d) Staufer.

Nicht ohne Ertrag im einzelnen werden die deutsch-byzantinischen Beziehungen unter Lothar und Konrad III. in einer leider ungedruckten Dissertation von J. Langeheinicke ( 904) wieder erörtert. Hervorgehoben seien die Ausführungen über den 2. Kreuzzug, wo er u. a. von den Briefen bei Kinnamos den Konrads III. für echt, die Manuels dagegen in dieser Form jedesfalls für unecht, wenn auch inhaltlich für nicht ganz unverwertbar hält; ferner die Untersuchungen über die Briefformeln der byzantinischen Kanzlei unter den Kaisern Johannes II. und Manuel I. und über die Formel et semper augustus im deutschen Herrschertitel, die ihm (zunächst ohne et) von Bamberg auszugehen scheint, und die er nicht, was ganz doch schwer von der Hand zu weisen sein wird, mit dem griechischen καὶ Ἀεὶ σεβαστόσ zusammenbringen möchte. Das sonst zu 1180 gesetzte Schreiben Manuels an den Papst weist er zu 1150.

Erna Barnick ( 905) hat das Volksbuch vom Kaiser Friedrich (Barbarossa) von 1519 sprachlich etwas modernisiert und eine Anzahl Erzählungen von Friedrich II. und von seiner Wiederkehr aus verschiedenen Quellen in hochdeutscher Übersetzung oder Bearbeitung abgedruckt, um damit »das Bild der alten Staufenkaiser so erstehen zu lassen, wie es im deutschen Volke bis zur Reformationszeit fortlebte«. Das Büchlein ist auch in seiner Absicht nur ein Volksbuch für weitere Kreise.

Über das Alter Friedrich Barbarossas (geb. etwa um 1125/26), Heinrichs des Löwen (geb. 1131/35, etwa um 1134/35?) und anderer führender Persönlichkeiten besonders ihrer Zeit und ihres Kreises hat im Rahmen weiter ausgreifender Betrachtungen A. Hofmeister ( 103, vgl. oben S. 261) mit manchem


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neuen Vorschlag gehandelt; dabei wird u. a. auch die Rückforderung des bayrischen Herzogtums durch Heinrich den Löwen 1147 berührt.

Mit dem schon wiederholt vermuteten Anteil Reinalds von Dassel an der Aachener Karlsfälschung und mit der Bedeutung der Heiligsprechung Karls des Großen für die Politik Friedrichs I. und seines Kanzlers beschäftigt sich M. Buchner ( 874). Reinald wollte nach ihm damit den Kaiser in der Politik bestärken in welche er durch sein Betreiben hineingeraten war, und zugleich die Fürsten »gewissermaßen bei der Stange der kaiserlichen Politik halten«. Man möchte nun auch eine eingehende philologisch-diplomatische Prüfung wünschen, ganz besonders gilt das für vorläufig einigermaßen überraschende Aufstellungen, wie über den Erzpoeten als Gehilfen seines erzbischöflichen Herrn bei der Herstellung des Textes der Fälschung oder den Kanzler Gottfried von Helfenstein als Verfasser der Aachener Legende Karls des Großen.

Für die Beziehungen Friedrich Barbarossas zu Ungarn während des Schismas sind die Ausführungen von Walther Holtzmann (»Papst Alexander III. und Ungarn«. In: Ungarische Jahrbücher VI, 1926, S. 397--426) zu beachten.

