II. Gesamtdarstellungen.

Eine umfassende Darstellung der gesamten österreichischen Geschichte ist diesmal nicht zu verzeichnen, wohl aber Werke und Aufsätze, die dank dem weitgespannten Rahmen ihres Inhaltes und ihrer Auffassung nur hier angeführt werden können. Hierher gehört z. B. die Arbeit von E. Heischmann ( 982) über die Anfänge des stehenden Heeres in Österreich,


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die, klar und sorgfältig angelegt, zu greifbaren Ergebnissen gelangt. An dem Hintergrunde der Kriegsdiskurse von Aventin (1529) bis Wallhausen (1615) entwickelt Heischmann an Hand der Reichstagsverhandlungen die Bemühungen der habsburgischen Kaiser und ihrer geheimen Räte um beharrliche Hilfen für ein »perpetuus exercitus« (1576). Dasselbe Bild des Ringens zwischen der Initiative des Landesfürsten und dem Beharrungswillen der Stände entrollt sich auf den Landtagen der Erblande. Der Schilderung dieses Zweifrontenkrieges der Kaiser und Landesfürsten schließt Heischmann das wichtige vierte Kapitel an, das, trefflich unterstützt von den Regimenterlisten des Anhanges, im einzelnen deutlich werden läßt, wie neben und hinter jenen Wort- und Federkämpfen die neue Idee seit dem Ausgange des 16. Jahrhunderts in der Stille immer häufiger praktisch verwirklicht worden ist, so daß in der Tat »schon vor 1618 der erste Schritt zur Schaffung eines stehenden Heeres vollzogen war«.

Eine alle Für und Wider fein abwägende Untersuchung über den geistesgeschichtlichen Gehalt der Begriffe Großdeutsch und Kleindeutsch hat Dankworth ( 1693) geliefert. Verständnis für katholisch-romantische Gedankenführung, Gerechtigkeit gegenüber dem Unitarismus der Kleindeutschen verbindet sich da zwanglos mit modernem Demokratismus. Görres, Julius Ficker und Bismarck treten dabei in eine neue Beleuchtung. (B.)

Weit über den Rahmen des eigentlichen Gegenstandes reicht die Bedeutung der auf sorgfältigster Quellenbenutzung ruhenden Studie Doblingers ( 2578), die zunächst allerdings nur den Regungen des Burschenschaftswesens in Österreich nachgeht, damit aber zugleich einen wichtigen Beitrag zur Geschichte des Deutschbewußtseins in Deutschösterreich liefert. Wir sehen, wie da jedesmal die evangelischen Theologen, denen man den Verkehr und die Verbindung mit den reichsdeutschen Universitäten nicht oder doch nicht ganz verbieten konnte, die gegebenen Vermittler und Vorläufer waren. Schon aus den geographischen Tatsachen ergibt sich, daß Prag den Einflüssen Jenas am ersten ausgesetzt war. Doch wiederholt es sich in den Jahren 1818 und 1819 in Prag wie in Wien und Graz, daß sich studentische Kreise zusammentun, die dem burschenschaftlichen Gedanken Pflege angedeihen lassen, daß die Polizei schließlich auf sie aufmerksam wird und durch energisches, im ganzen aber mildes Vorgehen dem unerwünschten Treiben ein Ende bereitet. Innsbruck, das stärker von Bayern (Landshut!) beeinflußt war, hinkt mit seiner Studentenverbindung im Jahre 1822 den anderen Universitäten nach. Strenge Zensur der Briefe und der an den Hochschulen verwendeten Lehrbücher, unerbittliche Absperrmaßnahmen und ein üppig in die Halme schießendes Spitzeltum ließen eine neue Bewegung nicht aufkommen. Erst zu Beginn der vierziger Jahre zeigen sich wieder Ansätze zu studentischem Korporationswesen. Neben verschiedenen Kneipgesellschaften taucht zu Wien 1843 eine von evangelischen Theologen gegründete Burschenschaft »Germania« auf, der zwei Jahre später eine »Arminia« folgt. Ähnliche Bildungen an den übrigen deutschen Universitäten Österreichs erklären die bedeutende Rolle, die die Studenten im Jahre 1848 spielen konnten. Das Jahrzehnt nach der Niederwerfung der Revolution war begreiflicherweise dem burschenschaftlichen Gedanken nicht eben günstig. Einen Wendepunkt stellt die Schillerfeier (1859) dar. Nachdem man 1862 die Gründung studentischer Vereine bedingt gestattet hatte, war es erst die Verfassung von 1867, die im Vereinsgesetz eine gesetzliche Grundlage darbot. (B.)


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K. Hugelmann ( 1534), der schon wichtige Beiträge zur neuesten Geschichte Österreichs geliefert hat, entwirft eine knappe Übersicht über die Entwicklung des österreichischen Parlamentarismus seit 1867. Sie läuft in ein Bekenntnis für den Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich aus. »Die Aufgabe, welche Deutschösterreich in der alten Monarchie hatte, ist entfallen, nur die Aufgabe, in der eigenen Nation als der von Gott gewollten Ordnung zu wirken, ist ihm geblieben. Deutschösterreich hat jetzt geradezu providentiell einen nationalen Beruf.« (B.)


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