IV. Geschichte einzelner Landesteile und Ortschaften.

Auch diesmal wieder verzichten wir auf die große Anzahl kreis- und ortsgeschichtlicher Arbeiten, die im Berichtsjahre erschienen ist und heben nur das, was Wert hat, heraus. Da führt uns M. Klinkenborg in einem kleinen, aber inhaltreichen Aufsatz in die Territorialinteressen der Diözese Brandenburg hinein ( 404) und zeigt, wie in den letzten drei Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts durch intensive Fälschung, wahrscheinlich auf Veranlassung des damaligen Propstes, das Bistum seine Besitzrechte an der Havel oberhalb Brandenburgs zu erweitern suchte. Ebenfalls dem Havellande ist ein neuer Band von O. Tschirch gewidmet, der frühere Aufsätze zusammenfaßt ( 316). Die alte Linie einer edel-volkstümlichen Darstellung ist auch diesmal gewahrt, und die eigene tiefgehende Forschung, die in fast jedem der Aufsätze wirksam ist, gestattet uns, des zunächst für jeden Heimatfreund bestimmten Bandes hier zu gedenken. Aus der Zehn-Zahl der Aufsätze nennen wir den Beitrag zur Geschichte des Namens Brandenburg-Brennabor-Sgorzelica, die Parallele Brandenburg und Havelberg und das eindrucksvolle Bild, das Tschirch von dem »roten« Ziegler, Brandenburgs Oberbürgermeister 1839 bis 1849, entwirft. Einer ganz besonderen Stätte des Havellandes, Sanssouci und seinem Garten, gilt ein wertvolles Buch von G. B. Volz. Zunächst um Friedrichs des Großen willen geschrieben, darf die Schrift zugleich landesgeschichtlicher Beachtung sicher sein ( 1086 a).

Das Ruppiner Land ist durch einen Beitrag zur Geschichte der Stadt Neuruppin bereichert worden, eine Topographie des für die Entwicklung jenes Bezirkes wichtigen Ortes von W. Bartelt ( 586 a). Aus der Lokalität, deren Namensschatz zu deuten gleichzeitig versucht wird, erwächst ein gut Stück der Vergangenheit. Schade, daß man auf diese Weise nicht der Gründung der Stadt etwas näher kommt.

In jene Frühzeit, wo städtisches Leben begann, hat hinsichtlich des Barnim eine rege Kontroverse geführt: sie gilt der bedeutendsten Stadt des Barnim, Berlin, und ihre Träger sind E. Kaeber ( 587), R. Mielke ( 587 a) und A. Kiekebusch ( 587 b). Geschichtliche Methode, die der historischen Siedlungskunde und der Prähistorie mühen sich hier im Verein. Man hat der historischen Methode, die durch Kaeber vertreten wird, eine gewisse Einseitigkeit der Quellennutzung vorhalten zu müssen geglaubt. Nun -- Siedlungsarchäologie, Geologie und Agrargeschichte in allen Ehren! Aber diesmal haben sie uns (vielleicht nur bisher!) nicht weitergeholfen. Der nüchterne Forscher kann nur buchen, daß nach wie vor Berlin vor dem 7. März 1232, höchstwahrscheinlich um 1230 als Stadt gegründet sei. Ob eine Siedlung vorhergeht, welcher Art und welches Volkstums sie ist, läßt sich bisher nicht feststellen. Eine Fülle von Material hat R. Schmidt in mehreren Schriften ( 314 b), Vorarbeiten zu einer Geschichte des Oberbarnim, bereitgestellt. Wirklich verarbeitet ist wenig, Notiz reiht sich an Notiz, aber man wird, will man die Geschichte des Barnim wissenschaftlich ergründen, jenes Materials nicht entraten können.

Die uckermärkische Geschichte ist im Berichtsjahre nicht ernsthaft gefördert worden. Was R. Heuer und B. Mätzke da an Aufsätzen verschiedenster


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Art zusammengestellt haben ( 315), ist als wissenschaftlich nicht anzusprechen. Einen brandenburgisch-pommerschen Grenzort, der als Kongreßort zeitweilig etwas bedeutet hat, heute aber nicht mehr bekannt war, identifiziert H. Krabbo ( 588).

Als eine der anregendsten Arbeiten des Jahres 1926 ist die Untersuchung von F. Schilling über die Entstehung von Frankfurt a. O. zu bezeichnen ( 589). Sie müht sich mit Hilfe philologisch-historisch genauester Interpretation des Materials, übrigens gestützt auf wesentliche (in einem Falle ungedruckte) Arbeiten von Vorgängern das oft angegriffene Problem zu lösen. Etwas gesuchte Gelehrsamkeit, Manieriertheit des Stils muß man der Forscherseligkeit des anscheinend noch jungen Verfassers zugute halten. Aber wenn es auch eingehender Nachprüfung manches Punktes (z. B. hinsichtlich der Mühlen, des Schulzenhofes [vor der Stadt?!]) bedarf, die mutige Art, in der Sch. die Untersuchung anpackt, ist doch erfreulich und sie rückt vor allem die Gründung in den großen Zusammenhang der ostdeutschen Geschichte. Und das hat er vor allem richtig erkannt und gefördert (wenn es auch nichts so ganz Neues ist), daß in jener Gegend bereits in den zwanziger Jahren des 13. Jahrhunderts von Schlesien her deutsches Wesen gefördert ist. Daß er ein vorbrandenburgisches, d. h. schlesisches Frankfurt in diesem Bilde stärker hervorhebt, das bedeutet doch einen wesentlichen Fortschritt.

Der Neumark ist abgesehen von den üblichen periodischen Veröffentlichungen des dortigen Geschichtsvereins vor allem für die Neuzeit Förderung erwachsen: in einer nüchternen, aber inhaltreichen Schilderung der allgemeinen Entwicklung Küstrins und seiner Kirchen- und Schulverhältnisse in den ersten Jahrzehnten des jetzigen Jahrhunderts (Festschrift anläßl. d. 25 jähr. Bestehens d. Vereins f. d. Geschichte Küstrins hersg. von Thoma, Küstrin-Neustadt, K. Adler 165 S.) und in den Aufzeichnungen eines noch lebenden Fabrikanten, M. Bahr, der den Aufstieg von Landsberg an der Warthe in den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts und um die Jahrhundertwende mit heraufführen half ( 1865). Ein nicht unwichtiges Erbregister des Amtes Reetz von 1590, das bisher auf dem Landratsamte in Arnswalde schlummerte, hat K. Berg, leider ohne Erläuterungen, herausgegeben ( 1862 a).


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