Das umfangreiche Werk von Leopoldo Usseglio über die Markgrafen von Montferrat in ihren territorialen und universalen Beziehungen im 12. und 13. Jahrhundert (I Marchesi di Monferrato in Italia ed in Oriente durante secoli XII e XIII. Edizione postuma curata da Carlo Patrucco. Vol. I. II. Torino, Casale Monf., Stabil. Tipogr. Miglietta, Milano e C. Succ. Cassone. XV und 437, 423 S.) behandelt einen bedeutenden und für die Reichsgeschichte wichtigen Stoff mit ruhiger, wohlabgewogener Kritik und, in allem was die Montferrats im engern Sinne angeht, ausgezeichneter Sachkunde. Freilich handelt es sich um ein Manuskript vom Jahre 1889, wenn auch mit einigen späteren Ergänzungen, und das macht sich naturgemäß besonders in den allgemeinen Abschnitten fühlbar, die sehr ausführlich, ausführlicher öfter, als es der Gegenstand erforderte, die Ereignisse in Oberitalien in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts und (im 2. Bande) die morgenländischen Angelegenheiten (Byzanz und Jerusalem) darstellen. Ob der Verfasser selber noch geändert hätte, wenn es ihm vergönnt gewesen wäre, für den Druck die letzte Hand an sein Werk zu legen, wissen wir nicht. Ein Fremder konnte das nicht, und so werden wir dem Herausgeber, der nur gelegentlich einige nützliche Hinweise hinzugefügt hat, Dank wissen, daß er die Arbeit unverändert veröffentlichte. Für die eigentliche Familiengeschichte des bedeutenden und weitverzweigten Geschlechts der Aledramiden, das hier von seinen sicheren Anfängen im 10. Jahrhundert an verfolgt wird, ist sie unentbehrlich; die ältesten, auf sehr fragwärdigen Vermutungen beruhenden Generationen der Tafel I 35 und die ganze Tafel I 25, die beide nicht von Usseglio herrühren und deren Inhalt deshalb auch im Text nicht vorkommt, sind freilich zu streichen. Aber auch sonst bietet der Inhalt Nützliches und Förderndes; kaum für ein Ereignis, in das Glieder des Hauses Montferrat verflochten sind, wird man an dem gründlichen Buch ganz vorübergehen dürfen, dessen Schlußteil auch ausführlich über Rambaut di Vaqueiras und andere Troubadours handelt.

Für Reichsitalien unter Friedrich Barbarossa liegen ferner mehrere kleinere Arbeiten vor. Voranzustellen sind zwei Untersuchungen von Ferdinand Güterbock. In der ersten ( 1900) erörtert er von einer bisher falsch eingereihten Nachricht des Tolosanus zu 1167 ausgehend sachkundig die Verhältnisse in


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der Romagna und Emilia während des Kampfes zwischen dem Kaiser und Papst Alexander III. bis 1177, wo nach manchem Hin und Her »alle Städte von Ravenna und Rimini bis Faenza und Imola als Bundesgenossen des Kaisers in die Venetianer Friedensverhandlungen eintraten«, dagegen »der Episkopat ... geschlossen auf Alexanders Seite stand«. In der zweiten ( 908) bringt er Beiträge zur inneren Geschichte der lombardischen Städte und der Organisation ihres Bundes sowie ihrem Konflikt mit Como im Anschluß an eine Urkunde der Rektoren des Bundes, die er überzeugend zu 1178 (statt 1175) setzt. -- Eine Schrift von G. Jachino über die Anfänge von Alessandria (»Le origini di Alessandria nella storia e nelle tradizioni popolari«, Turin 1926) hat uns nicht vorgelegen. Inzwischen hat sich auch C. Patrucco (im Boll. Stor. Bibliogr. Subalpino XXIX, 1927) genauer mit dieser Frage beschäftigt und z. B. den Namen Palea als alte Ortsbezeichnung erklärt, während der Quellenwert der späten Lokalchroniken wohl meist anders eingeschätzt werden dürfte. -- Die erweiterte Festrede von Omero Masnovo ( 909) spricht mit viel und weitschichtiger Gelehrsamkeit zwar auch von der Schlacht bei Legnano in ihrem wirklichen Verlauf und Zusammenhang, ist aber lehrreicher für die Auffassung und Beurteilung derselben bei der Nachwelt und bezeichnend für die Empfindungen und Gedanken, die sich im heutigen Italien mit diesem hier als Zeitenwende besonders mit Valmy 1792 verglichenen Tage verbinden.

Was die inneren Verhältnisse Deutschlands unter Friedrich I. angeht, so ist zunächst auf den Fortgang der Erörterung über das österreichische Herzogtum hinzuweisen, die für die Beurteilung des Privilegium minus von 1156 wichtig ist (vgl. Hist. Zeitschr. 136, S. 185 f.). Otto H. Stowasser ( 1547; derselbe, die Stellung der Markgrafen. Nach österreichischen Quellen. In: Korrespondenzblatt des Gesamtvereins 74, 1926, S. 106--107) verteidigt seine Auffassung von der Entwicklung des Landes Österreich gegen die scharfe Kritik von Dopsch und hält daran fest, daß von einer einheitlichen landesherrlichen Gewalt, wie für den Markgrafen, so noch zu Ende des 13. Jahrhunderts nicht die Rede sein könne. Er nimmt dabei auch kurz Stellung zu den ausführlichen Darlegungen in der Anzeige von Ernst Mayer ( 1546), die im übrigen wie die ganze Frage vor allem in den Bereich der Territorial- und der Verfassungsgeschichte fallen.

