3. Quellen und Darstellungen nach der Reihe der Ereignisse.

H. Ermisch ( 988) stellt mit gewohnter Sorgfalt die Quellen für die Darstellung der Schlacht von Aussig 1426 zusammen und weist auch auf ihre spätere literarische Verwertung hin. Im Anhang gibt er die Liste der meißnischen Wehrmannschaft und vierzehn Belegstellen aus den wichtigsten Chroniken. --

P. Kalkoff versucht in einem längeren Aufsatze ( 997), hauptsächlich gegenüber der Kritik Brandis, seine Auffassung von einem dreistündigem Kaisertum Friedrichs d. Weisen am 27. Juni 1520 gemäß seinem Buche von 1925 noch einmal spitzfindig zu begründen. Mir scheint, um nur einen Zweifel zu erwähnen, seine Versteifung auf ein nachträgliches Zeugnis des Mainzer Kurfürsten (S. 413 u. 429) durchaus nicht angebracht. Der Mainzer war bei der


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Wahl unbestritten ein Anhänger Karls V. und seine Anklage des Dechanten Truchsess von Pommersfelden 1528 geht auf eine Intrige gegen den »Herzog (nicht Kurfürsten) von Sachsen«, da ist denn wohl 1528 an die Packschen Händel und damit an Herzog Georg von Sachsen zu denken. G. Wolf ( 996) beleuchtet m. E. klar die Unzulänglichkeit der Quellen Kalkoffs und die starrsinnige Parteinahme für den Ernestiner, der eben doch nicht der Staatsmann gewesen ist, den Kalkoff aus ihm macht. Anderseits hebt Wolf auch mit Recht die große Bereicherung hervor, die Kalkoffs Buch wie stets in Einzelzügen und namentlich biographisch bringt. (Vgl. auch 995). --

Thea von Seydewitz ( 1075) bietet ein Persönlichkeits- und Gesellschaftsbild aus dem Zeitalter des deutschen Barocks, sicherer in Zeichnung und Farbe als etwa C. Gurlitts »August der Starke«. Ernst Christoph Graf Manteuffel (22. 7. a. St. 1676 -- 30. 1. 1749) war ein Sohn Pommerns und versuchte daher erst am preußischen Hofe die Staffeln des Hof- und Staatsdienstes zu erklimmen. Aber er verdarb sich durch ein witziges Gedicht auf die Gräfin Wartenberg, die damalige Geliebte des Königs Friedrichs I., 1701 alle Aussichten in Preußen. Nur seinem Landsmann in sächsischen Diensten, Graf Flemming, hatte er es zu danken, daß er wieder sicheren Weg unter die Füße fand. Ausführlich erfahren wir, wie ihm Flemming weiter geholfen hat. Als Gesandter in Kopenhagen hat er, trotz der mißlichen Lage Augusts d. St. nach Altranstädt, 1709 das Zusammengehen von Dänemark und Rußland gegen Schweden erreicht. Er glaubte dafür auch von beiden Herrschern eine angemessene Geldbelohnung verlangen zu dürfen. »Ich habe den Grundsatz angenommen, daß man alle großen Herren ausplündern muß, ausgenommen seinen eigenen Herrn, von dem man außer dem Gehalt nur das nehmen soll, was seine Großmut einem gewährt« (S. 27). Als Gesandter in Berlin spielt er eine bedeutende Rolle in der Gesellschaft. In seinen Berichten spiegelt sich der geistreiche und verschwenderische Hof Friedrichs I. ebenso treu wie der derbe Charakter Friedrich Wilhelms I. Von 1717 an war er in Dresden die rechte Hand Flemmings bis zu dessen Tode 1728 und fand sich gut mit den Ränken und Liebeswirren am sächsischen Hofe ab. Als Leiter der sächsisch-polnischen Außenpolitik (nach Flemmings Tode) von 1728 bis 1730 pflegte er gute Beziehungen zu Preußen und Rußland. Sein Grundgedanke war, im diplomatischen Austausch mit diesen Mächten für Sachsen die Erblichkeit der polnischen Krone zu sichern. Aber eine Gegenpartei unter Graf Hoym, die den gleichen Zweck im Anschluß an Frankreich verfolgte, führte 1730 seinen Sturz herbei. Manteuffel schied nur ungern von der Macht und nannte Hoym nach seinem Selbstmord 1736 noch ingrimmig »den vollendetsten Schurken, den die Erde je getragen hat« (S. 73). Manteuffel ist ein guter Typus des Staatsmannes im Barockzeitalter und aufschlußreicher für seine Zeit als mancher überragende Geist, der ihr schon entwachsen ist. Das zeigt sich auch in seinem schöngeistigen Verkehr. Als eifriger Anhänger von Wolffs rationalistischer Aufklärung hat er durch den Hinweis auf Wolff sogar Friedrich d. Gr. erst zum Philosophen gemacht. Er war ein guter Freund Gottscheds und noch mehr seiner Frau und leitete das Ehepaar ebenso wie Wolff oft mit seinem weltmännischen Rat in beruflichen und literarischen Fragen. Auch die Universität Leipzig erfreute sich seines Wohlwollens in einem Maße, wie es bei Männern seines Standes damals selten war. Anregend im Inhalt und im ganzen auch in der Form,


