c. Allgemeine und diplomatische Gesamtgeschichte des Krieges.

Die in Frage kommende Literatur ist überwiegend wichtig als Erweiterung unserer Tatsachenkenntnis; sie besitzt mehr oder weniger mittelbaren oder unmittelbaren Quellenwert. Der Versuch einer wirklich zusammenfassenden Darstellung ist nicht gemacht worden.

Der zweite Teil von Tirpitz' politischen Dokumenten ( 1401) vertritt mit breiter urkundlicher Belegung seine schon aus den Erinnerungen bekannte Kritik der deutschen Seekriegsführung. Er führt im einzelnen die Stellung des Admirals in der Frage des Oberkommandos aus und verteidigt seine U-Boots-Politik. Weniger reich an unmittelbar Neuem als seinerzeit der erste Band des Werkes, da viel Dokumentarisches schon in der Seekriegsgeschichte des Marinearchives vorweggenommen war, ist doch auch dieser Teil durch die Fülle seines Materials von hohem Wert. Er beginnt mit wichtigen Aufzeichnungen zur Geschichte der deutschen Kriegserklärungen an Frankreich und Rußland, zeigt, wie Tirpitz bereits seit dem 6. August Kritik an der Zurückhaltung der Schlachtflotte in der Nordsee übt und füllt in seinen weiteren Ausführungen vielfach den Rahmen des Archivwerkes, bringt dazu aber, entsprechend der Stellung des Admirales, umfangreiches, wenn auch seiner Natur nach von Tirpitzschem Gesichtspunkt aus ausgesuchtes Material über das Konfliktsgebiet zwischen Kriegführung und Politik in Marinefragen. Aus den Anhängen ist die Verteidigung gegen den Vorwurf, durch falsche Angaben von U-Boot-Ziffern irreführend gewirkt zu haben, zu erwähnen. -- In einem besonderen Aufsatze hat der Großadmiral ( 1486) noch einmal unterstrichen, daß die Ermattungsstrategie zur See England gegenüber unser schwerster Fehler gewesen sei, da die Erfolgsaussichten der deutschen Flotte im Herbst 1914 bedeutend höher gestanden hätten als bei der bereits zu spät kommenden Schlacht am Skaggerak, eine Ansicht, gegen die Admiral Galster ( 1487) erneut Einspruch erhob, da auch in dieser ersten Kriegszeit die englische Überlegenheit zu erheblich gewesen sei.


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Von den deutschen Heerführern des Weltkrieges haben der Kronprinz durch Freiherrn von Eppstein und General von François ( 1402 a) und Hindenburg durch A. Niemann ( 1403) biographische Würdigungen erfahren, von denen das Kronprinzenbuch, eine sehr warme Verehrungsschrift, dem Historiker wenigstens eine Übersicht des Materials zu seiner Beurteilung vermittelt, das Buch von Niemann dagegen eigentlich nur durch den Abdruck von persönlich charakteristischen Soldatenbriefen an seinen Sohn und als Skizze des äußeren Lebenslaufes in Frage kommt.

Eine Sonderfrage mehr des Weltkriegsausganges, als des Weltkrieges selbst, die Entwicklung der schleswigschen Frage von 1914--1920, hat in dem Alnorschen Handbuch ( 1402) eine überaus gründliche, auf umfassender Quellenkenntnis mit besonnenem Urteil gearbeitete Darstellung gefunden. Sie beschränkt sich nicht nur auf die engere schleswigsche Frage, deren Stand seit der Jahrhundertwende in Zusammenhang mit den Beziehungen Deutschlands zu Dänemark betrachtet wird, sondern erweitert sich für die Kriegszeit zu einer Geschichte der dänischen Neutralität überhaupt, die sowohl in ihrer Abhängigkeit vom militärischen Verlauf des Krieges, wie als parteipolitisches und geistiges Ringen um die Seele des kleinen Landes eingehend untersucht wird, ein Beispiel, wie eine solche Frage doch in die großen Zusammenhänge des Zeitgeschehens eingeordnet werden kann, ohne dabei ihre lokale Besonderheit zu kurz kommen zu lassen.

