V. Dreißigjähriger Krieg.

Ein sehr hübsches Thema hat Ilse Hoffmann ( 819) gut und mit großer Gründlichkeit behandelt. In drei Abschnitten führt sie englische Berichte über Deutschland aus den letzten Jahrzehnten vor dem Kriege, aus der Kriegszeit und aus den ersten Jahrzehnten nach dem Kriege vor, faßt im 4. Abschnitt zusammen, wie sich der Deutsche in englischen Augen darstellt und gibt am Schluß eine kritische Würdigung der Berichte. Die Einzelheiten sind kulturhistorisch sehr interessant und zwar für beide Nationen. -- Vielfach mit ihrer Arbeit berühren sich die Mitteilungen von Beller ( 820). Er handelt zuerst von den Zeitungen oder »currantes« der ersten Jahre des Kriegs, die zuerst aus Holland kamen, dann aber auch in England gedruckt wurden, zeigt dann an einigen Beispielen, daß »The Swedish Intelligencer« von 1632 und 33 noch zu wenig gewürdigt ist, erwähnt Monros »Expedition with the worthy Scots Regiment« und gibt schließlich Proben aus dem Reisebericht William Crownes von 1636.

In die Vorgeschichte des Krieges führt uns Uflacker ( 818). Er hat sich die Aufgabe gestellt, das Verhältnis eines der führenden deutschen Länder, nämlich der Pfalz, zu den böhmischen Verfassungskämpfen der Jahre 1607--09 aufzudecken, wobei er sich bemüht, die Geschehnisse aus der Verschiedenheit des verfassungsmäßigen Aufbaus beider Länder zu erklären. Hauptvertreter der Verbindung ist aber Christian von Anhalt. Er ist es, der die Beziehungen zu Böhmen sucht und zeitweilig Peter Wok von Rosenberg dafür gewinnt. Daß ein Vertrag Christians mit den böhmischen und schlesischen Ständen im Sommer


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1609 zustande kommt und daß Christian allerhand persönliche Beziehungen in Prag anknüpft, ist für die Zukunft wichtig. Der Verfasser sieht überhaupt in der politischen Betätigung der deutschen Territorien und in ihrer Bindung an das Ausland eine Hauptursache des 30 jährigen Krieges.

Von der Dissertation, die Xylander ( 822) dem Herzog Christian von Braunschweig gewidmet hat, auf Grund sehr umfassender Studien, sind leider nur die letzten beiden Kapitel gedruckt worden. Sie beschäftigen sich mit den letzten militärischen Maßregeln, die der Herzog vom Oktober 1625 an zur Verteidigung seines Herzogtums und zugleich im Dienste des dänischen Königs ergriff. Durch Christians frühen Tod wurden sie unterbrochen. Der Verf. versucht dann eine Gesamtwürdigung des Braunschweigers, in der natürlich auf das Unausgereifte und Unabgeschlossene seines Charakters verwiesen, aber auch das Heldenhafte betont wird.

Sowohl von deutscher wie von schwedischer Seite liegen neue Darstellungen des Lebens Gustav Adolfs vor. Von Pauls ( 823) auf drei Bände berechneter Geschichte Gustav Adolfs ist im Berichtsjahre der erste Band erschienen. Er schildert Schwedens Aufstieg zur Großmachtstellung seit der Zeit Gustav Wasas, sein Emporkommen im Kampfe mit Dänemark, Rußland und Polen, führt ganz geschickt durch die diplomatischen Kämpfe dieser Zeit, vernachlässigt aber auch die innere Politik nicht, läßt die Bedeutung Karls IX. gut hervortreten, noch mehr die staatsmännische und militärische Genialität seines Sohnes. Für die deutsche Geschichte sind natürlich die Festsetzung der Schweden in Livland und Estland, ihre wechselnden Beziehungen zu den Hansestädten und die gleich nach der Wahl des Winterkönigs beginnenden Verhandlungen über einen Eintritt Schwedens in den deutschen Krieg von Wichtigkeit. Mit dem Einfall Gustav Adolfs in Preußen, den der Verf. ebenso wie der König als Eintritt in den deutschen Krieg betrachtet, bricht dieser Band ab. Ein zweiter soll bis zur Schlacht bei Breitenfeld führen und damit den defensiven Teil des Krieges beenden; die Weiterführung des Krieges gibt ihm einen offensiven Charakter. Die Darstellung beruht außer auf der deutschen und schwedischen Literatur auf archivalischen Forschungen in Stockholm, Dresden und Lübeck.

