V. Städtewesen.

Durch die heimatgeschichtlichen Bestrebungen unsrer Tage empfängt besonders die Geschichte der Städte und ihrer Einrichtungen starke Impulse. Die älteste gegründete Stadt Westfalens, Lippstadt, verdankt tiefgehende Aufschlüsse über ihr Entstehen und Werden dem tüchtigen Buch von Delius ( 554), einer der besten Untersuchungen zur Stadtplanforschung überhaupt. In methodisch vorbildlicher Weise sind technische und geographische Gesichtspunkte mit der historischen und rechtsgeschichtlichen Fragestellung verbunden. Die verschiedenartige Gestaltung der Baublöcke führt zur Annahme einer zweimaligen Stadtgründung, einer Altstadt um 1168 und einer Neustadt südlich davon um 1220; wohl mit Recht sieht Delius in der Marktkirche die älteste Pfarrkirche der Stadt. Die Rekonstruktion des ursprünglichen Stadtplans dürfte allzu schematisch ausgefallen sein. -- Nach Büchers Vorgang und Methode hat Otte ( 556) das älteste Dortmunder Bürgerbuch (1295 bis 1509) für etwa ein Jahrhundert bearbeitet und danach zusammengestellt, was über Herkunft und Beruf der Neubürger Dortmunds sich ergibt. Die Zahl der jährlichen Neuaufnahmen schwankt, bei im ganzen steigender Tendenz, zwischen 15 und 43; die Gesamtbevölkerung will die Verfasserin für die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts auf 6--8000 schätzen. -- Sehr dürftig und fast banal zu nennen ist auch das Ergebnis Bischofs ( 1579), das er nach einer durchweg recht oberflächlichen Betrachtung der Verhältnisse in 16 westfälischen Städten gewinnt, daß nämlich mit wenigen Ausnahmen die Gilden bald mehr und bald weniger an der Führung der Stadtgeschäfte beteiligt gewesen sind. -- Von den »Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Münster« ist der zweite Band nunmehr abgeschlossen ( 286); das Schlußheft (das erste erschien 1924) enthält nur lange Listen von Mündeln und Vormündern aus den Jahren 1600--1636 und 1789--1804, deren Abdruck nur im familiengeschichtlichen Interesse begründet, im übrigen gänzlich überflüssig erscheint. -- Von Stadtgeschichten sind, außer einer Sammlung von Aufsätzen zur Geschichte der Stadt Menden von G. Kranz


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und einem kurzen Überblick über die Geschichte der bischöflichen Residenz Wolbeck von P. Casser, die anläßlich der 700-Jahrfeier der Stadt herausgegebene »Borkener Stadtgeschichte« ( 285a) und Jesses Buch über Gronau ( 289) zu nennen. Jene stellt eine Sammlung recht verschiedenartiger Beiträge dar: E. Symann behandelt das Borkener Stadtrecht, E. Hövel Siegel und Wappen des Ortes; H. Lünenborg beschäftigt sich mit der Gründung der Pfarrei und ihrer Tochterkirchen und mit dem im Jahre 1433 an der Pfarrkirche errichteten Kollegiatkapitel, dessen Aufhebung zwar 1803 und 1811 ausgesprochen, aber nicht vollzogen worden ist, woraus in neuerer Zeit Konflikte zwischen den Kanonikern und der bischöflichen Behörde entstanden; durch die eigentliche Stadtgeschichte führt uns J. Brinkmann, dessen Darstellung von kulturpolitischer Färbung nicht frei ist. -- Mehr in der Darbietung eines reichen, mit vielem Fleiß zusammengetragenen Stoffes liegt der Wert von Jesses Buch. Die Stadt Gronau, hervorgegangen aus einer Ansiedlung neben dem dortigen Schloß, bildete den Kern einer kleinen Herrschaft der Herren bzw. Grafen von Steinfurt, seit 1638 der Grafen von Tecklenburg, für die ihre Besitzer die Reichsunmittelbarkeit in Anspruch nahmen; der lange Streit darüber endete 1699 mit der Anerkennung der Landeshoheit des Bischofs von Münster.


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