IV. Ordens- und Klostergeschichte der einzelnen Territorien.

Mitten in den Streit zwischen Papsttum und Kaisertum, Reichskirche und Reformkirche in den Tagen Heinrichs IV. fällt die Gründung des Klosters Lambach. Bischof Adalbero von Würzburg aus dem Hause der Grafen v. Lambach wird sie zugeschrieben, Dieser für die Reform begeisterte Kirchenfürst ging 1076 zur Partei Gregors über. Er hat das von seinem Vater gegründete Chorherrenstift zu einem Reformkloster umgewandelt. Die ältesten Urkunden für Lambach harren noch der wissenschaftlichen Untersuchung. Diese wird auszugehen haben von der Würzburger Schreibschule, aber auch die Hss. der Stiftsbibliothek heranziehen müssen. Die Anfangsgeschichte von Lambach steht daher in engem Zusammenhang mit der Geschichte sowohl des Reiches wie der Reichskanzlei.

Noch weitere Probleme von allgemeinem verfassungsgeschichtlichen Interesse sind mit der Frühgeschichte von Lambach verbunden. Auch Lambach wird hineingezogen in den Kampf um die Vogtei. Das Würzburger Eigenkloster kommt durch Kauf in den Besitz des Babenberger Herzogs Leopold VI. Sobald das Kloster landesfürstlich geworden ist, strebt es nach Entvogtung und wird dabei von dem Landesherrn Leopold unterstützt im Kampf gegen die Untervögte, die Herren von Starhemberg. In diesem Kampf spielen, wie damals üblich, Urkundenfälschungen eine große Rolle.

Der Aufsatz von E. Trinks ( 1972) sucht mit gutem Glück die Unklarheiten, welche die Vogteigeschichte von Lambach verhüllen, aufzuhellen, wenn auch in Einzelfragen Klarheit noch nicht erzielt wird. Als das Kloster nach wechselvollem Geschick 1277 endlich in halbhundertjährigem Kampf die Vogtfreiheit endgültig errungen hat, hatte der Besitz der Vogtei für die bisherigen Inhaber an Wert verloren, für das Kloster aber bedeutete der Erwerb einen


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weiteren Schritt auf dem Weg zur Erlangung der völligen gerichtlichen Unabhängigkeit. Diese wurde ihm 1492 zugestanden.

Die Gesellschaft für trentino-franziskanische Studien, welche sich 1918 bildete, gibt einen Sammelband heraus, der eine Reihe von Beiträgen zur Geschichte der 1643 von Urban VI. bestätigten Franziskanerprovinz des Trentino enthält ( 1973). Mehrfach gewinnt man den Eindruck, als sei das aus Anlaß des Franziskusjubiläums veröffentlichte Werk weniger der Ehre des Ordensstifters gewidmet, als vielmehr geschrieben, die Gunst des Duce zu erringen. Ohne jede sachliche Notwendigkeit wird z. B. das italienische Heer gefeiert, welches 1919 das Trentino von dem weltlichen, harten österreichischen Joch befreite und es endgültig dem italienischen Himmel schenkte. An einer andern Stelle werden die »rapaci Teutoni«, die während des Krieges Borgo besetzten, des Bibliotheksraubes beschuldigt. Dieser chauvinistische Geist spricht freilich hauptsächlich aus dem ersten Beitrag des P. Teodorico Asson. Von den übrigen Aufsätzen seien erwähnt P. Eligio Malfatti über Bonelli, den Herausgeber der Werke des Hl. Bonaventura; P. Emilio Chiocchetti über den Anteil der Franziskaner im Trentino an theologischen Kontroversen; über ihre Tätigkeit in der praktischen Seelsorge schreibt P. Giorgio Donei, über die Kunst in den Franziskanerkonventen des Trentino P. Angelo Molinari.