Die Verträge Kaiser Friedrichs I. mit Bamberg bespricht eingehend Ernst Klebel ( 1553). Seinen Ausführungen über die Grafen von Sulzbach hat allerdings inzwischen Erich Frhr. v. Guttenberg (Die Territorialbildung am Obermain. I. und II. Teil. In: 79. Bericht des Historischen Vereins zu Bamberg, ohne Jahr, aber anscheinend erst Ende 1927 ausgegeben), ohne freilich noch im einzelnen auf sie eingehen zu können, widersprochen, da »Hauptvögte« des Bistums Bamberg nicht diese, sondern die Grafen von Abenberg waren und die Sulzbacher Grafenrechte im Nordgau aus der Aufteilung der Markgrafschaft nach dem Sturze Heinrichs von Schweinfurt zu erklären und zweifellos auf alte Gerichtssprengel gegründet seien.

Der Erörterung über den Prozeß Heinrichs des Löwen hat Wilhelm Erben ( 876) einen neuen Anstoß gegeben, indem er auf Grund von Beobachtungen über die Satzzeichen und die Verwendung von Großbuchstaben, aber auch mit Hinweis auf den Sprachgebrauch, in der Gelnhäuser Urkunde mit Entschiedenheit für die Zweisätzigkeit der Narratio und für Hallers Vermutung trina


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(statt quia) glaubt eintreten zu müssen. -- Auch Heinrich Mitteis ( 907) hält nach ausführlicher Erörterung die Vermutung trina zwar nicht für voll bewiesen, aber für sehr wahrscheinlich. Doch ist ihm das wenn auch wichtig, nicht der wichtigste Punkt. Er bemüht sich in eindringender juristischer Betrachtung das Verfahren gegen Heinrich den Löwen in seinen wesentlichen Zügen zu erfassen und seine Stelle in der rechtlichen Entwicklung seit der fränkischen Zeit zu bestimmen. Er ergänzt die Behandlung der deutschen Verhältnisse durch eine Untersuchung der französischen Entwicklung derselben Żeit bis zu den Prozessen Philipp Augusts gegen Johann ohne Land, auf die hier nicht einzugehen ist, und stellt die weitgehende Ähnlichkeit, aber auch den für die Zukunft entscheidenden Unterschied fest, daß, während im deutschen Lehnrecht ein immer stärkerer Zug zur Verdinglichung das vasallitische, persönliche Band der Treue zurückdrängte, dieses durch die Ausbildung der vielleicht aus der Normandie übernommenen (?) Ligietät in Frankreich wesentlich verstärkt wurde und der um 1180 auch in Deutschland noch nicht starr ausgebildete Leihezwang hier ein Menschenalter später festes Recht war, während er sich in Frankreich nicht durchsetzte. Im Hinblick auf die Ansätze zu einer gerechteren Würdigung von Lehnstaat und Lehnrecht betont er dabei, daß das Lehnrecht als »übernationales« Rechtsgebilde notwendig vergleichend behandelt werden müsse. Wenn neben das Verfahren nach Landrecht ein solches nach Lehnrecht trat, so erklärt er das aus einer verminderten Wirksamkeit der Acht und selbst der Oberacht, die immer im Gnadenwege wieder aufgehoben werden kann und oft genug aufgehoben wurde, während das Lehnsurteil mit der Gewere des Neubelehnten unwiderruflich eine neue Rechtslage geschaffen habe. So gehöre die »Neuschaffung des jüngeren Reichsfürstenstandes« wohl zu einem groß angelegten Reorganisationsplan Barbarossas, der angesichts der unaufhaltsamen sozialen Umschichtung der Gesellschaft durch das Lehnwesen versucht habe, »die Reichsregierung auf die Machtmittel des Lehnrechts zu basieren und so der zentrifugalen Bewegung die Spitze abzubrechen, indem er die Konsequenzen aus ihr zog« -- ein Gedanke, dem wir wohl noch öfter begegnen werden. In voller Durchführung erkennbar findet Mitteis die Doppelung von land- und lehnrechtlichem Verfahren zuerst in dem Prozeß Heinrichs des Löwen. Aber das schließt nicht aus, daß sie schon vorher und vielleicht schon lange vorher vorkam. Mir scheint das z. B. mit Güterbock für den Prozeß Heinrichs des Stolzen 1138 sicher; die Grundlinien treten hier in der im einzelnen freilich nicht so ergiebigen Überlieferung klar hervor und entsprechen, was bei Mitteis allerdings nicht recht zur Geltung kommt, völlig dem Vorgehen 1179/80. Der Wert seiner sich hier durchaus auf die Gelnhäuser Urkunde stützenden Arbeit liegt in der scharfen juristischen Durchleuchtung des mit historischen Mitteln so oft und gründlich durchgeackerten Prozesses Heinrichs des Löwen, dessen wesentliche Züge so besonders klar hervortreten (land- und lehnrechtliches Verfahren nacheinander mit wahrscheinlich je 3 Ladungen, Abschluß des einen mit der Acht in Magdeburg 24. Juni 1179 bzw. Oberacht in Regensburg 24. Juni 1180, lehnrechtliches Urteil in Würzburg 13. Jan. 1180, in beiden Fällen reines Kontumazialurteil, zwischen Würzburg und Gelnhausen genau 2 »Königszeiten« als Ausziehfrist für den Verurteilten). Auf bestimmte Hoftage die einzelnen Ladungen zu verteilen, ist allerdings nicht möglich, aber nach ihm vielleicht auch müßig, da das Hofgericht möglicherweise gar nicht immer zu einem bestimmten