Die Aufsätze, die Ch. Appuhn ( 1401 a) über die deutsche Politik im Kriege gesammelt hat, vermögen der deutschen Forschung nichts Neues zu sagen; immerhin sind sie zum Teil, so die Studien über die öffentliche Kriegsmeinung Deutschlands gegenüber Frankreich und über die päpstliche Friedensaktion von 1917, durch das Urteil eines sorgfältig sich informierenden Ausländers über deutsche Dinge von Interesse.

Über die Memoiren eines der wichtigsten galizisch-polnischen Politikers im Kriege, Bilinski, orientiert ein Aufsatz Twardowskis ( 1405), der als Einblick in die polnisch erschienenen Erinnerungen dankenswert ist. Die Memoiren enthalten danach reiches Material zur inneren Geschichte der Doppelmonarchie vor dem Weltkriege. Ein eingehendes Kapitel über Sarajevo, das von keiner serbischen Warnung weiß, lehnt die Verantwortung für die ungenügenden Sicherungsmaßnahmen ab, da Bilinski, der damalige gemeinsame Finanzminister, mit den Vorbereitungen der Reise in nichts befaßt worden war. Nach seiner Demission im Jahre 1915 wurde der Verfasser als Obmann des Polnischen Klubs der führende Repräsentant des österreichischen Polentums, so daß die Memoiren, die die österreichische Polenpolitik scharf verurteilen, offenbar eine wichtige Quelle für ihre Fragen darstellen. So hat der Klub im Jahre 1916 sehr energisch am Sturz Burians mitgewirkt. Seine Bedeutung für die österreichische Kriegspolitik verdient anscheinend eine weitere Untersuchung, die diesen Teil der Memoiren noch eingehender auswertete. -- Zwei eingehendere Untersuchungen hat Masaryks Buch über die Weltrevolution veranlaßt. Hugo Preller ( 1407) versucht eine Gesamtwürdigung des Präsidenten, der eine so einzigartige Bahn vom politischen Gelehrten zum Kulturpropaganda großen Stils pflegenden Politiker gegangen ist, ohne jedoch über das hinauszugehen, was sich kritisch aus dem Buch Masaryks selbst erschließen läßt. -- Der Prager Gelehrte Spiegel ( 1406) gibt eine knappe, aber durch


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enge persönliche Verbindung mit dem Geschehenen lebendig durchwärmte Skizze von der Laufbahn des Präsidenten, die an Selbständigkeit und innerer Freiheit dem vorhergehenden Aufsatze doch überlegen ist. Beide Verfasser bestätigen den Wert des Masarykschen Buches als Quellenschrift ersten Ranges, deren weltanschauliche Gesamtzeichnung des Weltkrieges jedoch eine reine Tendenzkarikatur des Westlers Masaryk bedeutet, der sich von den Verzerrungen der eigenen geistigen Kriegspropaganda nicht wieder hat lösen können.

Ein Quellenbuch ersten Ranges zur Geschichte der französischen Politik bedeuten die vom März 1908 bis Januar 1917 führenden Notizbücher von G. Louis ( 1408). Informationsnotizen zum eigenen Gebrauch sind sie eilig im Drang des Tages niedergeworfen und verlangen einen kritischen Gebrauch, der Ursprung und Wert der einzelnen Nachricht vorsichtig untersucht. Als Ganzes bedeuten sie doch einen unschätzbaren Einblick in die Arbeitskammer der politischen Welt Frankreichs. Geschrieben von einem Manne, der in seiner ersten Petersburger Zeit in enger Verbindung mit Nicolson stand, für den der selbstverständliche, unausgesprochene Kern des Zweibundes der zukünftige Gewinn der Meerengen und Elsaß-Lothringens war, dürfen sie durch den Abberufungskonflikt mit Poincaré nicht verleiten, den Verfasser im Lichte eines prinzipiellen Friedensfreundes zu sehen. Der Kampf Louis' gegen Poincaré und Iswolski, den »gefährlichsten Mann Europas«, ist geführt worden, weil er der Allianz die Kraft zum Kriege gegen Deutschland nicht zutraute. Seine Kritik erreicht daher ihren Höhepunkt erst in den Jahren 1914--1915, als der Krieg des Präsidenten Frankreich tatsächlich in den Abgrund zu reißen drohte. Ebendiese Lage entlockt selbst Politikern wie J. Cambon die belastendsten Zeugnisse gegen Poincarés kriegsvorbereitende Tätigkeit. Als Einblick in das Wesen der französischen Zweibundpolitik, Einblick in die Tätigkeit Poincarés und Iswolskis und schließlich die Besorgnisse leitender französischer Kreise während der ersten Kriegsjahre sind diese Aufzeichnungen von erstrangigem Quellenwert als erste Bruchstücke nach den Erinnerungen Paléologues, die uns einen lebendigen Eindruck von dem inneren Getriebe der französischen Politik vermitteln. -- Die temperamentvolle Biographie, die E. Judet ( 1409) auf dieses Material aufgebaut hat, kann dagegen nur als kritisch zu benutzender Kommentar akzeptiert werden, da die eigenen Zutaten Judets doch einigermaßen vorsichtig zu behandeln sind. Die Erscheinung dieses Publizisten, der lange mit Poincaré zusammengearbeitet hat, um schließlich sein schärfster Gegner zu werden, erscheint wenigstens heute noch nicht genügend geklärt, als daß man sich dort auf ihn verlassen könnte, wo er sich nicht auf die Autorität des Louisschen Materials stützen kann. Indessen ist zweifellos, daß er in den Grundzügen mit seiner These Recht behält, daß Louis aus Petersburg entfernt wurde, weil er dort als Hemmschuh gegen die aggressive Unruhe der Politik Poincaré-Iswolski wirkte.