Aus dem Werke des P. Bernardin Lins ( 1974) interessiert vor allem die Feststellung, daß die Abtrennung einer besondern bayerischen Ordensprovinz und ihre Zuweisung an die italienischen Reformaten in engem Zusammenhang miteinander und mit der landesfürstlichen Politik Herzog Maximilians I. steht, der als der eigentliche Gründer anzusehen ist. Wenn der Orden bei den Straßburger Observanten verblieb, so konnte Max niemals hoffen, die Erlaubnis zur Gründung einer eigenen Provinz zu erhalten. Leichter ließ sich das unter dem Vorwand einer gottgefälligen Reform erreichen. Auch so mußte er noch viele Wiederstände überwinden, aber seine Zähigkeit setzte sich durch. Am 1. März 1625 bestätigte Urban VIII. die bayrische Reformatenprovinz. Anfangs wurde sie von Italienern geleitet. Das Jahr 1638 bringt den ersten bayrischen Provinzial. In die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts fällt die Blütezeit der Provinz. Es beginnt aber auch, genährt durch innere Lehrstreitigkeiten, der Verfall. Weitere Einbußen bringt die Zeit des Staatskirchentums. Schließlich gibt es nur noch drei Zentralklöster. Neues Leben bringt erst das 19. Jahrhundert unter Ludwig I. Im 2. Teil seines Werkes behandelt Lins das religiöse Leben (die Statuten) und die Missionstätigkeit der bayrischen Franziskaner. Erwähnt sei schließlich auch noch die Tatsache, daß, nachdem 1747 ein siebenter Poenitentiar am Lateran angestellt wurde, und zwar für die deutsche Sprache, dieser von 1750 an über 100 Jahre der bayrischen Reformatenprovinz entnommen wurde. In einem besonderen Aufsatz ( 1975) bringt Lins Ergänzungen zu den Ausführungen des zweiten Teils.

Der als Eigenkloster schwäbischer Dynasten, der Biberbacher, 1145 gegründete Frauenkonvent von Weihenberg hat es niemals zu größerer Bedeutung gebracht. Im 14. Jahrhundert verschwindet der Propst, an der Spitze steht die Meisterin des Konvents, die Seelsorge übt ein Kaplan aus. Dertsch bringt eine Liste der Dignitäre, Kapläne und Pfleger des Stiftes und eine genaue Güterbeschreibung ( 1976).

Nicht nur dem Kirchenhistoriker, sondern namantlich auch dem Wirtschaftsund


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Kulturhistoriker bietet die Geschichte des Dominikanerinnenklosters Altenhohenau von Mitterwieser ( 1977) vielfache Anregung. Obwohl der Konvent zeitweise auf 11 Mitglieder herabsinkt, wächst der Güterbesitz des Klosters. Die Einnahmen setzen sich zusammen, abgesehen von den Zinsen der Bauern, aus Überschüssen von Getreide, den Einkünften aus Brauerei, Ziegelei, Schweinezucht, Viehzucht (Verkauf der Felle, Schafwolle) und aus dem Verkauf von Hanf. Auch die Wallfahrt zum Christkinde brachte dem Kloster mannigfachen Nutzen. Aus dem 16. und 17. Jahrhundert sind im Bayr. Hauptstaatsarchiv Katasteraufnahmen über den Grundbesitz des Klosters erhalten. Ein eingehenderes Studium, als es der Verfasser diesen Quellen angedeihen läßt, dürfte namentlich der Wirtschaftsgeschichte zugute kommen.

P. W. Fink, der Bibliothekar des Klosters Metten, nimmt die früheren unvollendet gebliebenen Versuche, eine Geschichte der Abtei zu schreiben, wieder auf ( 1978). Er berechnet das Werk, welches 1930 zur Hundertjahrfeier des Wiedereinzuges der Benediktiner in Metten vollständig vorliegen soll, auf vier Bände. Wirtschaftsgeschichte, Rechtsgeschichte, Ordensgeschichte, Geistesgeschichte werden gleichmäßig an den Forschungen interessiert sein. Der erste Band liegt schon jetzt vor; F. veröffentlicht auf Grund sorgfältig gesammelter Quellen ein Profeßbuch der Abtei. Es gibt nach Möglichkeit Aufschluß über Geburts-, Profeß- und Todesdatum der einzelnen Mönche, über ihren Geburtsort, Namen und Stand der Eltern; sucht zu ermitteln, welche Schulen der einzelne Mönch besucht, welche Ämter er im Orden bekleidet hat. Auf diese Weise kommt der Verfasser den Bedürfnissen des Familienforschers, des Heimatfreundes, des Kirchen-, Ordens- und Profanhistorikers in gleicher Weise entgegen. -- Derselbe Verfasser behandelt in einer besonderen Arbeit den Besitz der Abtei Metten im Lande ob und unter der Enns ( 1979). Dieser Aufsatz bietet eine nur wenig brauchbare äußerliche Zusammenstellung von Nachrichten über den Gütererwerb des Klosters in dem genannten Gebiet. Das entwicklungsgeschichtliche Moment, welches F. nach den Worten der Einleitung zum Profeßbuch seiner Klostergeschichte zugrunde legen will, sucht man hier vergebens. Dabei finden sich in den gegebenen Daten eine Reihe von Anhaltspunkten, wo die Forschung sehr gut hätte einsetzen können. Schon die Gleichheit vieler Namen im altbayrischen Gebiet und dem neuen Besitz läßt darauf schließen, daß es sich um eine ausgedehnte Kolonisationstätigkeit handelt und fordert zum Vergleich mit ostelbischen Verhältnissen heraus.