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Hoftage vorzuladen pflegte. Freilich mag man Bedenken tragen, hier mit dem Verfasser dem Schwsp. Lehnr. 145 gegen den Ssp. Lehnr. 72, 1 den Vorzug zu geben (sicher falsch ist Ssp. Ldr. III, 64, 1 gedeutet), und gewiß wird auch sonst im einzelnen von manchem manches anders erklärt, auch der evidens reatus maiestatis des lehnrechtlichen Urteils (nach Mitteis nicht Hochverrat, sondern der gerichtliche Ungehorsam im landrechtlichen Verfahren) wohl weiter umstritten werden; aber immer wird die Auseinandersetzung mit diesen Ausführungen angenehm und fördernd sein. Der Verfasser behandelt in kurzem Überblick auch eine Reihe »politischer« Prozesse, d. h. solcher Prozesse, »die unmittelbar auf die Fortentwicklung der Verfassung eingewirkt haben«, aus der vorhergehenden Zeit vom 10. Jahrhundert bis zu dem Prozeß des Welfen gegen den gleichnamigen Babenberger um das bayrische Herzogtum 1152--1156. Aber hier ist die Unterlage doch zu schmal, die Überlieferung vielleicht nicht an sich zu dürftig, doch jedenfalls der Tatbestand der herangezogenen Fälle zu wenig kritisch gesichtet, um zu verwertbaren Ergebnissen zu führen. So rückt z. B. das Verfahren gegen Adalbero von Kärnten in dem fränkischen Bamberg 1035 in ein ganz anderes Licht, wenn Adalbero nicht bayrischen, sondern fränkischen Stammes war und wenn man außerdem erwägt, daß Heinrich III. nicht einfacher Königssohn, sondern gleichfalls gekrönter König war; die Stelle aus Stumpf 2397 gehört überhaupt nicht hierher, denn sie geht über die Vorurkunde DO. III. 1 von 984 auf DO. II. 165 vom 1. Okt. 977 zurück und bezieht sich also allenfalls auf Heinrich den Zänker (?), für dessen Absetzung und damit gewiß auch Ächtung und die sicherlich erst nachfolgende Bannung ja auch sonst reichlich Zeugnisse vorhanden sind, jedenfalls nicht auf Adalbero. Man wird aber wohl nicht nur den Verlauf, sondern auch die artliche Verschiedenheit der einzelnen Fälle genauer berücksichtigen müssen.

Mit dem deutschen Ostseehandel des 12. Jahrhunderts und den Anfängen der deutschen Niederlassung auf Gotland beschäftigen sich die Ausführungen von A. Hofmeister ( 906), in denen die Bedeutung Heinrichs des Löwen als Vertreters der deutschen Belange im Norden und Nordosten beleuchtet und besonders sein Privileg für die Goten (wohl eher 1161 als 1163) untersucht und neu gedruckt wird. Das dazugehörende Mandat ist, gegen Tünberg, keine Ausführungsanweisung an einen herzoglichen Vogt in Lübeck, um den Goten die Sicherheit des Verkehrs im sächsischen Herzogtum zu gewährleisten, sondern regelt die Rechtssicherheit unter den Deutschen auf Gotland, an deren vom Herzog gesetzten Vorsteher es gerichtet ist, nach Maßgabe der für die Goten in Deutschland getroffenen Vereinbarungen und stellt damit den Ausgang deutscher städtischer Entwicklung in Wisby, wenn auch nicht geradezu in aller Form die Gründung der deutschen Stadt, deren Name erst später auftritt, dar.

