IV. Deutsche Fürsten.

Die Bedenken gegen Kalkoffs Hypothese vom Kaisertum Friedrichs des Weisen sind von Wolf ( 996) erneut zusammengestellt worden, unter Anerkennung der Einzelaufklärungen, die Kalkoffs Buch gebracht hat. Wesentlich gefördert wurden unsere Kenntnisse in bezug auf die religiöse Stellung Friedrichs des Weisen. Nachdem Annie Koch ( 995) den Versuch gemacht hatte, die Auffassung Kalkoffs hierüber gegen die Arbeit E. Wagners (Zeitschr. f. Kirchengesch. 1923) unter einigen Abweichungen in Einzelheiten zu verteidigen, hat Kirn ( 994) endlich einmal die Frage unter Benutzung des reichen Materials, das vor allem das Ernestinische Gesamtarchiv in Weimar bietet, einer ganz gründlichen Untersuchung unterzogen. Mit Recht hat er sich dabei nicht auf die Zeit nach dem Auftreten Luthers beschränkt, sondern auch die ganze frühere Regierungszeit des Kurfürsten herangezogen. Im einzelnen behandelt er Friedrichs Stellung zu den sächsischen Landesbischöfen, seinen Kampf gegen den Mißbrauch der geistlichen Gerichtsbarkeit, sein Verhältnis zu den Klöstern, seinen Einfluß auf die Landpfarren und seine Ablaßpolitik. Erst das 7. Kapitel des Werkes ist dem Verhältnis des Kurfürsten zur Reformation gewidmet. Es gibt in großen Zügen eine Übersicht über seine Politik in der Lutherfrage von 1517 bis 1525. Im 8. Kapitel handelt der Verfasser zusammenfassend von der religiösen Überzeugung Friedrichs. Das Ergebnis ist, daß seine Kirchenpolitik vor der Reformation nicht wesentlich verschieden war von der späteren, daß er nicht bewußt das landesherrliche Kirchenregiment gefördert hat, sondern nur eingriff, wo er sich durch sein Gewissen dazu verpflichtet fühlte. Seinem Gewissen folgte er auch in seinem Verhalten Luther gegenüber. Er verhielt sich neutral nicht nur aus Politik, sondern weil er auch in seiner Gesinnung neutral war und nicht dulden wollte, daß etwas unterdrückt wurde, was wahr sein konnte. Allmählich vollzog sich dabei in ihm eine Annäherung an die neue Lehre, zu der er sich dann kurz vor seinem Tode auch offen bekannte. Daß dieser Übergang aber nicht so früh erfolgt ist, wie Kalkoff annahm, wird besonders auf dem Gebiete der Reliquienverehrung gezeigt.

Obgleich ein großer Teil der Akten über die Regierung des Markgrafen Hans von Küstrin 1758 verbrannt ist, hat Mollwo ( 1028) es doch verstanden, unter Ausnutzung alles irgendwie aufzutreibenden Materials ein lebensvolles Bild von ihm zu gestalten. Wir lernen in dem Markgrafen einen sehr energischen, fleißigen und sparsamen, ja fast allzu geschäftstüchtigen Fürsten kennen. Sein strenges Festhalten an der einmal erkannten, von Luther gefundenen Wahrheit erweckt Sympathie für ihn. Die scheinbaren Widersprüche seines Verhaltens in der Zeit des Schmalkaldischen Krieges werden durch seine irrtümliche Überzeugung, daß der Angriff des Kaisers nicht der Religion gelte, erklärt. In den Zeiten des Interims wurde er dann ein Hauptträger des Widerstandes. Die Jahre 1546 bis 1555 sind ja natürlich diejenigen, wo Hans am meisten mit der großen Politik in Berührung kam, von der er sich sonst mehr fernhielt in der richtigen Erkenntnis von der Kleinheit und Schwäche seines Gebietes. Dieses zu vergrößern war er erfolgreich bemüht. Als musterhafter Haushalter hatte er die Mittel dazu. Die verschiedenen Zweige der inneren Verwaltung seines Territoriums werden möglichst auch unter Berücksichtigung der Gehilfen verfolgt. Charakteristisch ist besonders der absolutistische Zug, der durch die Handlungen des Markgrafen geht, eines Vorläufers der preußischen Könige


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des 18. Jahrhunderts, die ja durch seine Tochter Katharina auch seine Nachkommen waren. Die Beziehungen zwischen Frankreich und den deutschen Protestanten von 1531--1552 werden von Zeller ( 1025) einer neuen eingehenden Darstellung unterzogen. Diese bildet jedoch in seinem umfangreichen Werke, das auf umfassender Literaturbenutzung und gründlicher archivalischer Forschung beruht, nur die Einleitung zu einer genauen Schilderung der Einnahme von Metz durch Heinrich II. Ein eignes Kapitel ist der Verfassung, den religiösen und wirtschaftlichen Verhältnissen in der Stadt vor 1552, ihren Beziehungen zu Frankreich und dem Reiche gewidmet. Von allgemeinem Interesse ist, daß der Verf. ein Streben der französischen Politik nach der Rheingrenze für das Mittelalter leugnet, erst seit der Mitte des 15. Jahrhunderts einzelne unmaßgebliche Stimmen derart zu finden vermag, das Ereignis von 1552 als einen Zufall betrachtet, der Idee der Rheingrenze und der natürlichen Grenzen noch für das 17. Jahrhundert geringe Bedeutung zuschreibt, ja noch für die Zeit der französischen Revolution Deutsche als die ersten Vertreter dieser Gedanken bezeichnet. Die 42 Aktenstücke aus den verschiedensten Archiven, die beigegeben sind, beziehen sich alle auf die Vorgänge von 1551/52. Ein zweiter Band soll die Annexion d. h. die Entwicklung der Dinge bis 1648 behandeln.

Zerstreute Beiträge zur Geschichte des Grafen Günther von Schwarzburg und seiner Reiter bringt Lammert ( 1021), vor allem ein Stück aus einer in Schardius Rer. Germ. SS. sich findenden Schilderung der Kämpfe des Kaisers gegen die Franzosen von 1555, an denen Günther ruhmvoll beteiligt war.


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