Zeiß bringt den Wortlaut des Eides, den die Äbte bei der Weihe zu leisten haben ( 1980). Die Formel ist teilweise den Dekretalen Gregors IX. entnommen und zeigt die starke Abhängigkeit nicht-exempter Klöster vom Bischof.

Das auf der Höhe des Mittelalters gegründete Prämonstratenserstift Windberg sollte wie alle Klöster dieses Ordens in erster Linie der Seelsorge dienen. Windberg verdankt seine Berühmtheit aber weniger dieser Wirksamkeit als vielmehr der Tatsache, daß in den Folianten der Windberger Bibliothek altes deutsches Schrifttum in reicher Fülle gesammelt und aufbewahrt wurde. Für die Geschichte der deutschen Sprache ist die kostbare Windberger Glossenliteratur bereits verwertet und wissenschaftlich ausgebeutet worden. Unter den historischen Hss. scheint mir von besonderem Interesse der Codex 22 201. Er enthält u. a. eine Abschrift der berühmten drei Briefe (Friedrichs I., Hadrians


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IV., Bischof Hillins von Trier), in denen die Frage der Gründung einer deutschen Nationalkirche erörtert wird. Man hat die Briefe längst als Fälschung erkannt, aber sich bisher dabei auf die um ein Jahrhundert jüngeren Abschriften gestützt, die in Stablo und Niederaltaich sich befinden. Vielleicht veranlaßt die Windberger Hs., auf die Sturm aufmerksam macht ( 1981), daß man die Frage von neuem aufrollt. Aus Windberg stammt auch die erste deutsche Kalenderberechnung (computus). Eine reiche Predigtliteratur, Briefe und Kirchenväter, Askese, Mystik, Kirchenrecht liegt hier handschriftlich erhalten und wartet auf den Bearbeiter. Einen guten Führer bietet der Münchener Handschriftenkatalog unter der Rubrik: Windberg. -- Die Arbeit von Winkler ( 1982) führt aus dem Mittelalter heraus in das 19. Jahrhundert, in die Zeit des Aargauer Klostersturms, des Schweizer Sonderbunds, Metternichs. Das österreichische Angebot eines Asyls an die Benediktiner, die aus dem von Habsburgern einst gegründeten Kloster Muri vertrieben waren, wurde nicht zuletzt von der großen Politik diktiert. Die katholische Macht Österreich hatte den Klostersturm im Aargau nicht hindern können. Die Gründung eines Priorates sollte nun wenigstens einen ständigen Protest gegen die Aufhebung bedeuten und den Anspruch der Mönche auf Rückkehr nach Muri aufrechterhalten. Die Geschäftsführung Metternichs, sein Einfluß auf den Kaiser, die Intriguen der österreichischen Verwaltung erfahren eine interessante Beleuchtung.

W. Merz läßt dem 1924 erschienenen ersten Band der Aarauer Jahrzeitbücher den Schlußband mit Namen- und Sachregister folgen ( 1984). -- Die Entdeckung einer älteren Hs. in der Registratur des Stadtpfarr- und Dekanatsamts Ehingen veranlaßt Zeller, das Nekrologium von Urspring neu herauszugeben ( 1985). Der nach einer Hs. von 1655 veröffentlichte Druck Baumanns in den M. G. Necrologia I, 214--217 ist damit veraltet. Z. gibt Bruchstücke eines Nekrologiums aus dem 13. Jahrhundert und ein jüngeres Totenbuch aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts. Namentlich diese zweite Quelle aus dem 15. Jahrhundert enthält wertvolle Aufschlüsse zur Geschichte des Klosters und der Genealogie der adeligen Geschlechter Schwabens.

