VI. Wirtschaftsgeschichte.

Ein wie unbeackertes Feld die böhmische Handelsgeschichte darstellt, lassen Teilarbeiten zur Genüge erkennen, denen einerseits ein reiches Material zur Verfügung steht, andererseits die größeren Zusammenhänge, welche nur auf das gesamte Böhmen oder noch weiter eingestellte Arbeiten bieten könnten, fehlen. So hat Kunze ( 1745) versucht, die engen Fäden, welche von Nürnberg aus nach dem Osten liefen, an dem Materiale des Reichenberg-Friedlander Gebietes aufzudecken. Die gesamte Weberei des Riesengebirges war von den Nürnbergern erfaßt, die mit Hilfe des Verlagssystems tausende Webermeister an sich fesselten. Eine Änderung trat dann im 17. Jahrhundert ein, als die niederdeutschen Handelsplätze Nürnberg abzulösen begannen. K. hat dann auch der Gewerbeorganisation sein Augenmerk geschenkt, obwohl vielerorts die wissenschaftliche Rüstung des Verfassers nicht zureicht. --Wild ( 986) weist an Hand des reichhaltigen Egerer Materials die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Eger- und Vogtland auf, wobei die beherrschende Stellung Egers im Wirtschaftsleben des Mittelalters klar in Erscheinung tritt.


S.669

Einen auf langjährigem Sammelfleiße beruhenden Überblick über die Bauernfrage im Hussitentum legt Chaloupecký (S. 159, Nr. 7) vor. Dieses für breitere Kreise berechnete Büchlein behandelt die agrarische Entwicklung seit der slawischen Zeit, trachtet die Gegensätze zwischen slawischer und deutscher Zeit zu erfassen, äußert aber in der Bewertung der Kolonisation Ansichten, die nur mit größter Vorsicht aufgenommen werden können. Sie gipfeln in dem Satze: »Und so zerfließt unter der kritischen Analyse in gleicher Weise die deutsche Kolonisationsidylle, wie uns die romantischen Vorstellungen von der urzeitlichen slawischen Idylle zerflossen.« Eindrucksvoll schildert er dann die Verschlechterung der Lage des Bauernstandes im 14. Jahrhundert, zugleich die Entstehung ideologisch-soziologischer Strömungen bei den geistigen Führern der Zeit, welche ein wahrhaftes Humanitätsprogramm, besonders auf die Armen und Unterdrückten berechnet, entwickelten. Die Bauernfrage und -befreiung beschäftigte die Vorgänger von Hus fast insgesamt, der sich dann selbst ausgiebig damit beschäftigte. Die hussitische Bewegung war ja auch zum Teil eine soziale, welche durch die hussitische Revolution aus den Fugen getrieben und um die unmittelbaren Erfolge gebracht worden, aber nie mehr aus den Köpfen geschwunden ist.

Vacek (S. 162, Nr. 58) bietet einen nützlichen Überblick über die vorhandenen Urbare und Grundbücher in Böhmen, verbreitet sich auch über die Entstehung dieser Büchergruppe, ohne freilich die bisherige Literatur, etwa die grundlegende Arbeit Šustas, ausreichend zu kennen. -- In einer Untersuchung über das Prager Pfund kommt Mendl (S. 161, Nr. 35) zu dem Ergebnis, daß die Behauptung, das Prager Pfund sei ursprünglich zu 56 Groschen gerechnet worden, unrichtig sei. »Die Rechnung nach Schock und Pfunden kann man direkt aus dem böhmischen Münzwesen, und zwar aus dem Prager Pfunde, welches man annähernd zu 253 g rechnen kann, ableiten.«


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