Neue Quellen zur russischen Geschichte im Kriege -- großfürstliche Aufzeichnungen und Briefe sowie ein Memoirenfragment des Generals Poliwanow, Kriegsminister von Juni 1915 bis März 1916 -- hat G. Frantz durch Übersetzung erschlossen ( 1412). Seine Einleitung prüft wieder die Frage der russischen Kriegsvorbereitung unter besonderer Berücksichtigung des Operationsplanes und der Bewertung der einzelnen höheren Führerpersönlichkeiten. Die übersetzten Materialien sind größeren Teiles Beiträge zu militärischen Fragen des russischen Krieges, die wertvolle Einblicke in die zerfahrene Unsicherheit


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geben, die hier schon nach den ersten Niederlagen ein allgemeines Mißtrauen in eigenes Können und eigene Kraft erzeugt. Auch politisch interessante Mitteilungen sind vornehmlich in den abschließenden großfürstlichen Kriegsbriefen an den Zaren enthalten, die sich von fanatisch hochmütigem Deutschenhaß bis zu flehentlichen Bitten um innenpolitische Nachgiebigkeit bewegen.

Eine größere Darstellung der päpstlichen Kriegspolitik hat ein Italiener, E. Vercesi ( 1419), geschrieben. Sein Ziel ist der Nachweis, daß der Papst wirkliche Neutralitäts- und Friedenspolitik getrieben hat, nicht, wie man in Italien im Kriege und vielfach auch heute noch ihm vorwirft, eine Politik, die den Zentralmächten stärker geneigt gewesen wäre, als ihren Gegner. Leider begnügt sich diese Darstellung mit der offiziösen Aktion der Kurie, die schon aus ihren öffentlichen Kundgebungen im Kriege festzustellen war. Der Nachweis gleichmäßiger Neutralität war an dieser leicht durchzuführen und ist von dem Verfasser technisch gewandt durchgeführt worden, bietet aber historisch nicht viel Neues, es sei denn, daß der Hinweis auf die Antipathie der Kurie gegen eine Festsetzung Rußlands in Konstantinopel sehr stark hervortritt. Dagegen bleibt die Frage nach den österreichischen Beziehungen des Vatikans unbeantwortet, und auch die päpstliche Friedensaktion von 1917 stellt der Verfasser nur nach der älteren deutschen Literatur dar. Sein Bestreben geht auch hier nur dahin, ängstlich nachzuweisen, daß mit diesem Schritte der Vatikan Deutschland keinen besonderen Dienst habe erweisen wollen.

