Geheimbund an, der zu Sickingen Beziehungen hatte. Verfasser vermutet sogar, daß die unter dem Namen Kettenbach gehenden reformatorischen Streitschriften den genannten Rott zum Verfasser haben. Die aufschlußreichen Untersuchungen werden der noch so viele Probleme in sich schließenden Flugschriftenforschung der Reformationszeit reiche Anregung geben.

Lippert ( 107) veröffentlicht ein Verzeichnis von Büchern, die zum Teil aus dem 1529 aufgehobenen Franziskanerkloster St. Jobst bei Bayreuth, zum andern Teil aus dem »Gotteshaus« in Bayreuth stammen. In der Reformationszeit nahm die Stadt die Bücher an sich, überwies sie aber im Jahre 1794 aus Mangel an Raum an die Universitätsbibliothek Erlangen. Es sind im ganzen 248 Bände, darunter 139 Inkunabeln und 28 Frühdrucke. -- Schwedische Forschungen von O. Walde und Isaak Collijn zusammenfassend und durch eigene Funde ergänzend, geht Handwerker ( 105) den Schicksalen der Hofbibliothek des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter v. Mespelbrunn nach. Die von Julius auf dem Marienberge bei Würzburg gesammelte Bibliothek bestand aus mehreren Tausend meist neueren Werken. Bibliophile Seltenheiten waren nicht darunter. Die Bücher waren gut ausgewählt und in prächtige Einbände gebunden. Unter den Handschriften, die der Würzburger Fürstbischof besaß, befanden sich keine Kostbarkeiten. Die Hauptmasse der Bibliothek


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wurde durch Gustav Adolf nach Schweden entführt. Etwa 1000 Bände lassen sich noch jetzt in der Universitätsbibliothek Upsala, zerstreute Reste auch in anderen schwedischen Bibliotheken und deutschen, besonders fränkischen, Büchersammlungen nachweisen. Die außerordentlich klar aufgebaute Arbeit, die mit vielen irrigen Ansichten aufräumt, bildet einen wertvollen Beitrag zur fränkischen Bibliotheksgeschichte.

Eine der frühesten deutschen Beschreibungen einer Pilgerreise nach Rom, die bisher ungedruckt war, gibt Schottenloher ( 2197) nach einer Münchner Handschrift mit umfangreicher Einleitung und Erläuterungen heraus. Der Verfasser, Jakob Rabus, war zur Zeit seiner Romreise 1575 Hofprediger in München. Er entwirft ein lebendiges Bild von den Herrlichkeiten des kirchlichen Rom Gregors XIII.

Friedrich Noack ( 2549), bekannt durch seine Forschungen über die Deutschen in Rom, bringt in seinem Aufsatz eine äußerst reizvolle Ergänzung zu seinen früheren Werken. In der großen Zahl pfälzischer Romfahrer sind Fürsten und Diplomaten stark vertreten. Der kunstsinnige Johann Wilhelm zog 1676, erst siebzehnjährig, über die Alpen. Karl Theodor, der zweimal Rom besuchte, hat über diese Reisen interessante Tagebücher hinterlassen. Ausführlich verweilt Verfasser bei Freiherrn von Häffelin, der in diplomatischen Aufträgen mehrmals in Rom weilte, bis er, 1803 zum Vertreter Bayerns an der Kurie ernannt, ganz dorthin übersiedelte. Der liebenswürdige und geschickte Diplomat ist besonders durch die Führung der schwierigen Konkordatsverhandlungen bekannt geworden.


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