Das ganze Leben Gustav Adolfs behandelt Wittrock ( 824) in gewandter Darstellung. Inneres und Äußeres, diplomatische Verhandlungen und Kriegsereignisse werden geschickt miteinander verbunden. An geeigneten Stellen sind Betrachtungen über die Ursachen des Eingreifens in den deutschen Krieg und über die Pläne Gustav Adolfs eingeschoben. Als Hauptgrund für jenes betrachtet der Verfasser die Gefährdung Schwedens durch das Vordringen des Kaisers an die Ostsee, in den Zielen des Königs nimmt er eine allmähliche Entwicklung an, als sein höchstes Ziel betrachtet er die Leitung eines evangelischen Bundes innerhalb des Reichs, hält aber für möglich, daß er auch mit dem Gedanken des Kaisertums gelegentlich gespielt habe. Das Buch ist sehr hübsch mit Bildern und Plänen ausgestattet, bedauern darf man wohl, daß gar keine Quellen angegeben werden. Eine besondere Untersuchung hat Wittrock ( 825) der Kriegführung Gustav Adolfs nach den Nürnberger Kämpfen von 1632 gewidmet. Er verteidigt gegen Droysen den Entschluß des Königs, nicht in die kaiserlichen Erblande, sondern nach Sachsen zu ziehn, und zeigt im Einzelnen wie er entstanden ist.


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Über die französische Politik und Kriegführung während des 30 jährigen Krieges liegen mehrere Werke vor. Eine populäre, gut geschriebene Biographie Richelieus hat Federn ( 825 a) geliefert. Für die deutsche Geschichte kommt im Wesentlichen nur das XI. Kapitel in Betracht, das in großen Zügen einen Überblick über die Politik des Kardinals im großen Kriege gibt, natürlich ohne etwas Neues zu bieten. Vorher wird Deutschland nur ganz gelegentlich erwähnt. -- Nur lose sind auch die Beziehungen zur deutschen Geschichte in dem Buche von Legrand-Girarde ( 826). Es behandelt ganz aus den archivalischen Quellen heraus den Etappendienst und das Intendanturwesen der in Lothringen stehenden französischen Armee für die Jahre 1635--38. Diese dehnte ihre Wirksamkeit vielfach auch nach dem Elsaß aus, auch könnte die Art, wie diese Dinge hier behandelt wurden, vielleicht auch über die entsprechenden Verhältnisse bei den deutschen Armeen aufklären. Im Mittelpunkte steht Crusy de Marcillac, Bischof von Mende, der von Richelieu zum Verpflegungsgeneral der lothringischen Armee ernannt worden war, sich aber teils mit, teils ohne Auftrag auch mit der Armeeverstärkung, mit der Zerstörung von Befestigungen und mit politischen Dingen beschäftigte.

In ein sehr verwickeltes diplomatisches Spiel führt uns Hudita ( 827), indem er die Beziehungen Frankreichs zu Siebenbürgen für die Jahre 1635 bis 1683 verfolgt. Uns interessieren hier nur die zu Georg Racoczy von 1635--48. Die Verhandlungen mit diesem waren deswegen so schwierig, weil er sich ja in einer gewissen Abhängigkeit vom Sultan befand und nur mit dessen Erlaubnis Krieg gegen die Habsburger beginnen durfte. Außerdem mußte er stets auch auf Polen eine gewisse Rücksicht nehmen. Für Frankreich und Schweden war es verlockend, dem Kaiser in seinem Rücken einen Gegner zu erwecken, sie mußten aber doch sehr vorsichtig sein, um nicht unnütz Geld in ein aussichtsloses Unternehmen zu stecken. So erklärt sich die Langwierigkeit der Verhandlungen, die aber doch wenigstens vorübergehend zu Bündnissen mit dem Siebenbürgen geführt haben. Zuletzt wurden die Verhandlungen stark durch die Friedensverhandlungen beeinflußt, deren Abschluß zu einer längeren Unterbrechung der französisch-siebenbürgischen Beziehungen führte.

Von den großen Schlachten des Krieges hat nur die von Nördlingen eine neue Bearbeitung gefunden, doch handelt es sich in dem Aufsatz von Lembeck ( 828) eigentlich nur um aphoristische Betrachtungen über die Schlacht mit dem Ergebnis, daß sie nicht gut zu vermeiden war und daß sie hätte gewonnen werden können, wenn Herzog Bernhard und nicht Horn am Tage der Schlacht das Kommando gehabt hätte. Anerkannt wird die Umsicht, die Gallas in der Schlacht zeigte.

