V. Wirtschaftsgeschichte.

Von einer eingehenden Verwertung des großen Tennenbacher Urbars aus dem 14. Jahrhundert (Berain 8553 des Karlsruher Archivs) darf man für die Wirtschaftsgeschichte noch manchen willkommenen Aufschluß erhoffen. M. Weber, der diese fruchtbare, aber langwierige Aufgabe in Angriff genommen hat, bringt zunächst ( 1754) eine genaue Beschreibung der Handschrift und Darlegung des paläographischen Befundes, der neben der ursprünglichen, langjährigen Arbeit des Bruders (späteren Abtes) Johann Zenlin eine Reihe von nachtragenden Händen unterscheiden läßt. Aus dem Vorwort der Hs. und zahlreichen eingestreuten Notizen wird außerdem die Entstehungsgeschichte des Urbars in ihren Grundzügen klargestellt. -- Über die badischen Allmenden im allgemeinen besitzen wir seit langem die Arbeit von Ellering (Tübingen 1902). Es ist begreiflich, daß der Verfasser, dem brauchbare Vorarbeiten kaum zur Verfügung standen, vieles ungeklärt lassen mußte und nicht alle Einzelheiten in seine Darstellung verarbeiten konnte. Für Monographien ist hier noch ein dankbares Arbeitsgebiet. W. Bergdolt hat sich deshalb durch seine gründliche Untersuchung eines engbegrenzten Gebietes ( 1691) ein unbestreitbares Verdienst erworben. Die drei zwischen Karlsruhe und Philippsburg gelegenen Rheinhardtdörfer, deren Allmendverhältnisse


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er behandelt, bieten dadurch manche Besonderheit, daß die stets wiederkehrenden Rheinüberschwemmungen den Charakter des Geländes und seine kulturelle Verwertung bis zum 19. Jahrhundert entscheidend beeinflußten. Da sich aber die Hauptmasse aller badischen Allmenden auf die Rheinniederung von Emmendingen bis Mannheim verteilt, dürfte den hier vorliegenden Verhältnissen doch eine gewisse typische Bedeutung zukommen. Daß der Verfasser Jurist ist, hat seiner -- im wesentlichen durchaus historisch gerichteten -- Arbeit nur genützt. Die oft verwickelten Rechtsverhältnisse des 18. und 19. Jahrhunderts (z. B. bei Allodifikation von Allmendeteilen, Aptierung einzelner Stücke für eine andere Art der Bebauung, Nutzung und Vererbung der Gärten, Verhältnis der Gemeinde als juristischer Person zur Genossenschaft der Allmendnutzer usw.) finden eine klare und erschöpfende Darstellung. -- Daß Gotheins Wirtschaftsgeschichte des Schwarzwaldes noch bedeutender Ergänzungen fähig ist, zeigt H. Baiers Arbeit über die Markgräfler Eisenwerke ( 1816), in der mehrere hundert Faszikel von Gothein nicht benutzter Akten verwertet sind. Dieses umfassende Material gewährt tiefe Einblicke in die Pacht- und Produktionsverhältnisse des 17. und 18. Jahrhunderts. Wenn der Gesamteindruck, den man von der Oberländer Eisenindustrie dieser Zeit gewinnt, kein überwältigend günstiger ist, so beruht das hauptsächlich darauf, daß die Eisenwerke zu stark von auswärtigen Faktoren abhängig waren, einmal vom Kapital der Basler Kaufherren, denen als -- fast einzigen -- Großabnehmern ein entsprechender Einfluß eingeräumt werden mußte, sodann von Vorderösterreich, das über die für den Industriebetrieb unentbehrlichen Holzbestände des Schwarzwaldes verfügte. Die badische Regierung suchte durch geschicktes Lavieren diese ungünstigen Einflüsse abzuschwächen, so daß -- im ganzen betrachtet -- die Rentabilität der Werke und der Gewinn für die Landesfinanzen nicht unerheblich war. Ein Reinerlös von 100 000 Gulden, wie er für das Jahr 1795 bezeugt wird, ist allerdings nur als Konjunkturgewinn zu bewerten; im allgemeinen konnte das badische Eisen die Konkurrenz mit der billigeren französischen Ware nicht aufnehmen. Beiläufig sei noch bemerkt, daß auch die Anfänge einer sozialen Versicherung, deren Aufwendungen aus der sogenannten Bergwerksbüchse bestritten wurden, in B.s Arbeit berührt werden.


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