Während für die beiden umfang- und gehaltreichen Arbeiten von Karl Wenck über die päpstliche Politik und die kurialen Persönlichkeiten der Friedenszeit von 1181--1197, vornehmlich nach den englischen Quellen und besonders für Clemens III. und Cölestin III. ertragreich ( 1902), und über die Entwicklung und die erste Anwendung des Konklavegedankens bei der Wahl Cölestins IV. 1241 ( 1908), die auch hier in Betracht kommen, auf ihre Würdigung an anderer Stelle bei der Papstgeschichte (§ 36) verwiesen sei, muß auf zwei scharfsinnige Untersuchungen über Innocenz III. und den deutschen Thronstreit seit 1198 etwas näher eingegangen werden. W. M. Peitz ( 1904)


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führt aus, daß die erste Gesandtschaft der welfischen Partei an Innocenz III. erst im Frühjahr 1199 abgegangen sei und daß sie den Anstoß zur Anlegung des Sonderregisters über den Thronstreit gegeben habe. Denn erst durch sie und die bald nachher nach Rom gebrachte Speyrer Erklärung der Anhänger Philipps, die eine Abwehr nötig machte, sei der bis dahin völlig zurückhaltende und wirklich neutrale Papst als Schiedsrichter in den Streit der Könige hineingezogen worden. -- Auch Joh. Haller ( 922) geht davon aus, daß der Papst bis zum Mai 1199 den deutschen Vorgängen gegenüber Neutralität bewahrt und erst damals mit den Gesandten Ottos IV. die Bedingungen für dessen etwaige Anerkennung vereinbart habe. Aber Otto hat sich nach ihm noch jahrelang gegen diese Zumutungen gesträubt und, als er ihnen endlich unter dem Druck seiner bedrängten Lage nachgab, bei dem Neußer Versprechen vom 8. Juni 1201 versucht, durch einen gerissenen Kanzleibetrug seine Zusagen für die Zukunft unwirksam zu machen und in einem Punkt, den Frieden mit Frankreich betreffend, sofort aus der Welt zu schaffen. Das sei aber bemerkt und an Stelle der gefälschten Fassung, dem noch heute erhaltenen Original, die vollständigere Ausfertigung erwirkt worden, die in das Registrum de negotio imperii Aufnahme fand. Gewiß ist diese kühne Deutung zunächst nicht ohne Eindruck, und doch kann ich mich mit ihr kaum mehr befreunden als mit Krabbos Auffassung, der in der kürzeren Fassung nur eine durch fahrlässige Eigenmächtigkeit des Schreibbeamten mißratene Ausfertigung sah. In beiden Fällen fehlt es im Grunde doch an einer befriedigenden Erklärung dafür, daß die verfälschte oder verfehlte Ausfertigung im Original gerade im päpstlichen Archiv erhalten ist. Nun sind ja im einzelnen voneinander abweichende Doppelausfertigungen bei der Beurkundung ein und desselben Vorganges auch sonst, auch wo es sich nicht gerade um hochpolitische Dinge handelt, nicht so selten. So möchte ich hier eher daran denken, daß es darauf ankam, nicht überall, wo man von der königlichen Zusage Gebrauch zu machen hatte, alle Punkte der Vereinbarung bekannt werden zu lassen, besonders vielleicht, aber nicht allein, um Ottos Stellung in Deutschland und außerhalb nicht zu erschweren, und daraus die beiden abweichenden Ausfertigungen erklären. So werden wir in den Zusagen wegen des Friedens mit Frankreich, wo nicht nur Otto, sondern auch der Kurie an der Möglichkeit einer Ableugnung unter Umständen gelegen sein mußte, und wegen der Bestätigung nach der Kaiserkrönung wieder Geheimartikel des geheimen Abkommens zu sehen haben, als das sich auch nach Haller der ganze Vorgang darstellt. Eine Täuschung war damit allerdings beabsichtigt, aber nicht von einem der Vertragschließenden gegen den andern, sondern von beiden gemeinsam gegen dritte.

