II. Innenpolitik der 50er und 60er Jahre, nationale Bewegung.

Die Arbeit von Reinhold Müller über die Partei Bethmann Hollweg ( 1237) beruht in starkem Maße auf ungedrucktem Material, vor allem auf Nachlässen der führenden Persönlichkeiten der Wochenblattspartei, daneben auf dem Nachlaß Otto von Manteuffels und auf im Hausarchiv ruhenden Akten Friedrich Wilhelms IV. Der Verfasser zeigt gegenüber der bisher üblichen, etwas schablonenhaften Beurteilung der Wochenblattspartei die politischen Wandlungen, die diese unter dem Eindruck der politischen Ereignisse durchmachte, wobei als stärkste Triebkraft das Empfinden für die Schwäche der damaligen preußischen Außenpolitik hervortritt. Die Arbeit ist überhaupt charakteristisch für die preußischen Zustände jener Jahre. -- Die Marburger Dissertation von Naß ( 1243) untersucht die Innenpolitik Hassenpflugs und seine Stellung zur deutschen Frage 1850--1851 unter Benutzung des Staatsarchivs Marburg und des Nachlasses Hassenpflugs. Die Arbeit geht mit Recht von dem Standpunkt aus, daß man den hessischen Minister und seine Politik von seinen eigenen Voraussetzungen aus und nicht wie bisher üblich von den Ansichten der Gegner beurteilen müsse. Hassenpflugs Politik wurzele in dem Staatsideal der Restauration. Der Verfasser hält sich aber mit Recht von einer einseitigen »Rettung« fern, betont selbst die »formal-juristische Einseitigkeit« der ganzen Auffassung des Ministers, der dadurch den treibenden Kräften der Zeit hilflos gegenüber gestanden habe.


S.328

Die Stuttgarter Antrittsrede von Rapp ( 1234 a), der mancherlei wertvolle Arbeiten zur Geschichte der deutschen Einheitsbewegung geliefert hat, versucht knapp die Entwicklung des Kampfes um die deutsche Einheit im letzten Jahrhundert zusammenzufassen und nimmt dabei auch zu Problemen der Gegenwart Stellung. Wir glauben, vieles anders sehen zu müssen als Rapp, ohne das an dieser Stelle ausführen zu können. -- Die Arbeit von Hagenah ( 1247) behandelt den Anteil der Schleswig-Holsteiner an der nationalen Bewegung. Die materialreiche und interessante Untersuchung zeigt deutlich die enge Verbindung der schleswig-holsteinischen Bewegung mit dem Nationalverein. Der Verfasser betont mit Recht den starken Einfluß, den die nationale Bewegung im allgemeinen, und in Schleswig-Holstein im besonderen, für die Vorgänge der allgemeinen Politik und den Erfolg Bismarcks hatte. -- Der Aufsatz von Pagel ( 1249) bildet den Teil einer größeren Arbeit und behandelt die öffentliche Meinung in Mecklenburg von 1866--1871. Gegen den Krieg von 1866 wandte man sich ziemlich allgemein. Später traten die bürgerlichen Kreise für die neue Lage und den Norddeutschen Bund ein, mit deshalb, weil man davon auch einen innenpolitischen Umschwung gegenüber dem Feudalsystem erhoffte. Die Kreise der Ritterschaft waren auf das äußerste verstimmt und kämpften vor allem gegen ein deutsches Parlament. Sie sahen ihre alten Vorrechte durch den norddeutschen Staat bedroht. Der von diesen Kreisen beherrschte Landtag fügte sich nur der Zwangslage, und die Landräte baten den Großherzog, die Würde eines preußischen Generals niederzulegen. Pagel behandelt besonders eingehend den Wahlkampf von 1867, der in Mecklenburg wie überall in der klaren Front für oder gegen die neuen Zustände geführt wurde, und mit einem Siege der Liberalen über die konservativ-ständisch-partikularistischen Kreise endete. Erst der Krieg von 1870 führte auch in den herrschenden Schichten zu einer Wendung.


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