b) bis 1620.

Die Gesamtausbeute der Arbeiten zur Hussitengeschichte verteilt sich auf politische, Kirchen- und Sozialgeschichte in gleicher Weise, so daß die Vorliebe sudetenländischer Forschung für diese Zeit nur scheinbar als erlahmt gelten kann, wenn hier nur auf Pekařs (S. 161, Nr. 40) polemischen Artikel hingewiesen wird, in dem er die beiden letzten Arbeiten von F. M. Bartoš: Literární činnost M. Jakoubka ze Stříbra (Literarische Tätigkeit des Mag. Jakubek von Mies), erschienen in der Sbírka pramenů ku poznání liter. života v Čechách, III, 8, und: Do ctyř pražských artikulů (Zu den vier Prager Artikeln), erschienen im Sborník příspěvků k dějinám Prahy V, kritisch bespricht und zu einem völlig ablehnenden Urteile über beide Schriften kommt, da das, was Bartoš Richtiges vorbringe, durch Sedlák und andere bereits bekannt geworden sei, daß aber das, was er Neues vorbringe, unhaltbar sei. Neuerdings kennzeichnet P. B.s Arbeitsweise, vor allem seine Voreingenommenheit gegen alles, was hussitengegnerisch eingestellt ist, mit den schärfsten Worten.

Auf Urbáneks Monographien (S. 162, Nr. 54, 55) über Georg von Podiebrad, die nunmehr in vervollständigter Form neu zu erscheinen beginnen, soll später eingegangen werden.

Der bewährte Kenner der päpstlichen Politik am kaiserlichen Hofe in der Zeit der Gegenreformation, Stloukal (S. 162, Nr. 50) verfolgt nunmehr die tschechisch-französischen Beziehungen. Schon Šusta hat sich mit diesem durch Gegenwartsverhältnisse nahegelegten Gegenstande beschäftigt. St. trachtet dessen Erkenntnisse zu vertiefen. Aber es ist eine undankbare Aufgabe für den Historiker, über Dinge zu schreiben, die nicht recht seinem an der Gegenwart genährten Herzenswunsche entsprechen wollen. So eng die Beziehungen zwischen Tschechen und Franzosen in der Gegenwart sein mögen, so lose waren sie in der Vergangenheit; ja diese Beziehungen waren öfter feindlicher als freundschaftlicher Natur. M. E. gibt es nur in der Luxemburger Zeit Beziehungen zwischen Böhmen und Frankreich, die auf mehr aufgebaut waren als auf dem Negativum: Feindschaft gegenüber dem Reiche, bzw. Deutschtum. Daher die Enttäuschung St.s, der er an mehreren Stellen beredten Ausdruck verleiht, über das Fehlen engerer Beziehungen, über das gegenseitige Sichnichtfinden, ja über die Verächtlichkeit, mit welcher die Franzosen auf die Tschechen


S.663

sahen, wofür St. sprechende Beweise beibringt. 1464--1467 bemühte sich Georg von Podiebrad um ein Bündnis mit dem französischen König, er fand keine Gegenliebe, 1519 klopfte der französische König bei den böhmischen Ständen an und fand kein Gehör. 1619 erneuerten die Stände das Hilfegesuch an Frankreich, neuerlich vergebens. Die französische Politik war durchaus kaiserlich und österreichisch-habsburgisch, antispanisch, nicht aber böhmisch eingestellt, übrigens auch 1870/71, so daß die französisch-tschechische Freundschaft sehr jungen Datums ist und vor allem in dem genannten Negativum einen Grund hat. Muß so notwendigerweise St.s Untersuchung mit der Feststellung negativer Beziehungen zwischen Frankreich und Böhmen enden, so ist doch sehr wertvoll, daß er auf die vielen Archivalien im Pariser Archiv des Ministeriums des Äußern und in der Nationalbibliothek aufmerksam gemacht und deren Durchforschung gefordert hat, mögen sie auch mehr Schatten, als Lichtseiten zutage fördern. Daß St. zugleich ein Stück Diplomatengeschichte zwischen dem kaiserlichen Hofe und Frankreich durch Feststellung der einzelnen Residenten und Gesandten geliefert hat, ist besonders begrüßenswert.


Diese Seite ist Bestandteil des Informationsangebots "Jahresberichte für deutsche Geschichte" aus der Zwischenkriegszeit (1925-1938)