V. Bauernkrieg.

Auch im Jahre 1926 hat sich die Forschung noch mit besonderer Vorliebe dem großen deutschen Bauernkriege zugewandt. An Quellensammlungen ist die allerdings nicht im Buchhandel befindliche von Franz ( 999) zu nennen. Sie bringt in heutigem Deutsch eine gute Auswahl der bekanntesten Quellen und versieht sie mit Einleitungen, Abbildungen und Karten. Die Beigabe eines Verzeichnisses der aufgenommenen Stücke wäre erwünscht gewesen.

Die Aufgabe Stolzes ( 1000) war, die Beziehungen zwischen Bauernkrieg und Reformation zu klären. Er versucht, den Anteil der Reformation am Bauernkrieg genauer festzustellen, d. h. den Einfluß der religiösen Bewegung und den der Persönlichkeiten, die in ihr besonders hervortraten. Im 1. Kapitel sucht er die politischen, sozialen und religiösen Gründe, die zu den Erhebungen des gemeinen Mannes vor der Reformation geführt haben, gegeneinander abzuwägen. Er achtet dabei besonders darauf, um was für Gebiete es sich handelte, und meint, daß die Unzufriedenheit gerade in geistlichen Gebieten besonders groß gewesen sei. Die sozialen Momente läßt er stark zurücktreten. Das 2. Kapitel ist dem Hauptthema gewidmet. Da der Verfasser nur den Ereignissen im südlichen Schwarzwald, denen in der Rothenburger Landwehr und denen in Mühlhausen in Thüringen selbständige Bedeutung zuschreibt, braucht er nur diese genauer zu behandeln. In bezug auf das erste Gebiet ist sein Grundgedanke bekanntlich der, daß vor allem die Unterdrükkung der neuen Lehre den Anstoß zur Bewegung gab. Er sucht diese Anschauung durch neue, z. T. etwas gesuchte Argumente zu stützen. Mit Recht hebt er die große Bedeutung der zwölf Artikel als Werbemittel für die Ausbreitung der Bewegung hervor. Den Einfluß der Täufer und Zwinglis hält er für gering. Dagegen schätzt er die Einwirkung Karlstadts auf die von Rothenburg ausgehende Bewegung höher ein als Barge. Im übrigen sind es politische und


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religiöse Motive, die ihm auch hier vorzuwiegen scheinen. Das dritte Gebiet, dem St. seine Aufmerksamkeit zuwendet, ist Thüringen. Hier betont er vor allem, daß Müntzers Einfluß auf den Bauernkrieg im Gesamtgebiet Thüringens gering gewesen ist. Hier gaben vielmehr die zwölf Artikel den Anstoß. Auch in bezug auf Mühlhausen habe man Müntzers Einfluß überschätzt. Erst an den letzten Vorgängen, die zur Schlacht bei Frankenhausen führten, war er vor allem schuld. -- In einem 3. Kapitel faßt St. seine Ansichten noch einmal zusammen, hebt noch einmal hervor, daß die Bauern keine besitzlosen Proletarier, sondern angesehene, wohlhabende Leute waren und daß der Bauernkrieg geradezu als ein Bekenntnis zur Reformation erscheint. Luthers persönliche Stellung zum Bauernkrieg berührt er nur flüchtig, untersucht aber noch die Frage, ob der Bauernkrieg eine Katastrophe für die Reformation bedeutet hat. Er leugnet das, glaubt, daß die Wirkung eher eine Klärung war. Sehr vieles ist sicher in dem Buche problematisch, doch regt es vielfach zum Nachdenken an.

Von den lokalhistorischen Arbeiten zur Geschichte des Bauernkrieges, die im Jahre 1926 erschienen sind, darf die von Seith ( 1010) wohl als die wertvollste bezeichnet werden. Nach einer Einleitung über die geschichtliche Entwicklung und die Verfassung des Markgräflerlandes schildert er unter Benutzung zahlreicher Archivalien und einer sehr umfangreichen Literatur eingehend die Entwicklung der Dinge in diesem Gebiet und verfolgt auch noch ihre Nachwirkungen bis in die Zeit der Bauernbefreiung hinein. Auch hier machten die zwölf Artikel ihren Einfluß geltend, daneben wirkten ein gewisses Gemeinschaftsbewußtsein der Bauernschaft und die Nähe der Eidgenossenschaft. Besonders Basel spielte auch bei der Beilegung des Streites eine große Rolle. Markgraf Ernst erscheint als milder Herr, dagegen hinterläßt das schwankende Verhalten der Stadtverwaltung von Freiburg keinen günstigen Eindruck. Hervorgehoben zu werden verdient auch die glänzende Ausstattung des Werkes.

In den Südwesten Deutschlands führen uns auch Honeckers ( 1009) anspruchslose Skizzen zur Geschichte des Bauernkrieges, soweit er zu Waldshut Beziehungen hatte. Ob ihnen selbständige Bedeutung zukommt, läßt sich nicht erkennen, da keinerlei Quellen angeführt werden. Am wertvollsten ist wohl die Zusammenstellung aller Gründe, die für die Abfassung der zwölf Artikel durch Hubmaier sprechen.