Die Untersuchungen Franz Beyerles berühren wichtige Fragen der kirchlichen Verfassungsgeschichte und der politischen Geschichte zugleich ( 1987, 1988). Noch niemand hat sich bisher die Frage vorgelegt, wie wohl der auffallend große Umfang des Bistums Konstanz, seine unregelmäßige Ausdehnung historisch zu erklären sei. Die Deutung, die B. aus den Quellen glaubt erschließen zu können, überzeugt. Er stellt fest, daß zu einer Zeit, da die Alamannen noch Heiden waren, die Anfänge des Bistums auf dem linken Rheinufer zu suchen sind. Hier gab es ursprünglich nur ein Bistum, die civitas Helvetiorum (Aventicensis, Vindonensis). Die Einverleibung Rhaetiens ( 536), die Neuordnung der Gebiete (Thurgau) und die wechselnden Schicksale des Grenzgebiets führten zur Abtrennung eines eigenen Bistums für die ostschweizerischen Alamannenlande. Im 6. Jahrhundert wechselt, wie es scheint, mit der Gebietshoheit auch der Bischofssitz zwischen Windisch und Avenches. Im zweiten Jahrzehnt des 7. Jahrhunderts erscheint zum erstenmal das Bistum Konstanz. Es bleibt zunächst beschränkt auf das linksrheinische Alamannien. Das rechtsrheinische Stammesgebiet war um 743 noch nicht organisiert. In das Jahr 742 fällt der Aufstand des Stammes. Was nun während der kriegerischen Wirren


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nicht organisiert werden konnte, wurde später -- wahrscheinlich im letzten Drittel des 8. Jahrhunderts -- kurzerhand mit dem bestehenden Bistum Konstanz vereinigt.

In das Gebiet der fränkischen Politik führt die Frage der Gründung der Reichenau. B. macht es mit guten Gründen wahrscheinlich, daß die Reichenau einen fränkischen Vorstoß gegen die Alamannenherzöge bedeutet. Durch die Verbindung der Reichenau mit Konstanz, die Personalunion von Abt und Bischof (736--782), die Besetzung mit Männern der arnulfingischen Partei konnte der Kampf gegen die aufsässigen Herzöge um so erfolgreicher geführt werden, wenn, wie dies wirklich der Fall war, gleichzeitig Straßburg mit arnulfingischen Parteigängern besetzt wurde.

Mit der Konstanzer Bistumsgeschichte eng verbunden ist das Verhältnis von Ulm zur Reichenau. Auch hier gelangt B. zu genauerer Datierung. Die Schenkung von Ulm an Reichenau geht auf Karl d. Gr. zurück. Sie muß wegen des Übergreifens der Ulmer Pfarrei auf das rechte Illerufer erfolgt sein, ehe das Bistum Konstanz gegen Augsburg abgegrenzt wurde, und zwar in einer Zeit, als Reichenau-Konstanz durch Personalunion noch verbunden waren, also vor 782. So kommt B. zu den Jahren 768 bis 782 als möglichen Daten für die Vereinigung der Pfarrei Ulm mit der Reichenau.

Humbert stellt die Nachrichten zusammen über die äußere Geschichte der Pfarrei Limbach im Odenwald, den Wechsel ihrer Patronatsherren. Er gibt eine Beschreibung des Kirchenvermögens, eine Liste der Pfarrer seit 1639, der Kapläne von 1773 an ( 1989). -- Auch aus der Arbeit von Landmann ergibt sich wieder, worauf oben schon hingewiesen wurde, welchen Wert man seit der Mitte des 15. Jahrhunderts auf die Predigt legte ( 1990). Wenn auch grundsätzlich alle Franziskaner zum Predigen tauglich gemacht werden sollten, so übertrug man das Predigtamt in Wirklichkeit nur dem Tüchtigsten. Den Inhalt der Predigt charakterisiert folgende Vorschrift: »vitia et virtutes, poenam et gloriam cum brevitate sermonis«. In der Predigtweise strebten die Franziskaner vor allem nach Anschaulichkeit. Die Klöster waren eifrige Sammler von Predigthandschriften. Im Abschreiben von solchen bestand vor dem Aufkommen des Buchdrucks eine wichtige Beschäftigung der Franziskaner.