Ein Erinnerungswerk, das für die englische Kriegsführung sich gleichberechtigt, wenn auch nüchterner und soldatisch sachlicher neben Curchills Weltkrisis stellt, sind die Erinnerungen des englischen Generalstabschefs der Jahre 1915--1918, William Robertson ( 1410). Sie zeigen, wie im englischen Offizierkorps schon seit 1902 Deutschland der künftige Gegner zu werden beginnt, dessen Durchmarsch durch Belgien im Kriegsfalle kaum mehr bezweifelt wird. Robertson, ganz Soldat und im letzten Grunde mit der englischen Unterordnung des Militärs unter den Politiker einverstanden, hat für England zum großen Teil den sachlich unvermeidlichen Kampf des Soldaten gegen die Politiker im Kriege auszufechten gehabt, der auch in diesem Lande während des Weltkrieges eine ganz gewaltige Bedeutung gehabt hat. Robertsons Predigt von der Notwendigkeit der Kraftkonzentration an der französischen Hauptfront ist in ihrer nüchternen Einfachheit zu schlicht gewesen, um der Neigung von Amateurstrategen wie Churchill und Lloyd George zu weitholenden, Prestigeerfolg versprechenden Überseeunternehmungen dauernd gewachsen zu sein. Trotz der Dardanellenlehre hat er weder Saloniki noch Kut-El-Amara verhindern können und insbesondere gegen das willkürliche Mißtrauen Lloyd Georges einen Kampf führen müssen, dem er schließlich zum Opfer gefallen ist. Der Anblick der schweren Spannungen, die hier vorlagen, ist nicht nur an sich sehr lehrreich, sondern vor allem auch historisch-didaktisch wertvoll, um vor einer zu schlechthin vereinfachenden Beurteilung des gleichen Problems auf deutscher Seite zu warnen. Ebenso lehrreich ist die Parallele der Schwierigkeiten, die im Ententelager das Problem der Einheitlichkeit des Oberbefehls veranlaßte, mit den verwandten deutsch-österreichischen Reibungen, in denen freilich niemals ein Ministerpräsident so stark wie Lloyd George auf Nachgiebigkeit der eigenen Heerführer gegen den Verbündeten gedrängt hat.

Die Entwicklung Amerikas seit 1918 hat den Kampf um die Beurteilung der


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Wilsonschen Politik zu immer größerer Schärfe anschwellen lassen und allmählich historiographische Folgeerscheinungen gezeitigt, die an Umfang und Intensität den historischen Verantwortlichkeitsdebatten der europäischen Länder kaum mehr nachstehen. Ein interessantes Quellenmaterial für die literarische, wissenschaftliche und politische Entwicklung des Präsidenten vereinigt der zweite Band seiner Public Papers ( 1422), der in bunter Fülle Aufsätze und Reden seit den Anfängen seiner Gelehrtentätigkeit vereinigt und bis zur ersten Präsidentenwahl im Jahre 1913 führt. Er beginnt mit einer sehr amerikanischen Bismarckstudie aus dem Jahre 1877 und zeigt an breitem Material, bei dem aber nur bisher nicht gesammelte Schriften aufgenommen sind, das allmähliche Anschwellen des politischen Interesses, dem sich das Erzieherische und Religiöse mehr und mehr unterordnet, ohne daß jedoch der Politiker den professoralen Charakter des Doktrinären jemals abzustreifen vermag. -- Die Biographie von W. A. White ( 1421), für die Kriegszeit unbedeutend, ist ebenfalls wertvoll durch breite, auf vielfach neuer Information beruhender Analyse von Werdegang und persönlichem Wesen dieser merkwürdig aus schottischem Puritanertum und sehr viel schwächerem Irenblut gemischten Persönlichkeit, die ein Büchermensch durch und durch vor der Präsidentenwahl ernsthafte Kämpfe nicht zu bestehen hatte und, den Realitäten im Grunde fremd, auch als Führer von Gesetzgebung und Volk isoliert, »an exalted schoolmaster« geblieben sei. Als psychologische Charakterstudie verdient diese fesselnde Biographie jedenfalls ernste Beachtung. -- Der Staatssekretär für Landwirtschaft in Wilsons Kabinett, D. F. Houston ( 1423) hat in einem zweibändigen Werk eine Auswahl seiner Notizen über die Kabinettssitzungen gegeben, in der das Interesse für landwirtschaftliche Fragen überwiegt. Obwohl nicht ohne gelegentlich wertvolle Einzelnotizen, bestätigt das Buch durchaus die Uneingeweihtheit des Kabinettes in die Außenpolitik des Präsidenten, dessen warmer Anhänger der Verfasser war, ohne darum Näheres von seinen Absichten und Handlungen zu erfahren. Sehr interessant sind die eingehenden Aufzeichnungen über die Beratungen vom 22. Oktober 1918, die der dritten Wilsonnote vorhergingen. Unter den von Deutschland zu fordernden Verfassungsreformen ist eine Abdankung Wilhelms II. nicht erwähnt. Houston selbst äußert bereits das Bedenken, der Sieg könne zu stark für die Zügelung der Alliierten werden; die Frage stellt sich, ob das amerikanische Volk noch bereit sein werde, für allzu hoch gespannte Bedingungen weiter zu fechten. Eine Gesamtcharakteristik Wilsons von dem Verfasser betont seine ausschließliche Intellektualität, seine Eigenart als »single-track mind« und seine menschlich-persönliche Isoliertheit, die zu überraschend plötzlicher Abstoßung alter Mitarbeiter geführt habe. -- Bestätigung und breiteste dokumentarische Belegung hat schließlich alle diese Kritik in dem grundlegenden Quellenwerk zur Erkenntnis der Wilsonschen Kriegspolitik, den für Amerika sensationell erschütternden Papieren des Obersten House ( 1424) gefunden, die zuerst von Rich. Fester in einem gedrängten, überreichen Aufsatz ausgewertet sind ( 1424a). Dilettantismus, naiver Hegemoniedrang und unbedingte Abhängigkeit und Leitbarkeit durch die überlegene englische Diplomatie sind danach schon Kennzeichen der Amateurpolitik Houses bei seiner ersten Europareise im Frühjahr 1914. Die Mission der Jahreswende 1915--1916 ist bereits getragen von dem Wunsche des Obersten und des Präsidenten, durch ihre Vermittlung das militärisch noch überlegene

