IV. Rechts- und Verwaltungsgeschichte.

Das von A. Müller (Ztschr. d. Ver. f. Gesch. Schles. Bd. 54, S.96 ff.) für verloren gehaltene Original der erstmalig von K. B. Klose in den »Neuen literarischen Unterhaltungen« (Breslau) II, 472 bis 481, abgedruckten »Tabula proscriptorum provinciae Nizensis« hat Pfitzner ( 1595) im Breslauer Staatsarchiv (Rep. 135 E 99 abc) wieder entdeckt und festgestellt, daß der Klosische Abdruck im allgemeinen zuverlässig ist. Die auf vier langen, an den Schmalseiten aneinandergehefteten Pergamentblättern erfolgte Verzeichnung dieser Ächtungen verlegt Pfitzner mit Müller in das vorletzte Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts und knüpft daran eine kurze in einen allgemeinen Rahmen gestellte Abhandlung über die Achtbücher als Vorläufer der Stadtbücher. (Vgl. auch Pfitzners obengenanntes Werk [614], S. 240 und 254 ff.) -- W. Biereye ( 1590) bringt auf Grund der Schöffenlisten in Schirrmachers Urkundenbuch der Stadt Liegnitz, zu denen er Berichtigungen gibt, als Hauptergebnis den Nachweis der zweijährigen Amtsperiode der Schöffen in Liegnitz im 14. Jahrhundert. -- Inwieweit die Glatzer Visitationsrolle vom Jahr 1653 (im Prager Landesarchiv) als Grundlage für die friderizianischen Kataster der Grafschaft Glatz gedient hat, läßt A. Blaschka ( 1874) unentschieden. Die 7600 Namen dieses als historische Quelle untersuchten Ferdinandeischen


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Glatzer Katasters, die abgesehen vom »Böhmischen Winkel« durchweg deutsch sind, lassen an der Stammeszugehörigkeit der Grafschaft für die Mitte des 17. Jahrhunderts keinen Zweifel. -- Ein Bild der schlesischen Beamtenlaufbahn des späteren preußischen und einzigen bürgerlichen Ministers Friedrichs des Großen, Friedr. Gottl. Michaelis († 1781), bis zu seiner Berufung als erster Direktor an der Kurmärkischen Kammer im Jahre 1767 gibt K. Wutke ( 1611). Er war ein Bruder des Glogauer Kaufmanns Karl Friedr. M., des Stammvaters des ersten bürgerlichen Reichskanzlers Dr. Michaelis. -- V. Loewe ( 1187) skizziert die politischen Ideen der frühesten Vertreter des Verfassungsgedankens in Schlesien an den Reformvorschlägen, die (1807--1817) einzelne Persönlichkeiten des schlesischen Bürgertums und Adels (Gebel, Elsner, Staatsrat v. Rehdiger, Freiherr Fritz v. Stein u. a.) -- freilich vergeblich -- für die Einführung einer allgemeinen Repräsentation machten. -- Zu den beiden in der Ztschr. d. Ver. f. Gesch. Schles. abgedruckten Rechenschaftsberichten des schlesischen Etatsministers Grafen Hoym über den Zustand Schlesiens aus den Jahren 1787 (Bd. I, S. 130 ff.) und 1797 (Bd. 33, S. 355 ff.) veröffentlicht K. Wutke ( 1876) den Rechenschaftsbericht des langjährigen (seit 1816) schlesischen Oberpräsidenten v. Merckel vom Jahre 1840. Im Gegensatz zu Hoyms schönfärbenden Berichten ist diese umfangreiche Denkschrift seines Amtsnachfolgers eine der gewissenhaften Natur des Oberpräsidenten entsprechende Darstellung, wenngleich natürlich eine ganz objektive Schilderung der Zustände Schlesiens darin nicht erwartet werden kann. Neben den seit 1827 vorgeschriebenen periodischen Verwaltungsberichten ist dieser eingehende Rechenschaftsbericht daher eine Geschichtsquelle von besonderer Bedeutung.


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