b) Sachsen.

Die fleißige Arbeit von E. Daniëls ( 895) ergänzt die älteren Behandlungen der Ungarnzüge besonders für den großen Einfall von 954 und die in Einzelheiten vielleicht noch weiter zu vervollständigenden Vorgänge in Niederlothringen, für die man sie mit Nutzen heranziehen wird.

Daß die Ostpolitik Ottos des Großen nicht an der Oder haltmachte, führt ansprechend A. Brackmann ( 894) aus. Er zeigt, daß die Magdeburger Ansprüche auf das Bistum Posen nicht lediglich auf Fiktion beruhen, und möchte das Schweigen der offiziellen Gründungsurkunden aus einem grundlegenden Unterschied zwischen der kaiserlichen und der päpstlichen Auffassung erklären, indem zwar Johann XII. 962 noch dem Kaiser ohne Begrenzung nach Osten die Befugnis gab, nach Belieben Bistümer zu errichten, 967/68 unter Johann XIII. sich aber die Kurie hinsichtlich der Eingliederung des inzwischen wenigstens bis zur Warthe unterworfenen Polens in die deutsche Kirche den kaiserlichen Wünschen versagt habe; ebenso sei auch die Gründung des Prager Bistums erst nach dem Tode dieses Papstes möglich geworden, der mit seinem Widerstand in den entscheidenden Jahren die weitreichenden, letztlich auch Ungarn ins Auge fassenden Pläne Ottos I. zum Scheitern gebracht habe und deshalb für die Geschichte des Ostens eine besondere Bedeutung beanspruchen könne.

R. Holtzmann ( 897) behandelt eingehend die Aufhebung des Bistums Merseburg 981 und seine Wiederherstellung 1004, um nachzuweisen, daß beide Male »nicht die von Thietmar in den Vordergrund gerückten Stimmungen, sondern höchst reale Erwägungen und Kräfte maßgebend waren«. Otto II. habe mit der schon länger erwogenen Aufhebung der deutschen Kirche nützen


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und das an Halberstadt begangene Unrecht wieder gutmachen wollen, und bei der Wiederherstellung seien weniger Otto III. und Heinrich II. als die Päpste Gregor V. und Johann XVIII. die treibenden gewesen. Nicht jeder mag, wie leicht verständlich, jeder Annahme in gleichem Maße beitreten, und Thietmars subjektive Ehrlichkeit möchte ich doch nicht in Zweifel ziehen und darum z. B. mit einer harmloseren Erklärung der Verbesserungen bei dem Vergleich mit Magdeburg 1015 (VIII 24) rechnen, auch den Bericht über die römische Synode 981 (III 14) wesentlich günstiger beurteilen. Niemand aber wird bestreiten, daß Thietmars Darstellung lückenhaft und voreingenommen ist und überall, wo Merseburger Belange hineinspielen, vorsichtiger Prüfung bedarf.

Für die inneren Verhältnisse Deutschlands um die Wende des 10. und 11. Jahrhunderts wertvoll ist die Sammlung und Erläuterung der zahlreichen von Burgen und Städten im deutschen Reiche handelnden Stellen der Chronik Thietmars von Merseburg in der Berliner Dissertation von F. Geppert ( 898), die inzwischen in der Thüringisch-Sächsischen Zeitschrift XVI (1928), 162 bis 244 auch im Druck erschienen ist. Thietmar unterscheidet danach deutlich zwischen unbefestigten oder nur leicht geschützten Dörfern (villa, oppidum) und Siedlungen, in denen sich eine Befestigung befindet (urbs, civitas, worunter ganz allgemein Städte, Burgen, die im besonderen auch bei ihm castellum heißen, befestigte Klöster u. dgl. fallen), wobei allerdings »keiner Ortschaft die Bezeichnung 'Stadt' im Sinne des ummauerten, von Laien bewohnten Ortes zuerteilt werden« kann außer den Römerstädten und Würzburg und Magdeburg.


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