II. Gesamtdarstellungen.Da eine umfassende Geschichte
des Ordenslandes seit den Tagen Johann Voigts leider noch immer fehlt, wurde mehrfach versucht, in kurzen Abrissen, die
für den modernen Betrachter wichtigsten Abschnitte der Landesgeschichte darzulegen. Neuartige Wege verfolgt in
dieser Hinsicht J. Kaufmann, indem er die deutsche Geschichte Westpreußens in einem Bilderatlas
der wichtigsten Urkunden und Akten aus dem Besitz des Danziger Staatsarchives vorführt (
324). Da das Deutschtum des Weichsellandes für die sogenannte
»polnische Zeit« auch von der deutschen Forschung nicht selten bezweifelt wird, sind die abgebildeten
Quellen gerade dem 16. bis 18. Jahrhundert entnommen. Sprache, Kanzleigebrauch und Inhalt der Schriftstücke liefern
den untrüglichen Beweis, daß in viel größerem Umfange und mit weit längerer Dauer, als bisher
gewöhnlich angenommen wurde, Stadt und Land an der deutschen Kultur festgehalten haben. Die Größe und
Klarheit des Druckes gestatten dieses »Urkundenbuch in Bildern« auch für schrift- und
aktengeschichtliche Übungen etwa in historischen Seminaren zu verwenden. Weniger glücklich ist der Heimatatlas
für Ost- und Westpreußen von Harms und Wiechert ausgefallen (
592). Sein bedauerlichster Mangel ist die grundsätzliche Herauslassung
jener Teile Westpreußens, die jetzt zur Republik Polen gehören; damit sind alle geschichtlichen
Zusammenhänge zerrissen. Auch sind geschichtliche Übersichtskarten in zu geringer Zahl beigefügt. Der
gleiche Fehler einer Beschränkung auf die heutigen politischen Grenzen eignet der Darstellung Ostpreußens,
des Memelgebietes und Danzigs durch Mielert (
591). Das mit trefflichen Bildern versehene Werk, das in der bekannten Reihe
»Monographien zur Erdkunde« von Velhagen und Klasing erschienen ist, läßt zudem in vielen
Fällen die hinreichende Vertrautheit mit Land und Leuten, ihrer Geschichte und ihrem Charakter vermissen, so
daß es einem wissenschaftlichen Urteil nicht immer standhalten kann. Es ist bedauerlich, daß der Verlag
gerade für dieses Buch, dem bei der hergebrachten Unkenntnis östlicher Verhältnisse sonst weiteste
Verbreitung zu wünschen wäre, nicht einen anerkannten Fachmann zu gewinnen gewußt hat. Um dem
Bedürfnis weiterer Kreise nach besserer Unterrichtung über das Weichselland zu genügen, haben sich
mehrere der besten Kenner der einschlägigen Gebiete, wie u. a. W. Geisler, W. La Baume, Fr. Lorentz, J. Kaufmann,
M. Laubert,
S.518 zusammengetan, um Landschaft, Bevölkerung, Besiedlung und die wichtigsten politischen Wandlungen in der Geschichte des »polnischen Korridors« darzulegen. E. Keyser hat das Werk unter dem Titel »Der Kampf um die Weichsel« herausgegeben ( 229). Die Darstellung reicht von den ältesten Zeiten, in denen das Land bereits dem germanischen Kulturkreise angehörte, bis in die neueste Zeit und erweist besonders in der Abhandlung W. Geislers über »die natürlichen Landschaften des Weichsellandes«, der eine methodisch anregende Karte beigegeben ist, daß der geschichtlich gewordene Lebensraum an der unteren Weichsel durch die Machthaber von Versailles völlig willkürlich zerschnitten wurde. Zu der gleichen Einsicht führt die Schrift Gustav Roethes über »Das geraubte deutsche Westpreußen«, der selbst ein gebürtiger Graudenzer mit aller Leidenschaftlichkeit, die ihn kennzeichnete, die Bedeutung der deutschen Kultur für die Entwicklung des Landes und die verheerenden Folgen der neuesten polnischen Herrschaft veranschaulicht ( 323). Noch straffer hat E. Keyser den schon Jahrtausende währenden Kampf um die Weichsel in einem Vortrage in der Berliner Universität zusammengefaßt, der jetzt auch im Druck erschienen ist ( 327). |
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