Eine sehr detaillierte, allerdings wenig übersichtliche Darstellung des Bauernaufstandes von 1525 bis 1526 in Kärnthen liefert Braumüller ( 1001). 1525 waren vor allem die Knappen Oberkärnthens beteiligt, außerdem erscheint der Aufstand als eine Ausstrahlung der Erhebung im Salzburgischen, auch verschiedene kärnthnische Städte ließen sich hineinziehen. Auch die Gegenvorkehrungen Erzherzog Ferdinands und des Adels werden geschildert. Erst 1526 gelang es, der Bewegung völlig Herr zu werden. Die Darstellung beruht im wesentlichen auf archivalischem Material.

In einem Sonderabdruck aus der Geschichte seiner Familie behandelt von Thüngen ( 1002) den Bauernkrieg in Franken unter Bischof Conrad III. Dessen Persönlichkeit steht im Mittelpunkte der Darstellung. Der Verfasser glaubt die Erhebung der Bauern aus ihrer Lage erklären zu können, rechtfertigt aber auch das Verfahren des Bischofs gegen die unterworfenen Bauern aus


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der Härte der Zeit. Außer mit dem Bauernkrieg beschäftigt sich das Buch auch mit den Packschen Händeln und mit dem Verhältnis Conrads zum Reich und zum Adel. Dabei wird besonders sein Eintritt in den Schwäbischen Bund und sein Verhalten in der Zeit der Sickingenschen Fehde behandelt. Auch seine Tätigkeit als geistlicher Fürst und die Verhältnisse an seinem Hofe werden geschildert. -- Ins Obermaintal, d. h. in die Gegend zwischen Kulmbach und Bamberg führt uns die Arbeit von Dietz ( 1003). Sie bringt einige Ergänzungen zu dem Buche Stolzes von 1907, dessen Ergebnisse der Verfasser z. T. bestätigt, z. T. auch bekämpft. Es wird sehr viel lokalhistorisches Detail geboten. Besonders wertvoll erscheinen mir die in sachlicher Anordnung erfolgenden Auszüge aus den wirtschaftlichen sowohl wie den religiös-kirchlichen Forderungen, nur wünschte man hier und da genauere Angaben darüber, wann die einzelnen Forderungen auftauchen, und Untersuchungen über ihre gegenseitige Unabhängigkeit.

Einzelnen Bauernführern sind die Arbeiten von Bossert, v. Rauch und Solleder gewidmet. Bossert ( 1007) behandelt vor allem auf Grund von Akten des Württembergischen Staatsarchivs die Wirksamkeit des Matern Feuerbacher aus Großbottwar, der eigentlich gegen seinen Willen zum Bauernobersten gewählt wurde und auch stets bemüht blieb, für eine friedliche Beilegung des Streites und für Erhaltung der Ordnung zu wirken. Kurz vor dem Einzug der Bauern in Stuttgart am 26. April 1525 bricht die Darstellung für jetzt ab. Einer weit weniger sympathischen Persönlichkeit, dem Jäcklein Rorbach von Böckingen, dem Führer der Neckartaler, dem Urheber des Blutbads von Weinsberg hat v. Rauch ( 1008) seinen Fleiß gewidmet und alles zusammengestellt, was sich über ihn feststellen läßt. Privatangelegenheiten bestimmten Rorbach zur Teilnahme an der Erhebung, er war roh und grausam und wurde von den Bauern selbst öfters zur Seite geschoben. Für die allgemeinen Fragen ergibt sich kaum etwas aus der Arbeit. --Solleder ( 1004) folgert aus einem Schuldbrief über 1000 rheinische Gulden Gold, den die Brüder von Rosenberg am 23. Februar 1522 Florian Geyer ausstellten, daß dieser nicht aus Not, sondern aus Idealismus sich 1525 den Bauern angeschlossen hat.

Die Beziehungen zwischen der Schweiz und Oberdeutschland nicht nur während des Bauernkrieges, sondern vom Ende des 15. bis zur Mitte der dreißiger Jahre des 16. Jahrhunderts hat Stern ( 978) in einem 1886 gehaltenen, jetzt in umgearbeiteter Gestalt wieder abgedruckten Vortrag verfolgt. Über allerhand Hoffnungen auf deutscher Seite, Vermittelungsversuche in der Zeit des Bauernkrieges und die Aufnahme von deutschen Flüchtlingen in einzelnen Orten der Eidgenossenschaft kamen die politischen Beziehungen doch nie hinaus. Zu einem Zufluchtsort wurde die Schweiz auch in einer etwas späteren Zeit für Schertlin von Burtenbach, dessen Beziehungen besonders zu Zürich Stern ( 1020) 1891 in einem Aufsatz verfolgt hatte, den er jetzt auch wieder zum Abdruck bringt. In beiden Aufsätzen tritt das Streben der Schweizer, neutral zu bleiben, stark hervor.


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