Den wiederholten Versuch Kaiser Friedrichs II., Wien zur Reichsstadt zu machen (1237--39 und 1247ff.), behandelt Emil Wallner ( 925) in einer Vorarbeit für eine Neuausgabe der Wiener Stadtrechte. Das Hainburger Stadtrecht des letzten babenbergischen Herzogs vom 1. Juli 1244 hält er vielmehr für eine nur wenig veränderte Übersetzung eines 2. kaiserlichen Stadtrechtes für Wien, das der Staufer 1247 oder etwas später auf Grund der herzoglichen Stadtrechte ausgestellt habe.

Die fleißige und belesene Arbeit von M. Feldmann ( 971), wohl eine juristische Dissertation, beschäftigt sich in der Hauptsache mit den rechtlichen Zuständen in den kyburgischen, ehemals zähringischen Besitzungen im Aaregebiet


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von 1218--1264. Sie erörtert dabei auch umständlich die Stellung der Kyburger im Verbande des Reiches, wobei durch manche Einzelheit das Verhältnis von Territorialgewalt und Zentralgewalt um die Mitte des 13. Jahrhunderts beleuchtet, wesentlich Neues aber wohl, wie auch in der ausführlichen geschichtlichen Einleitung über die Kyburger als Erben der Zähringer seit 1218, kaum erarbeitet wird und, von anderm abgesehen, der Satz, »daß von einem tatsächlichen Zusammenhang zwischen der kyburgischen Herrschaft und dem deutschen Reiche um die Mitte des XIII. Jahrhunderts nicht mehr gesprochen werden kann«, ein glattes Fehlurteil ist, wie es einem Historiker kaum untergelaufen wäre.

Seiner Geschichte der sicilischen Flotte unter den beiden Normannen Roger I. und Roger II. und unter den Staufern Konrad IV. und Manfred hat Willy Cohn ( 921) jetzt eine Darstellung desselben Gegenstandes für die Zeit von 1197--1250 folgen lassen, in der er mehrere schon vor längeren Jahren verstreut gedruckte, hier leider nicht genauer verzeichnete Aufsätze durchgesehen und zu einem nützlichen Gesamtbilde ergänzt vorlegt. Er schildert zunächst die äußeren Schicksale und die Tätigkeit der Flotte, den Verfall nach dem Tode Heinrichs VI. und den Wiederaufbau seit 1220 und ihre Verwendung im Dienste der Politik Friedrichs II., der anscheinend auch persönlich an ihr starken Anteil nahm. Er beschreibt sodann ihre Organisation und Verwaltung und behandelt dabei zum Teil sehr ausführlich auch die Personalien der 6 Admirale, vor allem der Genuesen Heinrich von Malta 1221--1239, wie Cohn annimmt, und Nicolinus Spinola 1239--1241. So ergänzt das Buch, wenn es auch fast durchweg bekanntes Material verarbeitet, fördernd die Literatur über Friedrich II.; besonders für den Kreuzzug und noch mehr für die folgenden Unternehmungen in Syrien und auf Cypern bis 1233 sowie für die Kämpfe mit Genua seit 1241 wird man es, was den äußeren Verlauf angeht, mit Vorteil benutzen. Die Annahme eines grundsätzlichen »Monopols« des Staates in der Seeschiffahrt sollte freilich doch auch hier näher begründet werden. -- Auch für die staufische Zeit Unteritaliens wertvoll ist die Arbeit von Eduard Sthamer über »die Hauptstraßen des Königreichs Sicilien im 13. Jahrhundert« (SA. aus: Studi di storia napoletana in onore di Michelangelo Schipa. Neapel, I. T. E. A. -- Editrice 1926. 16 S.).

Die kurze Zusammenfassung von Harold T. Cheshire ( 927), die für die Forschung kaum in Betracht kommt, erklärt die Erfolge der Mongolen nicht aus ihrer Zahl, sondern aus ihrer überlegenen Führung und bevorzugt die Bezeichnung Tataren als Sammelname, weil 1240 nur die Leibwache Batus und höhere Offiziere eigentliche Mongolen gewesen seien. Als die christlichen Völker Mittel- und Osteuropas, denen der Westen seine Rettung verdanke, nennt er Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, Südslawien und die Ukraine (!), erwähnt jedoch bei Liegnitz eine Abteilung Deutsch-Ritter und bezeichnet als wichtiges Ergebnis des Einfalls Batus den großen Anstoß zum Städte- und Burgenbau und zur Germanisierung.


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