II. Mundartforschung.

Der von G. Wenker begründete und von Ferd. Wrede erfolgreich weitergeführte Sprachatlas des deutschen Reiches ist so


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weit gediehen, daß die erste Lieferung ( 664), bestehend aus einer das ganze deutsche Sprachgebiet umfassenden Grundkarte und dem seinerzeit von Wenker entworfenen Nordwestblatt, sowie sechs Einzelkarten in doppelter Ausführung (als farbige Eintragung auf einer Grundkarte und als Pausblatt) samt erläuterndem Text, erscheinen konnte. Sie enthält die Kartenblätter: 1. Lautverschiebung, 2. das Fürwort »ich«, 3. »dir«, 4. »beißen«, 5. die Endung der 3. plur. ind. praes., 6. die Sinnverwandten für »Pferd« und »Füße«.

Weitere dialektgeographische Beiträge der Marburger Schule bringt der Jg. II (1925/26) des »Teuthonista, Zs. f. deutsche Dialektforsch. u. Sprachgesch.«; ich nenne davon: S. 1--18 Th. Frings und E. Tille, »Kulturmorphologie«, ein wertvoller Beitrag zur Verteilung der Gesindetermine im Rhein- und Moselland, mit fünf Karten; S. 46--55 und 107--133 H. Jacobs, »Dialektgeographie Südmecklenburgs«; S. 91--106 W. Kuck, »Die nordöstliche Sprachgrenze des Ermlandes« (Ostpreußen): Die ermländischen Mundartgrenzen stimmen im großen und ganzen mit den Grenzen der vordeutschen Landschaften überein.

Teuchert ( 667) behandelt die niederfränkischen Lehnwörter in Ostdeutschland wie padde »Frosch«, mire »Ameise«, else »Erle«, besinge »Heidel-, Erdbeeren« u. a., und Seelmann ( 668) gibt eine genaue Einteilung der bisher unter der gemeinsamen Bezeichnung »märkisch« zusammengefaßten Mundarten, wobei es ihm vor allem darauf ankommt, das Havelländische als besondere Gruppe neben dem Nord-, Ost-, Mittel- und Südmärkischen zu erweisen. Die Besiedlung des Havellandes erfolgte bald nach 1150 unter Albrecht dem Bären durch sog. »Nordschwaben« aus den Gauen zwischen Bode und Saale sowie durch Leute vom Niederrhein.


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