II. Politische Geschichte und Gesamtdarstellungen.

Unter den Zweigen des geschichtlichen Lebens hat für Westfalen nach wie vor die politische Geschichte wenig Förderung gefunden. Die schon etwas ältere Arbeit von Neubourg ( 1058) ist ganz auf die Zusammenhänge der europäischen Politik in der Zeit Bischof Christoph Bernhards von Galen abgestellt; landesgeschichtliche Gesichtspunkte treten völlig zurück, was zu einem Teil auch auf die Beschaffenheit und Abgrenzung des gedruckten Quellenstoffes zurückzuführen ist.

Stärker und anhaltender befaßt sich die landesgeschichtliche Arbeit mit Gegenständen der Rechts- und Verfassungsgeschichte wie der Siedlungsforschung und mit der wirtschaftlichen Entwicklung. Nichts charakterisiert diesen Zustand besser als die »Geschichte Westfalens« von Fr. Philippi ( 285), die erste wissenschaftliche Gesamtdarstellung, die die Geschichte dieser Provinz erfahren hat: sie beschränkt sich auf Verfassungs-, Sozial-, Wirtschafts- und Geisteskulturgeschichte, unter Ausschluß der rein politischen Vorgänge. Auf knappem Raum ist ein Bild der westfälischen Zustände von der germanischen Frühzeit bis in unsere Tage entworfen, das überall die Anfangs- und Wendepunkte der Entwicklung hervortreten läßt und trotz gedrängtester Kürze der kennzeichnenden Einzelzüge nicht entbehrt, wie es in jahrzehntelanger Beschäftigung mit den gedruckten und ungedruckten Quellen gewonnen ist. Seinen schon früher vertretenen Anschauungen in einer Reihe von Fragen der westfälischen Wirtschafts- und Verfassungsgeschichte (z. B. Entstehung der sächsischen Gerichtsverfassung, Grundherrschaft und Markgenossenschaft, Städte- und Gewerbewesen) hat Philippi hier erneuten Ausdruck verliehen. Mag man in einzelnen Punkten abweichender Meinung sein, es verdient höchste Anerkennung, wie hier die landschaftliche Eigenart Westfalens in ihrer starken Ausprägung in jeder Hinsicht in Beziehung gesetzt ist zur allgemeinen Entwicklung. Deswegen sit Philippis Buch starker Beachtung über die Grenzen der Provinz hinaus wert.


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