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Deutschland zu einem Frieden der Niederlage zu zwingen oder an der Seite der Entente in den Krieg einzutreten. Die Verabredung vom 22. Februar mit Grey enthält bereits das Programm der Vierzehn Punkte mit der Verstümmelung der deutschen West- und Ostgrenze in sich und beleuchtet vordeutend auch den Sinn der Wilsonschen Vermittlung vom Ende des Jahres 1916. Die Geschichte des amerikanischen Kriegseintrittes wird nach den Materialien dieses an Bedeutung die Page-Erinnerungen noch weit überragenden Buches in Zukunft ganz neu zu orientieren sein in dem Sinne, wie ihn Fester, aber auch schon der kritische Amerikaner Barnes formuliert hat, daß der U-Boot-Krieg jedenfalls nicht die Bedeutung gehabt hat, die Vereinigten Staaten zum Kriege zu zwingen, sondern dem seit lange feststehendem Wunsche des Präsidenten lediglich das Stichwort und den Propagandastoff geliefert hat.

Eins der abstoßendsten Kapitel des Weltkrieges, die Vergewaltigung der griechischen Neutralität, hat schließlich zwei wertvolle französische Darstellungen gefunden, von denen die Cosmin's ( 1420) eine warme Apologie König Konstantins bedeutet, die dokumentarisch noch reicher belegte von Driault und Lhéritier ( 1428) mehr veniselistisch gerichtet ist. Beide zeigen sehr instruktiv in der Geschichte dieser von der deutschen Forschung bisher zu Unrecht vernachlässigten Seite des großen Krieges, daß die Politik Konstantins nicht im geringsten von prodeutscher oder dynastischer Sympathie geleitet worden ist, sondern an sich durchaus den Wunsch hatte, rechtzeitig den Anschluß an das Lager der Entente zu finden, der bei der Abhängigkeit Griechenlands von der See das Gegebene war. Die Entente hat jedoch, wenn auch unter Schwankungen und Kämpfen, die Bevorzugung Veniselos' gewählt, weil dieser in seinem haßerfüllten inneren Kampfe gegen den König bereit war, das Bündnis ohne jede Belastung mit Bedingungen zu vollziehen, die der König ebenso wie Italien oder Rumänien vor dem Eintritt Griechenlands in den Krieg verlangt hat.


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