A. Königsurkunden des 6.--8. Jahrhunderts.Verschiedene, z. T. zur Erörterung weitergreifender Fragen gelangende Arbeiten mehren unser Wissen von den
mittelalterlichen Herrscherurkunden. Dem Kulturwandel vom Altertum zum abendländischen Mittelalter im Bereich der
Urkundenentwicklung nachzugehen, ist eine reizvolle Aufgabe. Kirn (
383) nimmt sie in Angriff und führt in einem bis ins 13. Jahrhundert
ausgedehnten Überblick vor, wie das römische Erbe innerhalb des königlichen und päpstlichen
Kanzlei- und Registerwesens äußerlich übernommen und dabei, besonders im Norden, vergröbert und
entstellt, z. T. sogar völlig aufgegeben wurde, um daraus scharfgefaßte Folgerungen zuungunsten der bekannten
Lehre Dopschs von der Kulturkontinuität zu ziehen. -- Mit einer der von der Forschung arg vernachlässigten
ostgermanischen Herrscherurkunden beschäftigt sich Reymond (
389 a). Er zeigt, wie ein Synodalbericht und eine Urkunde des
Burgunderkönigs Sigismund -- beide von 515 -- im 9. Jahrhundert überarbeitet und zu einer einheitlichen
Aufzeichnung über die Gründung von St. Maurice d'Agaune verschmolzen wurden und wie dieses Schriftstück
dann in einer der Überlieferungen noch Verunechtungen unter Benutzung einer Urkunde Rudolfs III. von Burgund von
1017 erlitt. -- Der Schrift der langobardischen Königsurkunden wendet sich Schiaparelli in einem
Aufsatz zu, der auch eine westgotische Unterschrift in einer Urkunde von 774 und die urschriftlich erhaltenen
Herrscher- und Papsturkunden für Fiesole behandelt (
351). -- Mehrere Abhandlungen gelten der fränkischen Königsurkunde
(hierzu auch
386,
2034). Handelsman (
387) untersucht das sog. Präzept von 614 eingehend. Er faßt es als
zweite, zu täuschenden Beweiszwecken aufbewahrte Fassung eines von den Bischöfen Südwestgalliens
eingereichten, vom König aber nicht gebilligten Entwurfs zu einer Urkunde Chlothars II. auf, die durch das Edikt
von 614 nicht befriedigte Wünsche jener Geistlichen und der romanischen Bevölkerung ihrer Sprengel
erfüllen sollte. --Heuberger (
1511) unternimmt gegen Brunner den Nachweis, der merowingische Pfalzgraf habe
sein in den Placiten erwähntes Gerichtszeugnis dem König und nicht der Reichskanzlei
S.185 geleistet, erst unter Karl d. Gr. sei von dieser -- wohl um sie zu entlasten und nicht aus rechtlichen Ursachen -- die Hofgerichtsschreiberei abgezweigt worden und das Gerichtsschreibertum sei keine ursprünglich ribuarische, sondern eine zum mindesten gemeinfränkische, vermutlich zuerst im Westen auf römischer Grundlage entwickelte Einrichtung gewesen. -- Die Bedeutung und Verflachung des Begriffs »clusas« in den Urkunden der Karolinger (zu deren Kapitularen auch 1516, zur Hofkapelle auch 1892, über Bildung des fränkischen Weltklerus 1934 a) behandelt Dept ( 389). |
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