Soweit der zur Fortsetzung bestimmte Aufsatz von E. Bécourt reicht ( 1991), beschränkt er sich auf eine chronikalische Zusammenstellung von Nachrichten über das Kloster, die Stadt und die Familie von Andlau vom Ende des 13. Jahrhunderts an. -- N. Paulus stellt eine Reihe von Daten über das Leben des Augustinergenerals Thomas von Straßburg († 1357) zusammen ( 1992). Auch über seine theologischen Anschauungen finden sich kurze Notizen.

Das Bild, welches L. Pfleger von dem wirtschaftlichen Leben des Klosters Neuburg entwirft ( 1993), stimmt mit dem überein, was gemeinhin über die Zisterzienserklöster des 12. und 13. Jahrhunderts berichtet wird: Charakteristisch ist die Eigenwirtschaft, das Grangiensystem. Durch Schenkungen mehrt sich der Besitz des Klosters rasch. Das Verbot des Generalkapitels von 1191, Ackerland zu kaufen, vermochte das Anwachsen des Grundbesitzes nicht aufzuhalten. Interessant ist es zu sehen, wie stark im 13. Jahrhundert das Kloster, welches ein eigenes Schiff auf dem Rhein unterhielt, am Handel (Wein, Getreide) beteiligt ist. Auch Pfarreien suchte man zu erwerben, trotzdem die


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Pfarrseelsorge durch die Statuten des Ordens ausgeschlossen war. Von Neuburg aus wurde Herrenalb und Maulbronn gegründet. Unter den Staufern groß geworden, stand es politisch zu diesen und nicht auf Seiten des Papsttums wie die Mehrzahl der Zisterzienserklöster. Im 14. Jahrhundert beginnt der Niedergang.

H. Kissel gibt »zur Erbauung des Lesers« eine gefällige, populär gehaltene Darstellung der Schicksale des Klosters Ilbenstadt in der Wetterau bis zur Säkularisation i. J. 1803 ( 1995). Auch die Arbeit über den hl. Gottfried von Cappenberg gehört zur Erbauungsliteratur ( 2010). F. Jansen verzeichnet die Franziskanerklöster aller Richtungen im Rheinland bis zur Gegenwart, mit Gründungsjahr und Patronen ( 1996). Th. Paas setzt die Forschungen über das Seminarium Norbertinum in Köln fort ( 2000). Nachdem er die äußere Verfassung des Kollegiums in einem ersten Teil behandelt hatte, unterreichtet er nunmehr über das religiöse Leben im Innern und die Studienordnung.

Über eine wichtige Neuerwerbung des Kölner Stadtarchivs berichtet Kuphal ( 2001). Es handelt sich um ein bisher unbekanntes Kopiar von St. Pantaleon in Köln aus dem 15. bis 16. Jahrhundert. Auf 417 Blatt finden sich hier neben frühen Nachrichten über das Kloster und neben bekannten Urkunden auch solche, die sonst nicht überliefert sind. Das Kopiar ist 100 Jahre älter als die von Hilliger für seine Urbare von St. Pantaleon in Köln benutzten Hss. Kuphal druckt im Anhang Regesten derjenigen Urkunden ab, die den bisherigen Bearbeitern der Kölner Bistumsregesten noch nicht bekannt waren.

