VIII. Kulturgeschichte.

Es spricht für die sudetendeutsche Kulturhöhe des 14. Jahrhunderts, wenn sich Burdach ( 2414) jahrelang mit seinen Schöpfungen und Leistungen beschäftigt und sich bemüht, sie in den Ablauf der gesamtdeutschen Entwicklung einzuordnen. Die Fülle von Untersuchungen und kritischen Arbeiten, die er um den »Ackermann aus Böhmen« gerankt hat, gehören zum Besten, was über kulturelle Verhältnisse des böhmischen Mittelalters geschrieben worden ist. In allseitiger Umschau spürt B. den Fäden nach, die in der gewaltigen Dichtung zusammenlaufen, trachtet er den Hintergrund zu malen, mag er die politische, Kirchen- oder Geistesgeschichte betreffen. Alle Zweige beherrscht er mit Meisterschaft. Da es in diesem Rahmen unmöglich ist, auf den Inhalt des näheren einzugehen, genüge dieser nachdrückliche Hinweis, der sich auch auf das erstreckt, was Burdach ( 2409) überhaupt zur Kenntnis der Entstehungsgeschichte der neuhochdeutschen Schriftsprache beigetragen hat. Wie eng gerade in dieser Zeit die Bande waren, welche Sudeten- und Oderraum nicht nur politisch, sondern auch kulturell aneinanderfesselten, deutet B. großzügig an und verspricht die volle Aufhellung. Erneut leuchtet daraus die zentrale Stellung hervor, welche Böhmen vor allem seiner deutschen Kultur wegen im weiteren Umkreise eingenommen hat. -- Ein auf gründlicher Materialkenntnis beruhendes Lebensbild des 1620 hingerichteten Rektors der Prager Universität Jessenius hat Pick ( 2468) entworfen. -- In vielem lehrreich auch für den Historiker ist Lehmanns Sudetendeutsche Volkskunde ( 764), deren Vorzug vor allem darin besteht, daß es das erste Buch dieser Art in den Sudetenländern ist, wogegen man die notwendiger Weise damit verbundenen Mängel gern in Kauf nimmt. -- Gleichfalls als erste Zusammenfassung sudetendeutscher Kunstgeschichte ist Neuwirths Werk ( 765) zu begrüßen, das eine Fülle von Zeugnissen sudetendeutscher Kultur beibringt, und zwar vor allem in den älteren Teilen, wo Neuwirth früher selbst Einzelarbeit geleistet hat, während der jüngeren Zeit ein verhältnismäßig geringerer Raum vorbehalten ist, in dem Kapitel wie Barock, moderne Architektur wohl etwas zu kurz kommen. Bei der aufgezählten Literatur wäre das Erscheinungsjahr erwünscht gewesen. -- Schließlich hat Volf (S. 162, Nr. 60) die mühselige Arbeit auf sich genommen, eine Geschichte des Buchdrucks in den Sudetenländern zu schreiben. Er mußte sich durch zahlreiche, schon früher veröffentlichte Sonderarbeiten selbst den Weg zu einer Zusammenfassung bahnen, die deutlich verrät, wie er noch mit dem Stoffe, um die Einzelheiten ringt. Er hat vor allem den tschechischen Buchdruck verfolgt, so daß unter den 41 Abbildungen nur eine einzige einen deutschen Druck wiedergibt. Dringend tut daher die entsprechende sudetendeutsche Parallelarbeit not, damit in einer künftigen Geschichte des Buchdrucks in Böhmen und Mähren bis 1848 die Leistungsanteile der beiden Völker klar in Erscheinung treten. In der Ortsnamenschreibung werden dann einheitlichere Grundsätze gewählt werden müssen, als es dermalen geschehen ist (Bruntál!).


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