III. Literaturgeschichte.

Da die gebildeten Kreise der altchristlichen lateinischen Literatur trotz ihrer kulturgeschichtlichen Bedeutung ziemlich gleichgültig gegenüberstehen und höchstens etwa mit Augustin eine Ausnahme machen, hat A. Gudemann ( 616) es unternommen, ein allgemein orientierendes Charakterbild derselben zu entwerfen. Dem Zweck entsprechend, ist nur eine sehr summarische Literaturzusammenstellung vorausgeschickt, sonst ist das Werk von gelehrtem Beiwerk freigehalten, was der Leser vielleicht gelegentlich doch bedauert. Ähnliche Ziele verfolgt P. Monceaux, Hist. de la littérature latine chrétienne, Paris 1924, der bei der Zusammendrängung des Stoffes auf 170 Seiten kleinen Formats teilweise nicht viel über eine Aufzählung hinauskommt. Empfehlenswert ist die Einführung, wo über die Grundlagen, lateinische Bibel und Kirchenlehre, liturgische Bücher, Märtyrerakten, Konzilsakten u. dgl. übersichtlich gehandelt wird. -- In spätere Zeit versetzt uns M. Manitius, Bildung, Wissenschaft und Literatur im Abendlande von 800 bis 1100 ( 2419). Während E. Patzelt in ihrer schon im Jahre 1924 erschienenen Schrift, Die karolingische Renaissance (Wien), diesen Titel eigentlich in Gänsefüßchen setzen müßte, da sie es sich zur Aufgabe gemacht hat, diesen Begriff aus der Welt zu schaffen, wobei sie, was die Sprache und Literatur angeht, vieles Anregende und Richtige sagt, aber doch zweifellos weit über das Ziel hinausschießt, beginnt Manitius mit der Zeit, wo »durch Karls überwiegende Persönlichkeit neue und bleibende Anregungen für das abendländische Geistesleben geschaffen wurden«. Es ist interessant, beide Bücher nebeneinander zu lesen. Das Buch von Manitius war schon vor dem Kriege für die Cambridge medieval history III geschrieben. M.E. wäre es nützlich gewesen, den anderthalb Dezennien alten Text noch einmal durchzuarbeiten. Direkt an E. Patzelt anknüpfend zeigt S. Singer ( 2435) in interessanten Ausführungen, daß von einer karolingischen Renaissance doch gesprochen werden kann und muß, und prüft, was in der karolingischen Welt aus der merowingischen, orientalisch-antik beeinflußten herübergenommen und was darin neu ist. Hingewiesen sei auf die Untersuchungen über den orientalischen Einfluß und die halb ablehnende Stellungnahme zu der bekannten Theorie Bédiers. -- Schließlich sei auf den von E. Schulz bearbeiteten, prächtig ausgestatteten Katalog ( 171) hingewiesen. Für die einzelnen Stücke wird ihre literarische Stellung dargelegt und angegeben, ob und wie die Handschrift schon in Ausgaben verwertet ist. Die Vorrede führt sachkundig in die Gebiete der mittellateinischen Literatur ein, die in dem Katalog vertreten sind.


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