Von den lokal- und territorialgeschichtlichen Erscheinungen zur Geschichte des Krieges kann das Buch von Faden ( 833) wohl als das wertvollste betrachtet werden. Er schildert zunächst in einem ersten Teile in recht fesselnder Weise die »Zustände« in Berlin in der ersten Hälfte des 17. Jhd., wobei Einwohner und Beamtenschaft, Verwaltung und Rechtspflege, Wirtschaft und die verschiedenen Seiten des Kulturlebens in gleicher Weise berücksichtigt werden. In dem die »Ereignisse« behandelnden zweiten Teile wird zurückgegriffen bis auf die Streitigkeiten zwischen Calvinisten und Lutheranern, die durch den Übertritt des Kurfürsten Johann Sigismund begünstigt wurden. Die Schicksale der Stadt werden dann durch den ganzen Krieg hindurch verfolgt. Wenn sie auch nur


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selten direkt vom Kriege berührt worden ist, etwa in der Form feindlicher Einquartierungen, so hat sie doch durch Pest, Hungersnot und Kontributionen schwer zu leiden gehabt, besonders die Jahre 1638--41 ruinierten Stadt und Bürgerschaft. Im ganzen war deren Haltung recht kläglich, würdig der ihres Herrn, des Kurfürsten Georg Wilhelm. Nur Schwarzenberg zeigte Energie. Im Anhang des Buches bringt der Verfasser einige seiner Quellen zum Abdruck und belegt seine Darstellung durch eingehende Anmerkungen. Eine Anzahl Bilder und Tafeln schmücken das Werk.

Auf Grund der Archivalien des Kreisarchives Amberg schildert Reindl ( 830) die militärischen Vorgänge in der Oberpfalz vom Mai 1631 bis zum April 1632, die Verteidigungsmaßregeln, die wechselnden Besetzungen und Durchzüge, wobei besonders kaiserliche Truppen schlimm hausen, die Bedrohung durch die Sachsen, durch Horn von Bamberg her, die ausgezeichnete Organisation der Verteidigung durch Craz von Scharffenstein, die Wiedereinnahme Bambergs durch Tilly am 9./10. März 1632, endlich den Anzug Gustav Adolfs und den Tod Tillys bei Rain am Lech. -- Mit dieser Arbeit berührt sich vielfach die von Dollacker ( 829), der in chronikartiger Weise die Ereignisse in der Oberpfalz von 1622 bis zum Ende des Jahres 1634 zusammenstellt. Die Akten des Kreisarchives in Amberg und des Reichsarchives in München bilden seine Quelle. Beemelmans ( 832) gibt eine sehr eingehende aktenmäßige Darstellung des arbeitsreichen und wechselvollen Lebens des Kölner Stadtsyndikus Dr. Friedrich Wissius und rechtfertigt ihn gegenüber den Angriffen seiner Feinde und gegenüber der ungerechten Beurteilung durch Ennen in der Geschichte der Stadt Köln. Bis zum Jahre 1634, in dem Wissius aus Köln floh, um nie mehr zurückzukehren, erfahren wir auch einiges über die Politik der Stadt im 30 jährigen Kriege, dann nicht mehr, sie hat es aber verstanden, während des ganzen Krieges neutral zu bleiben, blieb daher auch von größeren Leiden verschont.

Einen »kriegerischen Phantasten« lernen wir in dem Grafen Wolfgang Heinrich zu Isenburg-Birstein kennen, über dessen unruhiges Leben der Prinz Wilhelm Karl zu Isenburg ( 831 a) einen kurzen Überblick gibt. Durch seine Kriegs- und Abenteuerlust ließ er sich immer wieder in die Wirren der Zeit hineinziehn und ruinierte dadurch sein kleines Land völlig.

Die Mitteilungen Friedensburgs ( 810) sind von Interesse, weil wir hier einmal von einem Übertritt zum Protestantismus hören. Rein aus Überzeugung und aus innerem Drang entschloß sich die Landgräfin Maria Johanna von Leuchtenberg im Jahre 1645 dazu. Auch ihre sonstigen Schicksale werden geschildert, einige wichtige Briefe abgedruckt.


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