Einen äußeren Anlaß, sich mit den Aachener Nekrologienbüchern zu beschäftigen, bot für A. Huyskens die Wiederentdeckung des ältesten, bisher bekannten Aachener Totenbuches im Jahre 1916, das seit 1830 verschollen war ( 2002). Er datiert die Hs. in die Jahre um 1200 und vergleicht die Eintragungen mit dem von Teichmann herausgegebenen Nekrologium, um zu der Feststellung zu gelangen, daß hier die Listen aus dem ältesten Totenbuch frei übertragen wurden. -- Für das zweite Totenbuch nimmt Teichmann nunmehr das Jahr 1243 als Entstehungszeit an ( 2003). -- Die Geschichte der Beziehungen zwischen der Stadt Aachen und dem Marienstift ist eine Geschichte fortwährender Streitigkeiten. Das Asylrecht des Stifts, die geistliche Gerichtsbarkeit, die Aufbewahrung und Bewachung der Heiligtümer, der Krönungsinsignien, Wassergerechtsame, Steuerfragen, Wein- und Bierakzise, alles das ist schon früh Gegenstand heftigen Streites gewesen. Auf Grund von z. T. unbekanntem archivalischen Material baut Rober seine Studie auf ( 2004). Man möchte fast sagen, daß einzelne dieser wichtigen Fragen zu summarisch behandelt wurden, und wünschen, sie teilweise erneut monographisch erforscht zu sehen. -- Die Untersuchung von Huyskens über den Anteil des Aachener Münsterstifts an der Entwicklung der Grundherrschaft Erkelenz zur Stadt ist ein willkommener Beitrag zu einem noch immer umstrittenen Problem der Verfassungsgeschichte ( 2005). Es dürfte sich aber auch hier zeigen, wie F. Beyerle das für oberdeutsche Städte, F. Rörig in seinen Forschungen über Lübeck, ich selbst für Gandersheim nachweisen konnte, daß in die »gewachsene« Stadt des Mittelalters im Gegensatz zur Gründerstadt noch geraume Zeit banngrundherrliche Momente hineinragen, die erst allmählich vom Marktrecht aufgesogen werden. Auch in Erkelenz erhält das Aachener Stift als Grundherr bis ins 14. Jahrhundert Abgaben vom Markt- oder Gewandhaus, bezieht es den


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»Pannhafer«, den Marktzoll. Erst im Beginn des 15. Jahrhunderts fallen diese Banngerechtigkeiten fort zugunsten der freien Bürger von Erkelenz.

Die Zusammenstellung der Nachrichten zur Geschichte des als Eigenkloster, und zwar zunächst als Männerkloster gegründeten Stifts St. Agatha in Hocht, welche de Crassier gibt ( 2006), kommt über eine chronikalische Aufzählung nicht hinaus. Schon im Anfang des 13. Jahrhunderts wurde Hocht ein Frauenkloster und wandelte sich dann um in ein freiweltliches adeliges Kanonissenstift. Die von de Crassier gebotene Materialsammlung ist nicht ohne Wert. Man findet eine Liste der Äbtissinnen, der Kanonissen, der Güter des Stifts. Gerade die Personenverzeichnisse bilden eine wichtige Quelle für die Genealogie der flandrischen Adelsgeschlechter.

Aus dem Real-Schematismus des Bistums Paderborn notiert die Zisterzienser-Chronik die Angaben, welche für die Statistik des Zisterzienserordens wertvoll sind ( 2007).

Die Bestrebungen, für Dietrich Coelde die Seligsprechung zu erreichen, werden insbesondere auch von Belgien aus gefördert. Goyens stellt die Bibliographie über Coelde gewissenhaft zusammen und druckt den authentischen Bericht ab über die Exhumierung und die Translation seiner Gebeine ( 2008).

In der Arbeit von R. Schulze findet man in den Ausführungen über die Pfarre Liebfrauen (Überwasserkirche) in Münster interessante Notizen zu der immer noch nicht genügend geklärten Frage der Pfarrbildung in den Städten ( 2009).

Das Bremische Jahrbuch enthält zwei außerordentlich gediegene Arbeiten über mittelalterliche kirchliche Verhältnisse in Bremen. Die eine behandelt den Güterbesitz des Wilhadi-Stephanikapitels ( 2013). F. Prüser untersucht hier die Güterverwaltung bis ins Einzelne. Sehr hübsche Aufschlüsse gewinnt man über das Obedientiargut eines Kapitels. Eine beigegebene Kartenskizze erhöht den Wert der Arbeit. -- Der zweite Aufsatz beschäftigt sich mit den mittelalterlichen Altarpfründen der Diözese Bremen westlich der Elbe. Die einschlägige Literatur und die Quellen beherrschend, zeichnet hier Emma Katz ( 2054) ein außerordentlich lebendiges Bild von der Lage, den Aufgaben, den religiösen Interessen und den Einkünften des niederen Klerus; von seiner Stellung zur Stadt, zu den Stiftern der Pfründen, den Patronen, von der Stiftungsfreudigkeit dieser, und schließlich von der Stellung der Meßpfründner zueinander, von ihrem korporativen Zusammenschluß. Lehrreich sind die Vergleiche mit andern Diözesen.

