V. Rechts- und Verfassungsgeschichte.

Entsprechend der modernen Forschungsrichtung gehört die Mehrzahl der hier angezeigten Arbeiten dem


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Mittelalter an. O. H. Stowassers ( 1586) als Lesebuch für Schulen gedachte Auswahl aus den von G. Winter herausgegebenen niederösterreichischen Weistümern gilt vornehmlich den Weistumtexten aus dem alten Wien (Rechte der Flößer) und aus den benachbarten weinbautreibenden Ortschaften, sie greift aber auch auf den Wienerwald und das Donautal (Wachau) unter Einschluß von Raxendorf (Weistum des Freigerichtes) über. Eine knappe, Wesen, Auf- und Abkommen der österreichischen Weistümer erläuternde Einleitung ist beigegeben. -- J. Kallbrunner ( 1873) behandelt einen bevölkerungspolitisch wichtigen, bisher vielfach außer acht gelassenen Gegenstand. Er zeigt an Hand der Wiener Hofquartierbücher (seit 1563) die drückende Last, die das Quartierrecht des Hofstaates bedeutete, bis das Eingreifen des Obersthofmarschalls Graf Starhemberg um die Mitte des 17. Jahrhunderts durch Einführung von Freijahren die Bautätigkeit neu belebt und damit auch die Baukunst nachhaltig gefördert hat.

Von dem »Zweifrontenkrieg« der oberösterreichischen Stände, den K. Eder ( 1668) von 1519 bis 1525 verfolgt, ist der gegen die übrigen Erblande, weil bisher über dem gegen den Landesfürsten geführten vielfach übersehen, der beachtenswertere. Der Streit um die Gleichberechtigung des Landes durchzieht zählebig die ganze Epoche, erfüllt auch die Spanienfahrer von 1519 wie die Krönungsdelegierten von 1521 und stärkt so die Stellung des Landesfürstentums.

J. K. Mayr ( 1590) suchte eine in der verwaltungsgeschichtlichen Forschung klaffende Lücke auszufüllen. Er führt die im 64. Heft begonnene Darstellung der salzburgischen Zentralbehörden nunmehr von 1495 bis 1540 fort. Nach einem Hinweise auf das Verhältnis zwischen Landesfürst und Zentralbehörden werden diese ihrem persönlichen und amtlichen Umkreis nach untersucht, wobei jeweils auf verwandte Entwicklungsphasen in anderen deutschen Territorien vergleichend Bezug genommen ist.

Einen Brief des Regimentskanzlers und berühmten Rechtsgelehrten Dr. Bernhard Walther von Walthersweil (1520--1584) an den Hofvizekanzler Hans Kobenzl von Prosegg aus Graz vom 6. September 1570 teilt Ivo Pfaff ( 1669) mit. Es bietet sich ihm hierbei Gelegenheit, wertvolle Sacherklärungen zu bringen, die namentlich auf die Verwaltungsgeschichte der Steiermark Bezug nehen. (B.)

O. Redlichs ( 836) Nachtrag zu seiner Ausgabe der Brixener Traditionen behandelt eine vereinzelte, genau datierte Eintragung in einer weitgereisten Gregoriushandschrift der Schloßbibliothek von Hohenaschau (am Chiemsee), die in den Traditionsbüchern fehlt. Ein Faksimile ist beigegeben. -- Gleichfalls tirolische Geschichtsquellen, Weistümer des 13. Jahrhunderts, die die Rechtsverhältnisse der Bozener Eisakbrücke berühren -- ein in Deutschland in so früher Zeit vereinzelter Fall -- haben H. Voltelini (S. 164 ff. von Nr. 194) zur Darlegung derselben veranlaßt. Stadt und Pfarre Bozen sind jünger als die Brücke selbst. -- R. Heuberger ( 901) ergänzt seine Forschungen über das früh und reich entwickelte Urkunden- und Kanzleiwesen der Tiroler Grafen aus Görzischem Hause durch den Hinweis auf zwei Beispiele von Entwürfen zu Gesandtschaftsinstruktionen aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die eine, jüngere, von 1332 ist von J. Ficker schon 1865, allerdings nur nach einer Abschrift,


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veröffentlicht worden; H. lagen in beiden Fällen die Originalaufzeichnungen vor. -- Fr. Reinöhl ( 899) bringt ein frühzeitiges Beispiel für die in Italien aufkommende und von dort auf die Nachbarländer übergreifende Gepflogenheit des Abschlusses zwischenstaatlicher Rechtshilfeverträge. -- Im Rahmen einer Untersuchung über Fassung und Umkreis der tirolischen, vom Landesfürsten niemals bestätigten Sammlungen der Landesfreiheiten entwickelt A. Wretschko ( 1589) unter Hervorhebung der wichtigsten Etappen den Werdegang der Landesverfassung.


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