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verdient das Buch Beachtung für die gesamtdeutsche, namentlich auch für die preußische Geschichte. --

H. Höhne ( 1103) bezeichnet nicht die Erwerbung Sachsens an sich als Kriegsziel Friedrichs d. Gr. bei Eröffnung des Feldzugs 1756, sondern die Gewinnung der sächsischen Truppen für Preußen (S. 16 f.). Nach der Kapitulation hat man die Einstellung vorgenommen, weil man glaubte, die Sachsen nunmehr als Freunde ansehen zu können (S. 63). Friedrich hatte aber eine unglückliche Hand, als er Moritz von Dessau mit der Aufgabe betraute, die Sachsen in die preußische Armee einzugewöhnen, denn dem Sohne des alten Dessauers fehlte dazu jedes Geschick, und die Sachsen hingen auch stärker an ihrer Tradition, als man gedacht hatte. So kam es zu massenhaften Desertionen, und Friedrich hatte zu dem Ärger darüber noch die heftigsten Anklagen wegen seiner Brutalität von seinen Gegnern zu ertragen. Eine Flut von Flugschriften schwoll gegen ihn an und schadete ihm mehr, als er auch nur augenblicklichen Nutzen von der Einstellung gehabt hatte. Höhne meint am Schluß, daß Friedrichs Fehler uns im Weltkriege »davor hätte warnen sollen, militärisch mit den Polen zu rechnen.« --

Über die Ortsgeschichte hinaus darf E. Grönlund ( 1195) die Berücksichtigung seiner fleißigen Arbeit für die deutsche Geschichte von 1825 bis 1848 beanspruchen. Die Entwicklung der liberalen Aufklärungsarbeit und die allgemeinen Zustände in dem noch krähwinkelhaft anmutenden Zwickau jener Jahre sind gut dargestellt und wohl typisch für viele andere Städte im damaligen Deutschland. In Zwickau wird der Reiz daran menschlich dadurch gesteigert, daß der Magister Karl Ernst Richter der Träger der Ideen und der Held des Kampfes zugleich ist. Mit der »Biene«, einer Zeitschrift von satirisch-politischem Gepräge, schaffte er sich einen Leserkreis weit über Zwickau hinaus und kämpfte für Volksbildung und Verfassung in Sachsen. Aber schließlich wurde er durch die Zensur mundtot gemacht, durch behördliche Plakereien trotz seiner Stellung als Landtagsabgeordneter in seinem bürgerlichen Leben zugrunde gerichtet und wanderte 1835 aus. Damit bricht die Darstellung Grönlunds, hoffentlich nur vorläufig, ab. --

Nur für den Militärhistoriker aufschlußreich ist der ausführliche und sorgfältig ausgearbeitete Aufsatz von Fr. Stuhlmann ( 1204) mit seinen umfänglichen Erörterungen von Ausrüstung, Marsch und Organisation der sächsischen mobilen Brigade 1849. -- Mehr vermag der Fachhistoriker dem Aufsatz von Johann Georg, H. z. S. ( 1248 c) zu entnehmen, insofern als der Briefwechsel eines 1866 so wichtigen Mannes wie König Johann von Sachsen auch über das Familiäre hinaus Bedeutung hat. Der Text beschränkt sich im wesentlichen auf die Verbindung der Briefstellen, die überall das Streben des Königs nach Sachlichkeit erkennen lassen, auch nach dem unglücklichen Ausgang des Krieges für Sachsen (S. 322).

Farbenreich und packend ist das Lebensbild des sächsischen Generalobersten M. Frh. von Hausen, das A. Brabant ( 1475) mit sicheren Strichen gestaltet. Hausen entstammte einer alten Offiziersfamilie und folgte ganz selbstverständlich der angeborenen Neigung zum Soldatenberuf. Geboren 17. 12. 1846, war er 1901, also mit 55 Jahren, bereits General der Infanterie. Immer hat er am Frontdienst gehangen, und darum übernahm er nur ungern das sächsische Kriegsministerium, das er dann bis 1914 innehatte. Seine Führerfähigkeiten


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konnte er u. a. im Manöver 1912 beweisen und wurde darum auch für den Kriegsfall als Armeeführer vorgesehen. Als Führer der dritten Armee im Weltkriege wurde er jedoch nach glänzenden Taten zum Sündenbock gemacht, weil er typhuskrank nicht sofort der Legendenbildung entgegentreten konnte, die sich mit der verhängnisvollen Sendung des Oberstleutnants Hentsch und dem Marnerückzug verknüpfte. Hausen hat seelisch schwer gelitten, weil er später aus Rücksichten auf andere schweigen zu müssen glaubte. Dann traf ihn auch die Revolution hart in allen seinen Anschauungen. Ein Schlaganfall endete sein Leben am 19. 3. 22. Das Buch Brabants ist auf Tagebüchern, Aufzeichnungen Hausens und dem Briefwechsel mit seiner Frau aufgebaut und bringt manchen neuen Aufschluß, auch zur Vorgeschichte des Krieges (vgl. das Gespräch 1909 mit Kaiser Wilhelm II., S. 237--242).


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