In die Kämpfe des Investiturstreites führt die Arbeit von Gerdes ( 2014). Das Chorherrenstift Harsefeld, eine Familienstiftung der Grafen von Stade, wird 1101 in ein Benediktinerkloster streng kluniazensischer Richtung verwandelt. Die Ilsenburger Mönche, von dem kaiserlich gesinnten Bischof Friedrich von Halberstadt vertrieben, ziehen hier ein. Hier entstanden die Annales Rosenfeldenses, eine Überarbeitung der Jahrbücher von Disibodenberg.

In dem Aufsatz von Lübbing ( 2015) ist von allgemeinerem Interesse die äußere Geschichte des Dominikanerklosters von Norden. Im 13. Jahrhundert von den Friesen herbeigerufen, um der darniederliegenden Seelsorge aufzuhelfen, blühte der Konvent empor. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts befinden sich die Dominikaner gerade wegen ihrer Betätigung in der Seelsorge in heftigstem


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Kampf mit der weltlichen Pfarrgeistlichkeit. Im gleichen Jahrhundert läßt die Klosterzucht nach. Die Reformbewegung ist besonders lebendig in der holländischen Ordensprovinz, der sie eine Zeitlang zugehören. Karls V. Bitte, die Konvente der Niederländischen Erblande als Provincia Germaniae inferioris zusammenzuschließen, zu der auch Calcar und Norden gehören sollten, wurde nicht entsprochen. Vielmehr wurde von dem Kardinal Cajetan Norden wieder der sächsischen Provinz, der das Kloster auch früher angehört hatte, zugeschrieben. Im Jahre 1527 trat der damalige Prior zur neuen Lehre über. Einige Konventualen folgten, andere flohen, der Rest wurde von Graf Enno II. von Ostfriesland vertrieben, der die Güter des Klosters einzog.

Im Archivum Franciscanum setzt Auweiler ( 2016) die Sammlung von Heiligenleben aus dem Franziskanerorden fort. Der vorliegende Band enthält Viten von Magdeburger Franziskanern, dem frater Nicolaus, frater Johannes de Osterwieck sowie von seinen beiden Söhnen frater Friedericus und frater Heydenricus. -- Bierbaums Buch ist ein populär geschriebenes Album; es enthält Abbildungen der Klöster der Provincia Saxoniae mit begleitendem Text ( 2017). --

R. Medici begeistert sich für die beiden Zisterzienserinnen von Helfta, Gertrud, genannt die Große († 1303), und Mechtild von Magdeburg († ca. 1270). Er bewundert bei diesen beiden frühen mystischen Schriftstellerinnen die Freiheit ihres Geistes; im Gegensatz zum Rigorismus vieler Zeitgenossen, etwa eines Jacopone da Todi betonten sie die Barmherzigkeit Gottes vor der Gerechtigkeit. Zu neuen Ergebnissen gelangt M. nicht ( 2018). -- Auch das Büchlein von Doetsch ( 2021) ist mit warmer Begeisterung geschrieben. Er schildert die Kulturarbeit, welche die Zisterzienser von Paradies einst auf wirtschaftlichem, karitativem und künstlerischem Gebiet geleistet haben; ihre Verdienste um das Deutschtum werden gewürdigt. Die Schrift ist populär, zeigt indes, daß der Verfasser mit der wissenschaftlichen Literatur über den Zisterzienserorden, wenigstens soweit seine wirtschaftliche und kulturelle Tätigkeit in Frage kommt, vertraut ist ( 2021).

Oliger ( 2019) stellt einen eigenartigen Irrtum W. Wattenbachs richtig. In einer Prager Hs. des Johannes Aquensis, auf den W. zuerst aufmerksam macht, las er, daß Fratizellen (Brüderchen, bratričkové) 1324 aus der Mark nach Böhmen gewandert seien. Weil er dabei übersieht, daß hier die Mark Ankona gemeint ist, so läßt er diese »Ketzer« als deutsche Waldenser aus der Mark Brandenburg ziehen. Beziehungen zwischen italienischen Fratizellen und böhmischen Hussiten sind auch anderweitig bezeugt.


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